Eröffnungsveranstaltung

Dienstag, 19. Mai 1998, 15.00 Uhr

Gürzenich der Stadt Köln
(Musikalische Umrahmung: Ursula Schoch)

Dr. Dr. h. c. Karsten Vilmar, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Auf Beschluß des Vorstandes der Bundesärztekammer, der jeweils auf dem Deutschen Ärztetag zu verkünden ist, werden jährlich mit der Paracelsus-Medaille Ärzte ausgezeichnet, die sich durch erfolgreiche berufsständische Arbeit, vorbildliche ärztliche Haltung oder hervorragende wissenschaftliche Leistungen besondere Verdienste um das Ansehen des Arztes erworben haben.

Der Vorstand der Bundesärztekammer beschloß im Dezember 1997, auf dem 101. Deutschen Ärztetag mit der Paracelsus-Medaille auszuzeichnen: Herrn Sanitätsrat Dr. med. Hans Engelhard, Herrn Professor Dr. med. Kurt-Alphons Jochheim und Dr. med. Dr. h. c. mult. Fritz Kemper.

Ich bitte die drei auszuzeichnenden Persönlichkeiten auf die Bühne.

Die Verleihungsurkunden haben folgenden Wortlaut:

Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht kraft dieser Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hochverdienten Hans Engelhard in Koblenz, Sanitätsrat Dr. med., Arzt für Innere Medizin, die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.

Die deutschen Ärzte ehren in Hans Engelhard einen Arzt, der sich durch sein Wirken als Arzt, als Berufspolitiker mit seiner fast 45 Jahre währenden Tätigkeit in verschiedenen Funktionen in ärztlichen Körperschaften, Verbänden und Selbstverwaltungsgremien, sein Engagement in politischen Gremien und in Selbsthilfegruppen, als ehrenamtlich tätiger Richter und Sachverständiger sowie als Staatsbürger um die ärztliche Versorgung der Patienten, die ärztliche Selbstverwaltung, das Gesundheitswesen und das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht hat.

Am 23. Dezember 1925 in Osnabrück geboren, wechselte er 1931 nach Hessen und besuchte dort Volksschule und Gymnasium in Limburg/Lahn. Der Schulbesuch wurde durch die Einberufung zum Militärdienst unterbrochen. Im Herbst 1945 aus englischer Kriegsgefangenschaft entlassen, wurde er zunächst zum Arbeitseinsatz durch die amerikanische Besatzungsmacht dienstverpflichtet. Ab Dezember 1945 wieder Besuch des Gymnasiums in Limburg/Lahn, wo er im Mai 1946 das Abitur ablegte.

Von 1946 bis 1951 studierte Hans Engelhard an der Universität Frankfurt/Main Medizin; nach dem Staatsexamen 1951/52 wurde er mit einer Dissertation zum Thema "100 Jahre Sozialhygiene in Frankfurt/Main (1850 bis 1950)" bei Prof. Dr. med. Hanns Betke 1952 zum Dr. med. promoviert.

Nach seiner Pflichtassistentenzeit am Marienkrankenhaus in Frankfurt/Main und am Herz-Jesu-Krankenhaus in Dernbach/Westerwald absolvierte Hans Engelhard seine Weiterbildung in Neuwied, Cloppenburg/Oldenburg sowie an der Medizinischen Klinik der Städtischen Krankenanstalten Kemperhof in Koblenz. Nach Anerkennung als Facharzt für Innere Medizin 1957 arbeitete Hans Engelhard als Arzt sozialmedizinisch bei der Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz und später zur Weiterbildung im Fach Radiologie am St.-Elisabeth-Krankenhaus in Neuwied.

Von 1959 bis 1964 war er Oberarzt an der Medizinischen Klinik Kemperhof in Koblenz, später auch an der Radiologischen Klinik dieses Krankenhauses und übte gleichzeitig eine Lehrtätigkeit an der Krankenpflegeschule des Koblenzer Krankenhauses aus. 1965 ließ sich Hans Engelhard in eigener Praxis als Internist in Koblenz nieder. 1971 erwarb er die Zusatzbezeichnung "Arbeitsmedizin", in diesem Arbeitsfeld ist er heute noch ärztlich tätig.

Neben seiner ärztlichen Tätigkeit engagierte sich Hans Engelhard frühzeitig für die Belange seiner Kolleginnen und Kollegen. Bereits als Student arbeitete er für die Vertretung der Medizinstudenten. Aber auch anderen gesellschaftlichen Bereichen, wie etwa dem Sport und der Politik, galt sein besonderes Interesse und Engagement. Politisch hat er vor allem auf kommunaler Ebene gewirkt und sich aktiv betätigt. Mehr als 15 Jahre war er als Interessenvertreter von Eltern und Schülern auf lokaler und regionaler Ebene schulpolitisch tätig. Er war mehrere Jahre lang ehrenamtlicher Richter beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz in Neustadt an der Weinstraße.

Bereits frühzeitig engagierte sich Hans Engelhard für die beruflichen und berufspolitischen Probleme der Ärzteschaft aus eigener Erfahrung und Kenntnis, unterstützt durch viele seiner ärztlichen Kolleginnen und Kollegen auf kommunaler, regionaler und überregionaler Ebene. Zunächst war er ab 1954 im Personalrat des Krankenhauses Kemperhof in Koblenz, 1959 wurde er im Marburger Bund (Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e. V.), Landesgruppe Koblenz, tätig, wo er schon bald in den Vorstand gewählt wurde. Als Interessenverwalter der Krankenhausärzte wurde er bald danach in die Führungsgremien der ärztlichen Körperschaften in Rheinland-Pfalz gewählt.

Seit 1959 war Hans Engelhard Mitglied der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Koblenz; er wurde dort als Vertreter der im Arztregister eingetragenen angestellten Ärzte in den Vorstand gewählt. Viele Jahre war er Mitglied des Zulassungsausschusses. Bereits ab Beginn der sechziger Jahre engagierte er sich in der Röntgenprüfungs-Kommission für Maßnahmen der Qualitätssicherung in der Medizin, auch über den engeren Rahmen der Kassenärztlichen Vereinigung Koblenz hinaus. 1959 wurde Hans Engelhard auch Mitglied der Vertreterversammlung der Bezirksärztekammer Koblenz und wirkte seit 1963 dort im Vorstand mit, seit 1982 als dessen Vorsitzender.

1959 wurde Hans Engelhard stellvertretendes, ab 1963 ordentliches Mitglied der Delegiertenversammlung der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz in Mainz, wo er in das Präsidium gewählt wurde und Mitglied verschiedener Fachausschüsse war.

Zum Zeitpunkt seiner Niederlassung als Internist wurde die ehrenamtliche berufspolitische Tätigkeit zwar kurzfristig unterbrochen; seine Mitarbeit war aber weiter gefragt. 1966 wurde er Vorsitzender einer Prüfungskommission der Kassenärztlichen Vereinigung Koblenz, später auch Mitglied anderer Ausschüsse und erneut ordentliches Mitglied der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung.

Hans Engelhard wirkte in verschiedenen Kommissionen und Ausschüssen der Bezirksärztekammer Koblenz mit, so insbesondere im Weiterbildungsausschuß als dessen Vorsitzender. Erneut wurde er in die Delegiertenversammlung und den Vorstand gewählt, ebenso in den Verwaltungsrat der Versorgungseinrichtung der Bezirksärztekammer Koblenz.

Schon bald nach seiner Niederlassung wurde Hans Engelhard erneut in die Vertreterversammlung der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz gewählt, 1982 auch in deren Vorstand. Delegierter der Ärztekammer Rheinland-Pfalz im Deutschen Ärztetag war er von 1982 bis 1986. In diesem Jahr wurde er zum Präsidenten der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz gewählt und war seitdem gleichzeitig Mitglied des Vorstandes der Bundesärztekammer. Nach zehnjähriger Amtstätigkeit verzichtete er 1996 auf eine erneute Kandidatur und wurde zum Ehrenpräsidenten der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz gewählt.

Als Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz galt sein besonderes Anliegen der Suchtbekämpfung und der Bearbeitung umweltpolitischer Fragen. Er initiierte die Einrichtung eines Suchtbeirates und die Bildung eines Umweltausschusses bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz.

1989/90 knüpfte Hans Engelhard rasch erste Kontakte zur thüringischen Ärzteschaft und half mit Rat und Tat beim Aufbau der Landesärztekammer Thüringen.

Als gewählter Vertreter der Arbeitgeber wirkte er viele Jahre in der Berufsgenossenschaft "Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege" in Hamburg mit.

Sein besonderes Engagement galt der Situation der Ärztinnen - sowohl der angestellten als auch der niedergelassenen. Besondere Frauenförderpläne hat er jedoch stets eher skeptisch beurteilt und statt dessen eine Gleichstellungsregelung befürwortet; da dies politisch nicht konsensfähig war, trat er für eine Quotierung ein, blieb jedoch mit diesem Anliegen "einsamer Rufer in der Wüste".

Der engen Zusammenarbeit der Ärzteschaft mit Selbsthilfegruppen galt sein besonderes Engagement. Gute Kontakte mit diesen Organisationen pflegte er in seiner Arztpraxis ebenso wie in der ärztlichen Berufspolitik.

Mehrere Jahre lang war Hans Engelhard auch Schriftleiter des von der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz herausgegebenen "Rheinland-Pfälzischen Ärzteblattes". In der Bundesärztekammer engagierte sich Hans Engelhard in der Akademie der Gebietsärzte und in den Fachausschüssen "Gebührenordnung für Ärzte", "Berufsordnung" ebenso wie in der Ständigen Konferenz "Berufsordnung", denen er auch heute noch angehört. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses "Notfall- und Katastrophenmedizin" und Vorsitzender des Fachausschusses "Sanitätswesen" der Bundesärztekammer.

Hans Engelhard wurde im Jahr 1986 in Anerkennung seines ärztlichen Einsatzes mit dem Ehrentitel "Sanitätsrat" durch den Ministerpräsidenten des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet. 1991 erhielt er in Anerkennung seines ärztlichen und gemeinnützigen Wirkens das Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. 1997 verlieh ihm der Vorstand der Bezirksärztekammer Rheinhessen (Mainz) die Peter-von-Aspelt-Medaille.

Hans Engelhard hat sich durch seinen unermüdlichen Einsatz und seine vorbildliche Haltung als Arzt, als gewählter Repräsentant in ärztlichen Organisationen, Verbänden und Körperschaften, durch sein aktives Wirken als Berufs- und Gesundheitspolitiker, durch seine Pflichterfüllung, Aufrichtigkeit und Hilfsbereitschaft als Arzt, Berufs- und Gesundheitspolitiker sowie als Staatsbürger um die ärztliche Versorgung der Patienten, um die Ärzteschaft und die ärztliche Selbstverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.

101. Deutscher Ärztetag in Köln, 19. Mai 1998, Vorstand der Bundesärztekammer, Präsident

(Beifall)

 

Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht kraft dieser Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hochverdienten Kurt-Alphons Jochheim in Erftstadt-Lechenich, Prof. Dr. med., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.

Die deutschen Ärzte ehren in Kurt-Alphons Jochheim einen Arzt, der sich durch sein Wirken als Arzt, akademischer Lehrer, Wissenschaftler, Gutachter und Berater sowie seine langjährige Tätigkeit in der ärztlichen Selbstverwaltung und in Verbänden in hervorragender Weise um die ärztliche Versorgung der Patienten, die Forschung und Lehre der Rehabilitationswissenschaften, das Gesundheitswesen und das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht hat.

Geboren am 20. Januar 1921 in Hamburg, studierte Kurt-Alphons Jochheim nach dem Abitur im Frühjahr 1939 in Hamburg und anschließender Arbeitsdienstpflicht ab November 1939 an der Universität Halle Medizin, wo er wegen der Einführung von Trimestern bereits im Dezember 1940 das Physikum ablegte. Nach Kriegseinsatz in Rumänien und in Rußland mit Verwundung und längerer Lazaretterfahrung als Operations-Hilfe setzte Kurt-Alphons Jochheim im Wintersemester 1942/43 sein Studium an der Universität Hamburg fort und schloß dieses im Mai 1946 mit dem Staatsexamen ab. Mit einer experimentellen Arbeit "Zur Frage der Media-Verkalkung der Aorta bei chronischer Adrenalinvergiftung" wurde er an der Universität Hamburg zum Dr. med. promoviert.

Bereits während einer neunmonatigen Famulatur an der Neurologischen Universitätsklinik in Hamburg erwachte das Interesse von Kurt-Alphons Jochheim für das Gebiet der Neurologie. Seine berufliche und wissenschaftliche Karriere begann er nach der Approbation als Pflichtassistent an der Neurologischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses Heidberg in Hamburg-Langenhorn (Chefarzt: Prof. Dr. med. Werner Scheid). Von August 1948 bis Ende August 1949 war Kurt-Alphons Jochheim an der Inneren Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses Heidberg zu Hamburg tätig, anschließend kehrte er an die Neurologische Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses Heidberg in Hamburg-Langenhorn zurück. Im April 1950 wechselte Kurt-Alphons Jochheim an die Universitäts-Nervenklinik in Köln und war dort später als Oberarzt tätig. Während eines halbjährigen Studienaufenthaltes an der Universität Syracus in New York im Jahr 1953 befaßte sich Kurt-Alphons Jochheim mit Methoden der modernen Virusforschung. Zugleich bot sich ihm die Gelegenheit, die Ausbildungsmethoden und die Organisationsstrukturen an amerikanischen Universitäten kennenzulernen. Bereits in dieser Zeit faßte er den Entschluß, sich nach seiner Rückkehr nach Deutschland auf das damals noch kaum entwickelte Wissenschaftsgebiet der Rehabilitationsmedizin zu konzentrieren. 1958 habilitierte er sich mit der Schrift "Grundlagen der Rehabilitation in der Bundesrepublik Deutschland" für das Fach Neurologie und Psychiatrie. 1964 wurde er zum außerplanmäßigen Professor ernannt und erhielt danach einen Lehrstuhl für das Fach Rehabilitation an der Deutschen Sporthochschule Köln. 1966 übernahm er die Leitung des Rehabilitationszentrums an der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln als selbständige Abteilung der Fakultät. Außerdem leitete er die dortige Krankenpflegeschule, um rehabilitative Aspekte auch in die Ausbildung der Krankenpflegeschüler und -schülerinnen einzubringen.

Seine Aktivitäten an der Deutschen Sporthochschule Köln haben zur Gründung eines Instituts für Rehabilitation und Behindertensport geführt, in welchem jährlich bis zu 100 Studentinnen und Studenten ihr Diplom für die Tätigkeit als Sportlehrer in Kliniken, Sonderschulen und wohnortnahen Sportgruppen abschließen. Kurt-Alphons Jochheim blieb dem Universitätsstandort Köln bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1986 treu. Seine Vorlesungstätigkeit an der Medizinischen Fakultät der Kölner Universität und an der Deutschen Sporthochschule Köln führte er noch bis zum Ende des Wintersemesters 1990/91 fort.

Als Wissenschaftler und Rehabilitationsforscher hat sich Kurt-Alphons Jochheim mit unterschiedlichen Krankheitsbildern befaßt. So beschäftigte er sich mit Diagnostik und Therapie des lumbalen Bandscheibenvorfalles, dem Stellenwert klinischer Befunde und der im Röntgenbild faßbaren Veränderungen für die Behandlung des Vorfalls. Ein weiterer Schwerpunkt seiner frühen Universitätskarriere war die Beschäftigung mit der lymphozytären Choriomeningitis. Zu dieser Form der Hirnhautentzündungen veröffentlichte Kurt-Alphons Jochheim mehr als zehn Arbeiten. Darüber hinaus sind weitere Untersuchungen der Poliomyelitis und den Verletzungen des Schädels und des Gehirns gewidmet.

Kurt-Alphons Jochheim betätigte sich nicht nur als klinischer Forscher, sondern hat sich auch schon früh sozialmedizinischen Aspekten zugewandt, insbesondere der wissenschaftlichen Rehabilitationsmedizin. Dem in der Nachkriegszeit noch unterentwickelten Gebiet der Rehabilitationsforschung hat er sich seit seiner Habilitationsschrift besonders verpflichtet gefühlt. Kurt-Alphons Jochheim bemühte sich, eine Synthese zwischen Individual- und Sozialmedizin zu finden. Im "Handbuch der Sozialmedizin", herausgegeben von Prof. Dr. med. Irmgard Blohmke, Prof. Dr. phil. Christian von Ferber, Prof. Dr. med. Dr. phil. Karl Peter Kisker und Prof. Dr. med. Dr. med. h. c. Hans Schaefer, hat Kurt-Alphons Jochheim in drei Beiträgen die wissenschaftlichen Grundlagen und das Anliegen der Rehabilitation aufgezeigt. Er ist Herausgeber der drei Lehrbuchbände "Rehabilitation", zu denen er mehrere Beiträge beigesteuert hat, die noch heute zum Standard der Literatur auf dem Gebiet der Rehabilitationsmedizin zählen. Stets betonte er den interdisziplinären Ansatz und setzte in seinen Publikationen auf Teamwork und Co-Autorenschaft. Rehabilitation ist nach seinem Verständnis eben auch Teamarbeit, und das findet in der wissenschaftlichen Bearbeitung eine Parallele.

Die praktischen Erfahrungen als Arzt und Wissenschaftler fanden in zahlreichen Publikationen ihren Niederschlag. So hat er über die Aufgaben und die Rolle des Nervenarztes sowie über die Behandlung und Rehabilitation von Kindern, Jugendlichen, Frührentnern und älteren Menschen geschrieben; ebenso hat er die rehabilitationswissenschaftlichen Erkenntnisse auf unterschiedliche Krankheitsbilder und verschiedene Personengruppen angewandt. Auch in seiner Tätigkeit als Arzt hat Kurt-Alphons Jochheim die individuellen Aspekte der Behandlung und die sozialmedizinischen Bezüge zu integrieren gewußt.

Ein besonderes Anliegen von Kurt-Alphons Jochheim war die Weitergabe seiner Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse an die jüngere Generation. Mehr als 40 Doktoranden in der Medizin und in den Sportwissenschaften hat er zum erfolgreichen Abschluß eines rehabilitationsbezogenen Dissertationsthemas begleitet. Er hat nicht nur das Institut für Rehabilitation und Behindertensport gegründet und geleitet, sondern auch über die Aufgaben des Sportarztes in der Rehabilitation publiziert. Bereits seine Arbeiten ab 1968 wandten sich den Zukunftsaufgaben in der Rehabilitation zu. Kritisch setzte er sich mit der Sozialgesetzgebung und der Frage auseinander, ob sie ausreichend Anreize und Hilfe zur Rehabilitation Behinderter bietet. Er entwickelte Vorschläge, wie die Gesellschaft das Leben Behinderter in der Familie erleichtern kann; zugleich widmete er sich intensiv Fragen der Weiterentwicklung des Faches und der Weiterbildung im Gebiet der Rehabilitation. Nicht zuletzt auf die Initiative von Kurt-Alphons Jochheim geht die Einführung der Zusatzqualifikation "Rehabilitation" durch den 95. Deutschen Ärztetag 1992 zurück, für die im November 1993 in Düsseldorf erste Qualifikationskurse gestartet wurden.

Kurt-Alphons Jochheim ist seit 1962 Mitherausgeber der Zeitschrift "Die Rehabilitation"; er ist seit 1977 am "International Journal of Rehabilitation Research" beteiligt. Seine Erkenntnisse und Erfahrungen brachte Kurt-Alphons Jochheim auch in Fachgesellschaften, Vereinigungen, Beratungsgremien und Körperschaften ein. Von 1967 bis 1992 war er Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter e. V., von 1972 bis 1976 Präsident der Dachorganisation "Rehabilitation International". Er hat 1985 die 2. Europäische Tagung über Rehabilitationsforschung in Düsseldorf geleitet. Während der 3. Europäischen Fachtagung in Rotterdam wurde eine "European Federation on Rehabilitation Research" gegründet, in der auch die deutsche Vereinigung Mitglied ist und deren "Steering Committee" Kurt-Alphons Jochheim angehörte. 14 Jahre gehörte er dem Expertenkreis für Rehabilitation der Weltgesundheitsorganisation an. Er ist Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation (BAR). Er hat in Gremien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mitgewirkt und ist Mitglied des Ausschusses "Prävention und Rehabilitation" der Bundesärztekammer, des Kuratoriums Zentralverband Krankengymnastik, des Kuratoriums ZNS, der Gemeinnützigen Werkstätten Köln und im Beirat des Berufsförderungswerks Michaelshoven zu Köln.

In Anerkennung seines großen Einsatzes als Arzt und Wissenschaftler und seiner Verdienste um die Rehabilitationsmedizin wurde Kurt-Alphons Jochheim wiederholt geehrt, so unter anderem mit dem Reichsbund-Preis (1978), der Poppelsreuther-Medaille (1978), mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1984) und mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1995). Im September 1995 erhielt er die Salomon-Neumann-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin e. V.

Kurt-Alphons Jochheim ist Ehrenmitglied der Holländischen Gesellschaft der Rehabilitationsärzte und der Kolumbianischen Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation.

Kurt-Alphons Jochheim hat sich durch seinen engagierten Einsatz und seine vorbildliche Haltung als Arzt, Wissenschaftler, akademischer Lehrer, als Pionier der Rehabilitationswissenschaften und als Berater in Gremien und Fachgesellschaften sowie als Staatsbürger um die ärztliche Versorgung der Patienten, um die Etablierung und Weiterentwicklung der Rehabilitationsmedizin im In- und Ausland, um die Ärzteschaft und die ärztliche Selbstverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.

101. Deutscher Ärztetag in Köln, 19. Mai 1998, Vorstand der Bundesärztekammer, Präsident

(Beifall)

 

Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht kraft dieser Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hochverdienten Fritz Hubertus Kemper in Münster, Dr. med. Dr. h. c. mult., Facharzt für Pharmakologie und Toxikologie, die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.

Die deutschen Ärzte ehren in Fritz Hubertus Kemper einen Arzt, der sich über nahezu 50 Jahre seines Berufslebens als Arzt, Wissenschaftler und akademischer Lehrer sowie durch seine engagierte Tätigkeit in Gremien der Hochschule, der ärztlichen Selbstverwaltung und in der Politikberatung als Experte auf dem Gebiet der Umwelttoxikologie und des gesundheitlichen Verbraucherschutzes sowie um das Zusammenwirken von Hochschule und Praxis, die Forschung und Lehre sowie die ärztliche Fort- und Weiterbildung, das Gesundheitswesen und um das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht hat.

Geboren am 9. Februar 1927 in Köln, studierte Fritz Hubertus Kemper an den Universitäten Bonn und Köln Medizin. 1950 Staatsexamen und Promotion an der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln mit der Dissertation "Die Verfahren zur röntgenographischen Darstellung von Körperschichten unter besonderer Berücksichtigung einer neu entwickelten Methode". Nach seiner Pflichtassistentenzeit am Pharmakologischen Institut und an der Medizinischen Universitätsklinik Köln bei Prof. Dr. med. Hugo Wilhelm Knipping setzte Fritz Hubertus Kemper seine klinische Weiterbildung bei Prof. Dr. med. Theodor Wedekind in Lüdenscheid und ab 1952 in Frankfurt/Main bei Prof. Dr. med. Ferdinand Hoff fort. Weitere Erfahrungen erwarb er auf dem Gebiet der klinischen Radiologie insbesondere bei Prof. Dr. med. Alfred Gebauer. Zusammen mit Prof. Dr. med. Rolf Griesbach veröffentlichte er die Monographie "Röntgenschichtverfahren". In Frankfurt befaßte er sich mit wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Kreislauf- und Hochdruckforschung und der Endokrinologie.

Nach Abschluß der Facharztweiterbildung in Innerer Medizin im Jahre 1956 bot Professor Hoff eine Habilitation an, legte aber Wert auf eine vorhergehende klinisch-theoretische Weiterbildung, die Fritz Hubertus Kemper Ende der fünfziger Jahre an die Universität Münster/Westfalen an das Pharmakologische Institut zu Prof. Dr. med. Dr. phil. Arnold Loeser führte. Hier beginnt er seine Arbeiten auf dem Gebiet der Phytopharmakologie, die bald Einflüsse auf Zusammenhänge zwischen zentralen endokrinen Schalt- und Steuerfunktionen im Hypothalamus-Hypophysen-System und der Peripherie, wie der Schilddrüse und Gonaden, erkennen lassen. Die Arbeiten auf dem Gebiet der pharmakologischen Wirkungen von Arzneipflanzen und deren Inhaltsstoffen führen im Jahr 1958 zur Habilitation mit der Schrift "Experimentelle Grundlagen für eine therapeutische Anwendung von Lithospermum officinale zur Blockierung von Hormonen des Hypophysenvorderlappens" und zur Venia legendi für das Gebiet "Pharmakologie und Toxikologie".

1958 erfolgte die Anerkennung als Facharzt für "Pharmakologie und Toxikologie" sowie "Klinische Pharmakologie", 1996 die Zusatzqualifikation "Umweltmedizin".

Ende 1959 gelingt es Fritz Hubertus Kemper, in experimentellen Untersuchungen vielbeachtete Beiträge zum Wirkmechanismus von Thalidomid (Contergan) vorzulegen. Forschungen auf dem Gebiet der Toxikologie nehmen seitdem in der Arbeit von Fritz Hubertus Kemper immer breiteren Raum ein und führen zur Berufung in nationale und internationale wissenschaftliche Kommissionen, auch in Gremien des wissenschaftlich begründeten Verbraucherschutzes.

1969 erfolgte die Berufung auf den Lehrstuhl für Pharmakologie und Toxikologie an der Universität Münster/Westfalen, die er zum 1. April 1970 unter gleichzeitiger Ernennung zum Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie annimmt.

1968 entsandte ihn die Fakultät als Dauervertreter in den Medizinischen Fakultätentag (MFT) der Bundesrepublik Deutschland. 1973 wurde er in das Präsidium dieser Organisation berufen, 1985 zum Präsidenten gewählt. Dieses Amt übte er in vollem Vertrauen der Medizinischen Fakultäten mit jeweils einstimmiger Wiederwahl in den Jahren 1988, 1991 und 1994 über vier Wahlperioden bis 1997 mit hohem Engagement und großem persönlichen Einsatz aus. Dank seiner fundierten Kenntnisse, seiner Erfahrungen als Hochschullehrer und seiner Durchsetzungskraft gelang es ihm, auch widerstrebende Interessen zu überbrücken und sachbezogene Entscheidungen herbeizuführen. Ein persönlicher Erfolg war die rasche Zusammenführung der medizinischen Ausbildungsstätten in West- und Ostdeutschland nach dem Beitritt der neuen Länder zur Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1990.

Im Medizinischen Fakultätentag widmete sich Fritz Hubertus Kemper seit den frühen siebziger Jahren allen mit der Approbationsordnung für Ärzte zusammenhängenden Fragen; dabei hat er auf gute Kontakte mit den Spitzenorganisationen der Ärzteschaft bauen können. In die Beratung von Sachverständigenkommissionen des Bundesministeriums für Jugend, Frauen, Familie und Gesundheit (später des Bundesministeriums für Gesundheit) und der Bund-Länder-Kommission war er aktiv eingeschaltet. Durch Tätigkeiten in Expertenkommissionen des Instituts für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP), Mainz, hat Fritz Hubertus Kemper in hohem Maß zur Versachlichung der oft kontrovers geführten Diskussion zum Komplex "Akademische Prüfungen" beigetragen. Hervorzuheben sind seine erfolgreichen Arbeiten als Vorsitzender der sogenannten Kontroll-Kommission des IMPP.

Fritz Hubertus Kemper war und ist Herausgeber, redaktioneller Mitarbeiter und Beiratsmitglied bei einer Reihe von Fachzeitschriften und war Mitglied in wissenschaftlichen Beiräten nationaler und internationaler Institutionen. Sein wissenschaftliches Ansehen spiegelt sich in einer großen Zahl von Auszeichnungen sowie in der Verleihung von akademischen Ehrentiteln und Preisen wider. Neben der Würde eines Dr. med. h. c. der Universität Halle/Wittenberg verlieh ihm auch die Medizinische Fakultät der Universität Münster 1993 die medizinische Ehrendoktorwürde. Das Schriftenverzeichnis von Fritz Hubertus Kemper umfaßt mehr als 250 Titel von Originalarbeiten, Monographien, Buchbeiträgen und Vorträgen.

Fritz Hubertus Kemper setzte sich mit Nachdruck dafür ein, patientennahe Problemkreise aus Klinik und Praxis in die medizinische Hochschulausbildung zu integrieren und eine Begegnung der praktizierenden Ärzteschaft mit Vertretern und Institutionen der Hochschulmedizin auf der Basis gegenseitigen Verständnisses und Vertrauens zu ermöglichen. Seit mehreren Legislaturperioden ist er Mitglied der Kammerversammlung der Ärztekammer Westfalen-Lippe und Mitglied der Akademie für ärztliche Fortbildung in Westfalen-Lippe. Er arbeitet seit über zwei Jahrzehnten in Ausschüssen der Landesärztekammer sowie in den Ausschüssen "Ausbildung zum Arzt/Hochschule" und in der Ständigen Konferenz "Krankenhaus" der Bundesärztekammer mit.

Fritz Hubertus Kemper ist seit mehr als 25 Jahren Mitglied mehrerer Ständiger Kommissionen des Bundesgesundheitsamtes Berlin und dessen Nachfolgeorganisationen, wie des Bundesinstitutes für gesundheitlichen Verbraucherschutz und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte. Gründungsmitglied war er in der Kosmetik-Kommission sowie von Arbeitsgruppen dieser Kommission. Er war mehr als zehn Jahre Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates des Bundesinstitutes für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV), dessen Mitglied er heute noch ist. Darüber hinaus hat Fritz Hubertus Kemper viele Jahre Gremien der "Arzneibuch-Kommission", unter anderem der sogenannten Kommission E, angehört, wo es in besonderem Maße auf ein ausgewogenes und unabhängiges Urteil ankommt.

Als Sachverständiger auf dem Gebiet eines wissenschaftlich begründeten Verbraucherschutzes war Fritz Hubertus Kemper seit Jahrzehnten Mitglied der Senatskommissionen der Deutschen Forschungsgemeinschaft, deren Tätigkeit in der Beratungsfunktion wesentlichen Einfluß auf das öffentliche Gesundheitswesen hat. Seit mehr als 20 Jahren vertritt er die Bundesrepublik Deutschland bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Europäische Union) in einer Reihe von Gremien, in denen er teilweise den Vorsitz innehat. Mehr als zehn Jahre war er Vorsitzender des Wissenschaftlichen Ausschusses der EU zur Prüfung der Toxizität und Ökotoxizität chemischer Verbindungen (DG V), seit 1990 ist er Mitglied des Scientific Committee on Cosmetic Products and Non-Food Products (SCCNFP), dessen Vorsitz er seit sechs Jahren innehat.

Im Jahr 1996 übernahm er den Gründungsvorsitz des höchsten wissenschaftlichen Leitgremiums der EU, des Multidisciplinary Scientific Committee (MDSC).

Die wissenschaftliche Tätigkeit von Fritz Hubertus Kemper ist bestimmt durch Arbeiten auf dem Gebiet der Umwelttoxikologie, insbesondere deren Humanaspekten. Er gehört zu den Pionieren auf diesem Gebiet, dessen begriffliche und wissenschaftliche Ausfüllung er maßgeblich beeinflußt und fördert. Hervorzuheben sind seine richtungweisenden Ideen, die bereits in den frühen siebziger Jahren zur Schaffung einer "Umweltprobenbank für Human-Organproben" an der Universität Münster als Instrument der Umweltbeobachtung und Teil der Umweltprobenbank des Bundes führten, die inzwischen weltweit renommiert ist und sich neben dem hohen wissenschaftlichen Wert als anerkannt wirksames Instrument sowie als Grundlage politischer Entscheidungsfindung erwiesen hat.

Fritz Hubertus Kemper war Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Münster in den Jahren 1970 und 1971. Nach seiner erneuten Wahl 1983 wurde er in den Jahren 1984 und 1985 im Amt bestätigt. In diese Zeit fiel die Neuordnung der Universität Münster durch das neue Hochschulgesetz Nordrhein-Westfalen und die 1985 erfolgte Neuorganisation der Medizinischen Einrichtungen.

Fritz Hubertus Kemper war auch nach dieser Zeit Ratgeber und - bis 1993 - Mitglied in den Leitungsgremien der Medizinischen Einrichtungen der Universität - Fakultätsrat und Klinischer Vorstand - sowie Gründungsmitglied (1978) der Ethik-Kommission und mehr als zwei Jahrzehnte Prüfungsvorsitzender für die Staatsprüfung in Medizin und für die Zahnmedizin-Staatsprüfung bis 1994. Seine aktive hauptamtliche Tätigkeit als Geschäftsführender Ärztlicher Direktor der Medizinischen Einrichtungen in Münster endete 1993.

Fritz Hubertus Kemper hat sich durch seinen außergewöhnlichen ehrenamtlichen Arbeitseinsatz, durch seine hohe wissenschaftliche Kompetenz und große Durchsetzungskraft, seine vorbildliche Haltung als Arzt und Wissenschaftler, akademischer Lehrer, wissenschaftlicher Politikberater auf nationaler und internationaler Ebene um die Grundlagen der ärztlichen Gesundheitsversorgung und -vorsorge, die Hochschulpolitik, die Forschung, die Medizin, die Ärzteschaft und die ärztliche Selbstverwaltung sowie um das Gesundheitswesen in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.

101. Deutscher Ärztetag in Köln, 19. Mai 1998, Vorstand der Bundesärztekammer, Präsident

(Beifall)

Für die Ausgezeichneten hat nunmehr Herr Professor Kemper das Wort. Bitte, Herr Professor Kemper. 

Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult. Fritz Hubertus Kemper:

Herr Ehrenpräsident Dr. Baldus! Herr Präsident Dr. Vilmar! Herr Professor Hoppe! Herr Bundesminister Seehofer! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Philippus Aureolus Theophrastus Bombastus von Hohenheim, der von 1493 bis 1541 lebte und der sich selbst Paracelsus nannte, aber auch von seinen Zeitgenossen so genannt wurde, ist der Namensgeber der höchsten Auszeichnung der deutschen Ärzteschaft, die wir, der Ehrenpräsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, der Sanitätsrat Dr. Hans Engelhard, Herr Universitätsprofessor emeritus Dr. Kurt-Alphons Jochheim und ich, aus Ihrer Hand, Herr Präsident Vilmar, empfangen haben. Vornehme Aufgabe ist es, im Namen der Laureaten für die Anerkennung und Zuerkennung der Paracelsus-Medaille zu danken: den Damen und Herren Mitgliedern des Präsidiums der Bundesärztekammer, der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern als dem handelnden Organ des Deutschen Ärztetages und damit allen Ärztinnen und Ärzten der Bundesrepublik Deutschland.

Wir verstehen die Paracelsus-Medaille in vielfacher Hinsicht nicht nur als Ehrung mit einem Symbol der Vergangenheit, sondern ebenso als Zeichen der Gegenwart und - das lassen Sie mich ausdrücklich hinzufügen - als Verpflichtung für die Zukunft. Das soll nicht Bilderstürmerei bedeuten, wie dies Paracelsus mit Avicenna und Galen getan hat, sondern soll Mahnung zur Besinnung sein in der Erkenntnis der Realität einer Relativität des Bestandes unseres derzeitigen sogenannten gesicherten Wissens und in besonderem Maße Besinnung auf die ethischen Werte des Arzttums.

Paracelsus benutzte die hippokratische Methode, sich schwergewichtig auf die eigene Beobachtung zu stützen und damit den Menschen in seiner Umgebung in Betracht zu ziehen. An diese frühen Ansätze einer Betrachtung des Menschen in seiner Umwelt sollten wir uns gerade heute und immer wieder von neuem erinnern. Paracelsus war aber nicht nur der Begründer des Paracelsischen Denkens im Sinne einer Arzneitherapie, sondern auch Promotor der ärztlichen Ausbildung, die er in offener Herausforderung gegen das tradierte, vor allem theoretisch orientierte Universitätsstudium der Medizin seiner Zeit vornehmlich an das Krankenbett verlegte und zum Schrecken seiner akademischen Zeitgenossen statt in der Lingua latina in deutscher Sprache unterrichtete. Auch hier sehen wir eine Verpflichtung in unseren Tagen, neben einer Intensivierung der praktischen Ausbildung in der Medizin im Kontakt mit den uns anvertrauten heilungssuchenden Patienten die notwendige Zeit zur Hinwendung aufzubringen und in einem verständlichen Sprachdialog Hilfe anzubieten und zu geben.

Allerdings hat die zunehmende Differenzierung der Medizin den Überblick über individuelle Heilungschancen und verbleibende Aufgaben bei der Krankheitsbewältigung unserer Patienten erheblich erschwert und zwingt stärker als zur Zeit von Paracelsus zu ärztlicher Teamarbeit und solidarischer Partnerschaft innerhalb des Systems der gesundheitlichen Versorgung, die auch gegen ökonomische partikulare Interessen verteidigt werden muß.

Wir fordern die jetzt Medizin studierende Jugend, aber auch unsere in der Grundlagenforschung sowie in Klinik und Praxis tätigen ärztlichen Kolleginnen und Kollegen auf - und dies eindrücklich -, niemals die im Eid des Hippokrates niedergelegten, im Genfer Gelöbnis erneuerten und vom Weltärztebund bestätigten Grundlagen ärztlichen Handelns zu verlassen. Dies ist von besonderer Bedeutung in einer Zeit, in der sich anerkannte ethische Werte drastisch zu verändern scheinen.

Wir danken an dieser Stelle unseren akademischen Lehrern für die Inhalte unserer ärztlichen Ausbildung, die Umsicht, den Weitblick im ärztlich helfenden und Heilung anbahnenden Sinne, die sie uns vermittelt haben.

Wir danken unseren Lebenspartnern, unseren Kindern und Familienmitgliedern für stetes Verständnis unseres Engagements sowie für die besondere partnerschaftliche Unterstützung unseres Einsatzes und den damit verbundenen großen Verzicht auf gemeinsame Zeit.

Erlauben Sie mir, unsere Dankadresse mit wenigen Zeilen aus dem "Morgengebet eines Arztes" zu beenden, das dem großen jüdischen Arzt und Philosophen Mose ben Maimon zugeschrieben wird, und damit zugleich die weltumspannende Idee ärztlichen Handelns, ärztlicher Humanitas anzusprechen, die niemals ethnische oder religiöse Unterschiede kennen darf:

Laß Wahrheitssuche und Menschenliebe mich leiten. Laß mich im Kranken stets nur den Menschen sehen. Erhalte meinen Verstand klar und einfach. Sonst aber schenke mir in allem Genügsamkeit. (Beifall)

Dr. Dr. h. c. Karsten Vilmar, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Vielen Dank, Herr Professor Kemper, vor allem auch dafür, daß Sie Ihren Dank mit diesen mahnenden Worten verbunden haben.

Das Wort hat nun der Bundesminister für Gesundheit, Horst Seehofer. Ich bitte Sie, Herr Minister Seehofer, um Ihre Ausführungen. Wir sind alle sehr gespannt.