Dr. Dr. h. c. Vilmar, Präsident:

Vielen Dank, Jörg Hoppe, für diese sehr zielstrebige Sitzungsleitung.

(Lebhafter Beifall)

Ich glaube, daß hier überhaupt kein Bruch erkennbar war und eine gute Kooperation deutlich wurde. Vielen herzlichen Dank, lieber Jörg.

Ich rufe nun, wie angekündigt, Tagesordnungspunkt II auf:

Qualitätssicherung ärztlicher Berufsausübung

Dazu wird Herr Professor Kolkmann referieren. Mit dem Problem Qualitätssicherung tun wir uns trotz der gesetzlichen Klarstellungen schwer. Nach
§ 137 a SGB V hat zwar die Ärzteschaft deutliche Mitsprachemöglichkeiten; es mangelt aber doch noch an der erforderlichen Bereitschaft der Partner. Wir stehen nach wie vor auf dem Standpunkt - das wurde in der Eröffnungssitzung und auch gestern noch einmal betont -, daß wir überhaupt nicht darauf verzichten können, darauf zu bestehen, daß die Qualitätssicherung der ärztlichen Arbeit eine Aufgabe der verfaßten Ärzteschaft ist.

Ich bitte jetzt Herrn Kollegen Kolkmann um seine Ausführungen.

 

Prof. Dr. Kolkmann, Referent:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was lange währt, wird endlich gut. Der Westdeutsche Rundfunk hat bereits vor zwei Tagen gemeldet, daß Sie meine Ausführungen mit großer Einmütigkeit aufgenommen haben. Jetzt müssen wir den ersten Schritt tun und zunächst einmal die Ausführungen machen und anhören.

Ich könnte den nachfolgenden Bericht auch betiteln als "unendliche Geschichte von denen, die auszogen, Qualitätssicherung zu betreiben, und denen immer neue Hindernisse in den Weg gerollt werden" - ein modernes und wahres Märchen, das man eigentlich nur glauben kann, wenn man es selbst erlebt hat.

Um mit den Mythen aufzuräumen und fundierte Argumente bereitzuhalten, wird bei der Bundesärztekammer derzeit ein Weißbuch zum Thema Qualitätssicherung der ärztlichen Berufsausübung erarbeitet, das im Herbst erscheinen wird. Gestatten Sie, daß ich vorab aus der Einleitung dieses Weißbuchs mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, zitiere:

Die Gesundheit zu bewahren, zu verbessern, wiederherzustellen ist primärer Zweck unseres sozial finanzierten Gesundheitssystems. Auf eine explizite Definition von Gesundheit, ebenso von Krankheit, hat der Gesetzgeber verzichtet. Jedoch hat die Rechtsprechung dazu vor einem Jahrhundert (Preußisches Oberverwaltungsgericht 1898) bis heute gültige Grundsätze festgelegt. Danach ist Krankheit ein Zustand, der ärztliche Behandlung notwendig macht. Da die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung und ebenso die Behandlungsinhalte von ärztlicher Feststellung abhängen, besteht eine formalgesetzliche Verschiebung der Definitionsmacht in die ärztliche Profession.

Damit hat die Gesellschaft dem Ärztestand de facto ein dynamisches und prozedurales Definitionsmonopol von Krankheit und Gesundheit und der gegebenenfalls notwendigen Vorsorge- und Behandlungsleistungen eingeräumt. Diagnostische und therapeutische Entscheidungen von Ärzten bilden jederzeit die Voraussetzung für die Übernahme der Krankenrolle und einer staatlich abgesicherten Leistungsgewährung.

An dieser bereits zum Ausgang des 19. Jahrhunderts getroffenen Entscheidung hat sich im deutschen Gesundheitswesen bis heute im wesentlichen nichts geändert. Auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (1995) kommt es für die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung zunächst vor allem auf die Auffassung des behandelnden Arztes, nicht etwa auf die einer zuständigen Krankenkasse an. Allerdings müssen die medizinischen Befunde und Erkenntnisse des Arztes objektivierbar, d. h. methodisch und inhaltlich nachvollziehbar sein. Die Übertragung des Definitionsmonopols der medizinischen Notwendigkeit an die Ärzteschaft für Krankheitsfeststellung, Krankheitsverhütung, Diagnostik und Therapie heißt also nicht, daß heute der einzelne Arzt die alleinige Definitionsmacht hat. Seine Entscheidungen müssen nachprüfbar sein. Sie werden im Zweifelsfall von Angehörigen seiner Berufsgruppe nach anerkannten Kriterien überprüft.

Wichtig ist weiterhin, daß nicht nur in der GKV, sondern in allen Zweigen der deutschen Sozialversicherung der Gesetzgeber niemals das - bezogen auf die jeweils unterschiedlich vorgegebenen Zwecke - aus ärztlicher Sicht medizinisch Notwendige ausschließt.

Für die Ärzteschaft folgt damit eine Binnenverantwortung zu einer kontinuierlichen, zeitgemäßen Adjustierung des gesellschaftlichen Versorgungsanspruchs an die wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie eine entsprechende Umsetzung in bestmögliche Versorgungsqualität. Entsprechend sieht die Ärzteschaft ihre Pflicht, nach ständiger Verbesserung der Qualität ärztlicher Handlungen zu streben und die Qualität dieser Handlungen abzusichern.
Soweit dieses einleitende Zitat aus dem in Arbeit befindlichen Weißbuch.

Qualitätssicherung der eigenen Berufsausübung ist also Bestandteil ärztlicher Professionalität und stellt seit mindestens 100 Jahren eine gesellschaftlich legitimierte Aufgabe der Ärzteschaft dar. Qualitätssicherung gehört zum Kernbereich ärztlicher Berufsausübung und zum Kernbereich der Aufgaben der ärztlichen Selbstverwaltung.

Das kommt auch in den Heilberufsgesetzen der Länder und in den berufsrechtlichen Vorschriften zum Ausdruck. Die Heilberufsgesetze der Länder weisen den Kammern die Qualitätssicherung als Aufgabe zu; berufsrechtlich sind die Ärztinnen und Ärzte verpflichtet, sich an Qualitätssicherungsmaßnahmen ihrer Kammern zu beteiligen.

Die Ärzteschaft hat diese Aufgabe der Qualitätssicherung allerdings nie als ein Monopol verstanden, sondern immer darauf hingewiesen, daß Qualitätssicherung auch eine Gemeinschaftsaufgabe bedeutet. Die Bundesärztekammer hatte deshalb schon in der ersten Hälfte der 80er Jahre der Deutschen Krankenhausgesellschaft und auch den Kassenverbänden eine Zusammenarbeit angeboten. Das Resultat war eine Kooperationsvereinbarung zwischen Bundesärztekammer und Deutscher Krankenhausgesellschaft schon 1986. Fast zeitgleich kamen in einigen Landesärztekammern - Baden-Württemberg, Nordrhein, Westfalen-Lippe - Verträge auf dreiseitiger Basis
- Landesärztekammer, Krankenhausgesellschaft und Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung - zustande.

1988 trat mit dem GRG - man muß schon sagen: leider - eine Trendwende ein. Qualitätssicherung wurde Gegenstand des Sozialrechts. In § 137 SGB V wurden die Krankenhausträger zu Qualitätssicherungsmaßnahmen verpflichtet. Das Modell der zweiseitigen Verträge zwischen Krankenhausträgern und Kassenverbänden wurde eingeführt. Die Ärztekammern fanden im Gesetz keine Erwähnung. So entstand unversehens der Eindruck, daß die Qualitätssicherung als eine zentrale Aufgabe, ein Kernanliegen der Ärzteschaft entgegen althergebrachtem gesellschaftlichem Konsens und entgegen der aktuellen Rechtsauffassung nun allein der gesetzlichen Krankenversicherung und den Krankenhausträgerverbänden überantwortet sei. Verbänden der GKV und den Krankenhausträgern wurde damit ein Instrument in die Hand gegeben, Qualitätssicherung für eigene Zwecke und Ziele - beispielsweise der Kostenkontrolle und Kostendämpfung - einzusetzen.

Im Zuge der Seehofer-Reform von 1993 schien es, als wolle man diesem auch ordnungspolitischen Strukturfehler in der Qualitätssicherung abhelfen. Zwar blieb das Modell der zweiseitigen Verträge bestehen, aber den Ärztekammern wurde in § 137 SGB V ein Beteiligungsrecht eingeräumt. Die Ärztekammern haben das seinerzeit sogar als "Schritt in die richtige Richtung" begrüßt. In Wirklichkeit handelte es sich um ein "Danaergeschenk". In den Amtsstuben muß man sich über unsere Ahnungslosigkeit totgelacht haben. Denn wer nur "beteiligt" ist, spielt immer die Rolle eines Juniorpartners. Vor 1993 waren die Kammern im Sozialrecht nicht präsent, über das Berufsrecht aber allein für die Qualitätssicherung der ärztlichen Berufsausübung zuständig. Jetzt waren sie sozialrechtlich auf einen bloßen Beteiligungsstatus reduziert.

Die Reaktion erfolgte auf dem Fuße. Man wollte nun von gleichberechtigter Partnerschaft nichts mehr wissen. In einer gegen die Ärzteschaft gerichteten gezielten Nacht-und-Nebel-Aktion wurde 1994 unter Ausschluß der Bundesärztekammer ein "Bundeskuratorium für die Qualitätssicherung von Fallpauschalen und Sonderentgelten", eine Art Alliierter Kontrollrat, ins Leben gerufen und eine entsprechende Rahmenvereinbarung abgeschlossen.

Bei der Gründung dieses Bundeskuratoriums hat der Verband der leitenden Krankenhausärzte leider wesentliche Geburtshilfe geleistet, ebenso bei der Gründung einer Servicestelle Qualitätssicherung beim Deutschen Krankenhausinstitut - wohl zur Rettung des Deutschen Krankenhausinstituts, um dessen finanzielles Überleben langfristig abzusichern. Diese Servicestelle ist seither zuständig für die administrative und organisatorische Umsetzung der vom Bundeskuratorium inhaltlich gesteuerten Qualitätssicherung von Fallpauschalen und Sonderentgelten.

Bei dem ohne Mitwirkung der Bundesärztekammer gegründeten Bundeskuratorium wurde - vermutlich aus taktischen Gründen - die Bundesärztekammer als Gast doch noch eingeladen. Ebenso wurde die Bundesärztekammer gebeten, ärztliche Experten als Gäste zu den Sitzungen von bald gebildeten Facharbeitsgruppen zu entsenden. Diese "gastärztliche" Betätigung der Bundesärztekammer wird bis heute dazu mißbraucht, der Bundesärztekammer Zustimmung zu der Rahmenvereinbarung und zu dem Programm der Qualitätssicherung von Fallpauschalen und Sonderentgelten zu unterstellen.

Davon kann aber keine Rede sein. Die Bundesärztekammer bzw. der Präsident der Bundesärztekammer, der die Gastarztrolle beim Bundeskuratorium wahrnimmt, hat von Anfang an in zahlreichen auch öffentlichen Stellungnahmen die Ablehnung des Verfahrens signalisiert und Korrekturen gefordert. Leider wurde die Bundesärztekammer darin von vielen wissenschaftlichen Fachgesellschaften nicht oder nicht ausreichend unterstützt.

Die Bundesärztekammer hat das Konzept des Bundeskuratoriums zur Qualitätssicherung von Fallpauschalen und Sonderentgelten einer kritischen Prüfung unterzogen. Das Ergebnis dieser Prüfung liegt Ihnen seit zwei Tagen schriftlich unter dem Titel "Externe Kontrollverfahren bei Fallpauschalen und Sonderentgelten - eine kritische Würdigung" vor. Ich kann mich deshalb auf eine mehr summarische Bewertung des Verfahrens beschränken und verweise wegen der Details auf diese ausführliche kritische Würdigung.

Vergleicht man die in Rede stehende Rahmenempfehlung von Deutscher Krankenhausgesellschaft, den Bundesverbänden der gesetzlichen Krankenversicherung und dem Verband der leitenden Krankenhausärzte mit den zehn Thesen zur Qualitätssicherung, die wir 1993 beim Ärztetag in Dresden beschlossen haben, die nach wie vor gültig sind, stellt man fest, daß praktisch keine dieser Thesen Berücksichtigung findet.

Ich nenne beispielsweise die These 2: Das Bundeskuratorium reduziert die Qualitätssicherung auf die externe Kontrolle von Fallpauschalen und Son-derentgelten. Damit wird nur ein sehr schmaler Sektor des Gesamtspektrums ärztlich-medizinischer Leistungen berücksichtigt. Gleichzeitig erstickt das Programm durch seine schieren Dimensionen, durch den Umfang der geforderten Datenerfassung und den notwendigen organisatorischen und zeitlichen Aufwand alle weiteren möglichen und denkbaren Qualitätssicherungsansätze. Es fehlt außerdem jeder Anreiz zur Einführung oder Unterstützung internen Qualitätsmanagements in den Kliniken.

In der anhaltend kontrovers geführten Debatte wird auch deutlich, daß ein gemeinsames Verständnis des Qualitätssicherungsbegriffs nicht gegeben ist. Für die Ärzteschaft dient - siehe unsere These 3 - die Qualitätssicherung ausschließlich der Sicherung und Verbesserung der Patientenversorgung und nicht primär der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen.

Für die Krankenhausträger ist Qualitätssicherung ein Steuerungsinstrument zur Kontrolle der Leistungsabläufe im Krankenhaus. Die Verbände der gesetzlichen Krankenversicherung sehen in der Qualitätssicherung ein Mittel zur Steuerung und Begrenzung von Leistungsausgaben, das zugleich Kostendämpfungseffekte mit denkbaren Qualitätseinbrüchen auf der Leistungsseite abfedern soll.

Zusammengefaßt sind wesentliche Kritikpunkte aus ärztlicher Sicht: die Art der von den Vertragspartnern vorgesehenen Beteiligung der Ärzteschaft nur in einer geduldeten Gastrolle; die einseitige Betonung von Qualitätssicherung als Kontroll- und Steuerungsinstrument; die fehlende Verbindung zu internen Qualitätssicherungsmaßnahmen; der erhebliche bürokratische Aufwand, der von den Ärztinnen und Ärzten letztlich zu Lasten der Patientenversorgung bewältigt werden muß; der finanzielle Aufwand in Millionenhöhe - überschlägig berechnet können es rund 250 Millionen DM sein -, der für diese eine Qualitätssicherungsmaßnahme nicht zu verantworten ist; der nicht erkennbare Nutzen für die Patientenversorgung.

Die fehlende Akzeptanz der Ärzteschaft hat auch nach vier Jahren eine flächendeckende Einführung des Verfahrens zur Qualitätssicherung von Fallpauschalen und Sonderentgelten bisher verhindert. Geradezu krampfhafte Versuche mancher Landeskrankenhausgesellschaften, das Verfahren mit Gewalt und unter Strafandrohung für Nichtteilnahme durchzusetzen, sind untauglich und kontraproduktiv. Sie weisen auf eine weitgehende Unkenntnis der Zusammenhänge hin.

Wie lautet nun das Fazit? Wir stehen vor einer Lagerbildung: auf der einen Seite Krankenhausträger und Kassenverbände, auf der anderen Seite die verfaßte Ärzteschaft, die sich in ihrer historisch verbrieften Verpflichtung und ihrem Anspruch, die Qualitätssicherung ärztlicher Berufsausübung zu regeln - dieses wurde am Dienstag noch einmal von Herrn Seehofer bestätigt -, behindert sieht.

Meine Damen und Herren, die Verbände der gesetzlichen Krankenversicherung und die Verbände der Krankenhausträger auf Bundes- und Landesebene maßen sich Kompetenzen an, die in den Kernbereich der ärztlichen Selbstverwaltung gehören und die für die ärztliche Selbstverwaltung essentiell sind. Da das Programm zur Qualitätssicherung von Fallpauschalen und Sonderentgelten unter dem Strich erhebliche Kosten verursacht, muß man eine beträchtliche Mittelverschwendung vermuten, Mittel, die der Krankenversorgung ohne entsprechende Gegenleistung entzogen werden. Das kommt nach meinem Dafürhalten einem politischen Skandal sehr nahe.

(Beifall)

Das Programm richtet sich gegen die Interessen der Krankenhäuser wie der Krankenhausärztinnen und -ärzte. Insofern ist das Engagement sowohl des Verbands der leitenden Krankenhausärzte als auch der Deutschen Krankenhausgesellschaft unter logischen Gesichtspunkten nicht so ganz verständlich.

Die mangelnde Akzeptanz des Verfahrens vor Ort, bei den Ärztinnen und Ärzten in den Krankenhäusern, die das alles als sinnlose Zumutung und überflüssige Belästigung empfinden, hat schließlich dem Gedanken der Qualitätssicherung erheblich geschadet und zu einer weitgehenden Demotivierung geführt.

Es war offensichtlich ein Versäumnis des Gesetzgebers, die Schlüsselfunktion der ärztlichen Berufsausübung im Versorgungssystem unterschätzt zu haben. Mit dem 2. GKV-Neuordnungsgesetz vom 1. Juli vergangenen Jahres wurde versucht, dieses Versäumnis wettzumachen. In § 137 a Abs. 1 bis 3 des NOG 2 wird endlich klargestellt, daß die Qualitätssicherung der ärztlichen Berufsausübung primär eine Aufgabe der ärztlichen Selbstverwaltung ist, die allerdings in Zusammenarbeit mit Krankenhausträgern und Kassenverbänden durchgeführt werden soll. § 137 a erteilt der Bundesärztekammer den gesetzlichen Auftrag, die inhaltlichen Anforderungen an die Qualitätssicherung der ärztlichen Berufsausübung festzulegen. Dieser Auftrag ist eingebettet in ein Vorverfahren, in dem die Bundesärztekammer zusammen mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und den Spitzenverbänden der GKV bestimmt, welche Qualitätssicherungsmaßnahmen in Angriff genommen werden sollen, und in einen Nachvollzug, in dem die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit den Spitzenverbänden allein, ohne Bundesärztekammer, Empfehlungen zur Umsetzung der von der Bundesärtztekammer festgelegten Qualitätssicherungsanforderungen an die Landesebene abgeben muß. Diese Empfehlungen müssen auch Aussagen darüber enthalten, wie die Ärztekammern die Qualitätssicherungsmaßnahmen auf Landesebene prüfen.

Ohne Zweifel ist dieser Nachvollzug das schwächste Glied in der Verfahrenskette des § 137 a Abs. 1 bis 3. Das liegt an den bekannten politischen Blockadeverhältnissen in Bundestag und Bundesrat, die eine präzisere Aussage nicht zuließen. Aber auch in der vorliegenden Fassung sagt der Text des Gesetzes hinreichend eindeutig, daß nicht nur der Bundesärztekammer, sondern auch den Ärztekammern auf Landesebene eine aktive, bestimmende Rolle zugedacht ist. Wie sonst soll man denn die Formulierung "Die Ärztekammern prüfen die Qualitätssicherungsmaßnahmen" verstehen?

§ 137 a bedeutet sicher einen großen politischen Erfolg für die Bundesärztekammer. Ob er aber auch eine Trendwende in der praktischen Umsetzung von Qualitätssicherung der ärztlichen Berufsausübung auf Bundes- und Landesebene markiert, wird sich noch zeigen müssen. Skepsis ist angebracht. Seit dem Jahre 1994 existieren nicht nur auf der Bundesebene Vereinbarungen und gemeinsame Strukturen zwischen Deutscher Krankenhausgesellschaft und den Spitzenverbänden der GKV. Auch auf Landesebene haben Krankenhausträger und Landesverbände der gesetzlichen Krankenversicherung sich in den vergangenen vier Jahren intensiv - meines Erachtens: rechtswidrig - bemüht, Fakten zu schaffen und zweiseitige Verträge zur Umsetzung des Programms der Qualitätssicherung von Fallpauschalen und Sonderentgelten auf den Weg zu bringen - mit der ganz eindeutigen Tendenz, die Ärztekammern soweit wie möglich fernzuhalten. Auf Einzelheiten müssen wir hier nicht eingehen.

Wie verhärtet die Fronten sein können und mit welchen Tricks gearbeitet wird, zeigt das Beispiel Niedersachsen. Dort haben Landesverbände der Krankenkassen und Krankenhausgesellschaft knapp nach dem 1. Juli vergangenen Jahres, also nach dem Inkrafttreten des NOG 2, noch einen zweiseitigen Vertrag unter Ausschluß der Ärztekammer Niedersachsen abgeschlossen, der auf Ende Juni rückdatiert wurde. Diese Rückdatierung sollte dem Zweck dienen, aus § 137 a des NOG 2 resultierende Ansprüche der Ärztekammer Niedersachsen formal zurückweisen zu können. Die Ärztekammer Niedersachsen hat bekanntlich inzwischen Klage beim Sozialgericht eingereicht.

Meine Damen und Herren, betrachtet man das Verhalten mancher Krankenhausträger gegenüber der verfaßten Ärzteschaft, möchte man in Abwandlung eines bekannten Sprichworts meinen, sie scheuen die Ärzteschaft wie der Teufel das Weihwasser.

(Zustimmung)

Die Bundesärztekammer hat unmittelbar nach dem 1. Juli vergangenen Jahres Kontakt zur Deutschen Krankenhausgesellschaft aufgenommen und noch im Juli ein informelles Gespräch geführt. Offizielle dreiseitige Verhandlungen zwischen Bundesärztekammer, Spitzenverbänden der GKV - Verhandlungsführer ist hier der VdAK - und Deutscher Krankenhausgesellschaft kamen aber erst im Februar dieses Jahres, also sieben Monate nach dem Inkrafttreten des NOG 2, zustande. Wir haben mittlerweile drei Verhandlungsrunden hinter uns gebracht, mit eher mäßigem Erfolg. Eine Einigung scheint in weiter Ferne zu liegen, allerdings nicht ganz unerreichbar zu sein.

Verhandlungsziel der Bundesärztekammer ist eine umfassende Vereinbarung, die entsprechend § 137 a die Qualitätssicherung der Gesamtheit ärztlicher Leistungen im Krankenhaus umfaßt und regelt. Das schließt auch die Qualitätssicherung von Fallpauschalen und Sonderentgelten ein. Allerdings muß das bisherige Konzept zur Qualitätssicherung von Fallpauschalen und Sonderentgelten umfassend modifiziert und verbessert werden. Es muß auf wenige wichtige Fallpauschalen und Sonderentgelte reduziert, methodisch überarbeitet und in der Zielsetzung so verändert werden, daß nicht der Kontrollaspekt, sondern die Unterstützung des internen Qualitätsmanagements in der Klinik im Vordergrund steht. Insbesondere müssen auch die Datenerfassung und der damit verbundene bürokratische Aufwand auf ein benutzerfreundliches Mindestmaß heruntergebrochen werden.

Zu den Verhandlungszielen gehört auch, daß die Ergebnisse der Verhandlungen auf Bundesebene auf die Landesebene übertragen werden. Natürlich strebt die Bundesärztekammer eine möglichst buchstabengetreue Umsetzung von § 137 a SGB V an. Ein allzu großes Abweichen vom Buchstaben des Gesetzes würde den erklärten Willen des Gesetzgebers, die Zuständigkeit für die Qualitätssicherung der ärztlichen Berufsausübung im Krankenhaus auch sozialrechtlich in die Verantwortung der Ärztekammern zu legen, verfälschen.

Das soll aber nicht heißen, daß die Bundesärztekammer nicht kompromißfähig und -bereit wäre. Bei aller Kompromißbereitschaft muß aber die originäre, vom Gesetzgeber gewollte Zuständigkeit der Ärzteschaft auf Bundes- wie Landesebene erkennbar bleiben.

Während die Vertreter der gesetzlichen Krankenversicherung bei den bisherigen Verhandlungen deutlichen Einigungswillen, Kompromiß- und Kooperationsbereitschaft erkennen lassen, zeigt sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft bisher völlig unflexibel und verhandlungsunwillig, wenn nicht verhandlungsunfähig. Ich zitiere sehr hochrangige Funktionäre der Deutschen Krankenhausgesellschaft:

§ 137 a SGB V ist eine überflüssige Norm.

Und:

Die Zuständigkeit der Ärztekammern für die Qualitätssicherung der ärztlichen Berufsausübung im Krankenhaus wird bestritten.

Man steht auf dem Standpunkt, daß vor dem 1. Juli 1997 geschlossene Verträge und Vereinbarungen auf Bundes- wie Landesebene auch nach dem
1. Juli 1997 ihre Gültigkeit behalten - was natürlich formal richtig ist. Deshalb liegt aus dieser Sicht keine Notwendigkeit vor, bestehende Vereinbarungen und Verträge im Sinne des neuen § 137 a SGB V zu korrigieren. Daß es so etwas wie eine moralische, staatsbürgerliche und rechtliche Pflicht gibt, neue gesetzliche Bestimmungen, auch wenn sie unbequem sind, in die Wirklichkeit umzusetzen, wird ignoriert.

Es geht offensichtlich wie immer nur um zwei Dinge: erstens um Geld, zweitens um Macht.

(Zustimmung)

Der Anspruch der Ärztekammern, die berufsrechtlichen Belange ihrer Mitglieder in den Krankenhäusern zu regeln, wird von der Krankenhausseite als Einmischung in ihre Angelegenheiten betrachtet. Ärztinnen und Ärzte in den Krankenhäusern gelten hier nicht als Angehörige eines freien, sich selbst verwaltenden Berufs, sondern als weisungsgebundene subalterne Angestellte, die sich den Anordnungen des Arbeitgebers zu fügen und allein dessen Interessen zu vertreten haben. Herr Jonitz hat das gestern sehr eindrucksvoll dokumentiert.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft betrachtet ihr Angebot, der Bundesärztekammer künftig Sitz und Stimme im mehrfach erwähnten Bundeskuratorium zu gewähren, schon als enormes Zugeständnis.

Meine Damen und Herren, die Gastarztrolle von Herrn Vilmar soll in ein reguläres, unbefristetes tarifliches Arbeitsverhältnis umgewandelt werden, mehr aber auch nicht. Alles andere bleibt unverändert: das Programm zur Qualitätssicherung von Fallpauschalen und Sonderentgelten, die Funktion der Servicestelle Qualitätssicherung beim DKI bzw. der Projektgeschäftsstellen bei den Landeskrankenhausgesellschaften.

Für die Bundesärztekammer hat sich die Servicestelle nicht bewährt. Sie gehört zu den verzichtbaren Einrichtungen unseres Gesundheitswesens. Sie hat auch nach vier Jahren kein akzeptables und durchführbares Konzept hervorgebracht.

(Zustimmung)

Projektgeschäftsstellen bei Landeskrankenhausgesellschaften für die Sicherung der Qualität ärztlicher Berufsausübung im Krankenhaus sind ein Widerspruch in sich.

Aus jahrelanger Erfahrung ist bekannt, daß gut funktionierende Projektgeschäftsstellen eben nicht nur einfache administrative Aufgaben - etwa der bloßen Datenverwaltung - wahrnehmen. Sie bilden die operative Ebene der Qualitätssicherung. Sie müssen für die korrekte Umsetzung von Qualitätssicherungsmaßnahmen sorgen. Eine Krankenhausgesellschaft kann aber doch nicht zuständig sein für die Umsetzung ärztlicher Qualitätssicherung. Projektgeschäftsstellen helfen bei der Interpretation von Daten, sie haben Einfluß auf die Weiterentwicklung von Qualitätssicherungsmaßnahmen, sie halten den Kontakt zur Basis, sie koordinieren und organisieren die Kommunikation mit und unter den Teilnehmern von Qualitätssicherungsmaßnahmen. Projektgeschäftsstellen sind Datentreuhänder. Ich erinnere hier an die Ausführungen von Herrn Dr. Giesen am gestrigen Tage.

Qualitätssicherung ist auch eine Vertrauenssache. Für diejenigen, die vertrauliche Daten liefern sollen, ist der Vertrauensschutz eine sehr wichtige Voraussetzung. Diesen Vertrauensschutz und damit auch die Validität der gelieferten Daten kann meines Erachtens Ärztinnen und Ärzten gegenüber nur eine Ärztekammer gewährleisten und niemand sonst.

(Beifall)

Qualitätssicherung muß für die Teilnehmer auch transparent sein, insbesondere was Zwecke und Ziele angeht. Diese Transparenz ist für Ärztinnen und Ärzte nicht vorhanden, wenn die Geschäftsführung der Qualitätssicherung ärztlicher Berufsausübung von oder bei Krankenhausträgern besorgt wird, die möglicherweise ganz andere Ziele verfolgen als die Ärzteschaft.

Gestatten Sie mir, daß ich - mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident - aus der Zeitschrift "Medizinrecht", Heft 4/1998, zitiere:

Qualitätssicherung ist Ausdruck ärztlichen Bemühens. Aus ärztlicher Sicht ist sie eigenbestimmt und damit originäre Aufgabe des ärztlichen Standes zur Gewährleistung ärztlichen Handelns auf einem möglichst gleichmäßig hohen Niveau. Maßnahmen zur Qualitätssicherung sollten in erster Linie den Ärztekammern als Normgeber vorbehalten bleiben. Maßnahmen über Qualitätssicherung unterliegen von Verfassung wegen grundsätzlich Landesrecht und nachrangig dem Bundesgesetzgeber. Typischer Regelungsstandort für die Qualitätssicherung sind die ärztlichen Berufsordnungen.

Der Verfasser dieses Artikels, aus dem die Zitatenauswahl stammt, ist kein Arzt, sondern Jurist, nämlich Richter am Landessozialgericht Sachsen, und er war früher beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe tätig. Ich kann das Studium dieses Artikels nur wärmstens empfehlen.

Die Forderung nach dem Sitz der Projektgeschäftsstelle für ärztliche Qualitätssicherung bei den Ärztekammern ist kein überflüssiges Tauziehen um eine Nebensache, wie man immer wieder behauptet, sondern selbstverständlich. Ich wiederhole mich: Aus meiner Sicht kann eine Krankenhausgesellschaft nicht Adressat für die Durchführung und Bewertung ärztlicher Qualitätssicherung sein.

Nun gibt es sicher auf dem Kompromißweg pragmatische Lösungsansätze. Die Frage lautet aber, wie weit die Kompromißbereitschaft gehen darf. Sollen wir uns notfalls mit einem unzureichenden Angebot der Deutschen Krankenhausgesellschaft zufriedengeben, uns an einem aus ärztlicher Sicht untauglichen oder schädlichen Qualitätssicherungskonzept beteiligen und zugleich auf die Zuständigkeit für einen Kernbereich der ärztlichen Selbstverwaltung verzichten? Oder gibt es einen "point of no return", bei dem die Bundesärztekammer sich aus den Verhandlungen zurückziehen und andere Wege in der Qualitätssicherung gehen sollte, auch im Vertrauen darauf, daß Krankenhausträger und gesetzliche Krankenversicherung ohne Unterstützung durch die ärztliche Selbstverwaltung an der Unzulänglichkeit ihres eigenen Vorhabens früher oder später scheitern werden?

Es ist wichtig, daß der Deutsche Ärztetag als oberstes Beschlußgremium der deutschen Ärzteschaft für die Öffentlichkeit und für die Ärzteschaft selbst hier ein deutliches Zeichen setzt und die Verhandlungslinie der Bundesärztekammer bestätigt oder eben korrigiert. Meine Damen und Herren, die Zeit des Schmusens, des Kuschelns, der taktischen Zurückhaltung und vorsichtiger Ambivalenz sollte vorbei sein,

(Zustimmung)

auch vor dem Hintergrund der Tatsache, daß seit dem Inkrafttreten des
NOG 2 fast ein Jahr vergangen ist und sich bisher kaum etwas bewegt hat. Die Taktik ist doch, abzuwarten, was der 27. September bringt. Man hofft auf eine Änderung des Gesetzes.

Externe Vergleiche sind Hilfsinstrumente zur Unterstützung des internen Qualitätsmanagements, sei es nun in der Klinik oder in der Arztpraxis. Ein Mittel, internes Qualitätsmanagement zu implementieren und zu fördern, ist die Zertifizierung. Ich komme nun auf ein Vorhaben zu sprechen, das die Bundesärztekammer seit einigen Monaten gemeinsam mit dem VdAK betreibt.

Eine kleine Nebenbemerkung zu den gestrigen Ausführungen von Herrn Professor Henke. Er war überhaupt nicht informiert. Natürlich betreiben wir manche Dinge, etwa das interne Qualitätsmanagement, zusammen mit den Kassen. Es gibt auch schon lange einen Leitfaden für internes Qualitätsmanagement im Krankenhaus, der von der Bundesärztekammer erarbeitet wurde. Dazu braucht man nicht auf ein Konkurrenzprodukt des Bundesgesundheitsministeriums zurückzugreifen.

(Zustimmung)

Vor etwa einem Jahr ist der VdAK mit der Bitte an die Bundesärztekammer herangetreten, gemeinsam ein Zertifizierungsverfahren für Krankenhäuser zu entwickeln. Zuvor war ein ähnliches Projekt von VdAK und Deutscher Krankenhausgesellschaft, das sogenannte Zertifikat A und B, bekanntlich gescheitert. Nach längerer Diskussion hat der Vorstand der Bundesärztekammer beschlossen, zusammen mit dem VdAK in die Prüfung der Machbarkeit eines solchen Verfahrens einzutreten. Hauptmotiv war die Überzeugung, daß Zertifizierungsverfahren von medizinischen Einrichtungen vor allem auf die Qualität der Patientenversorgung und auf die Mitarbeiterzufriedenheit gerichtet und ergebnisorientiert angelegt sein müssen. Es kann sich also nicht nur um die Erstellung einer Art "Guide Michelin" für Krankenhäuser handeln. Es kommt darauf an, interne Strukturen, Prozesse und Prozeduren nach konsentierten fachlichen Kriterien zu beurteilen und die Ergebnisse, das Outcome, kritisch zu bewerten und auch zu vergleichen.

Das Verfahren muß alle Krankenhausbereiche, also nicht nur den ärztlichen und pflegerischen Teil, berücksichtigen. Die Bundesärztekammer sieht in der Beteiligung an dem Vorhaben eine Chance, ihre Vorstellungen von einem patienten- und mitarbeiterorientierten Qualitätsmanagement im Krankenhaus umzusetzen. Auch hier brauchen wir eigentlich keine Nachhilfe von Herrn Henke.

Vorbereitende Gespräche mit dem VdAK ergaben zu unserer eigenen Überraschung eine weitgehende Übereinstimmung in der Zielsetzung. Wir haben mit dem VdAK eine Vereinbarung getroffen, die zunächst die gemeinsame Erstellung einer Machbarkeitsstudie für ein Zertifizierungsverfahren für Krankenhäuser vorsieht. Bundesärztekammer und VdAK sind sich einig, daß die Vereinbarung für den Beitritt weiterer Partner, beispielsweise von Pflegeverbänden, Deutscher Krankenhausgesellschaft oder anderen Trägerverbänden und Primärkassen der GKV, offen ist. Wir haben insbesondere die Deutsche Krankenhausgesellschaft mehrfach sehr dringend und inständig eingeladen, sich zu beteiligen, und auch Gespräche mit den Primärkassen eingeleitet. Mit Vertretern der Pflegeverbände wurde bereits gesprochen. Kirchliche Trägerverbände haben Interesse signalisiert. Die Arbeiten an dem Vorhaben gehen zügig voran.

Eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation wird angestrebt. Das Verfahren orientiert sich an internationalen Vorbildern. Es soll sich um eine Kombination von regelmäßiger Selbstbewertung, externen Leistungsvergleichen und periodischer Begehung durch ausgewählte Peer-Gruppen handeln, wie es etwa in Australien, Kanada oder in den USA üblich ist. Auch Erfahrungen aus der Schweiz sollen berücksichtigt werden. Eine Förderung durch das BMG wird beantragt.

Wir sehen in diesem Zertifizierungsverfahren die Chance, ein allgemein akzeptiertes, gemeinsames, an medizinischen Erfordernissen orientiertes Qualitätssicherungssystem für den stationären Versorgungssektor mit Schwerpunkt auf dem internen Qualitätsmanagement zu etablieren.

Was die Qualitätssicherung für den ambulaten Sektor betrifft, so existiert über die Ärztliche Zentralstelle für Qualitätssicherung in der Medizin eine gute Zusammenarbeit zwischen Bundesärztekammer und KBV. Thema ist derzeit die Qualitätssicherung des ambulanten Operierens. Auch hier kommt der Deutschen Krankenhausgesellschaft eine Schlüsselrolle zu. Es gibt eine Reihe von Schnittstellen zwischen der externen vergleichenden Qualitätssicherung operativer Eingriffe im Krankenhaus und der Qualitätssicherung des ambulanten Operierens bei niedergelassenen Ärzten, weil etliche Eingriffe sowohl ambulant als auch stationär durchgeführt werden. Hier müssen die Qualitätsanforderungen und Erhebungsmodalitäten harmonisiert werden, denn es kann keine unterschiedlichen Qualitätsanforderungen zwischen ambulantem und stationärem Sektor geben.

(Zustimmung)

Die Zentralstelle könnte die Koordinierungsfunktion übernehmen - vorausgesetzt, die übrigen Partner, also Kassen und Krankenhausträger, sind einverstanden. Wir stehen hier vor ähnlichen Problemen wie bei der Umsetzung des § 137 a SGB V.

Eine nicht minder wichtige und schwierige Schnittstellenproblematik existiert auch auf Landesebene, wo Ärztekammern, Kassenärztliche Vereinigungen, Krankenhausgesellschaft und Verbände der GKV zusammenarbeiten müssen. Erlauben Sie mir bitte ein weiteres Zitat aus dem bereits erwähnten Artikel in der Zeitschrift "Medizinrecht":

Maßnahmen im Bereich der Qualitätssicherung sind, soweit von den KVen zu beschließen, in Gestalt eines zwischen Ärztekammern und KVen abgestimmten Verfahrens zu treffen.

Das bedeutet, daß man auf der Landesebene etwa bei der Frage der Qualitätssicherung beim ambulanten Operieren dies nicht allein den KVen überlassen kann und soll, sondern daß hier Vereinbarungen mit den Kammern abgeschlossen werden müssen. Wir erleben gerade im Bereich der Qualitätssicherung bei der Nierenersatztherapie, wie man versucht, dieses Thema der Ärztekammer Berlin gewissermaßen aus der Hand zu winden. Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß die Ärztekammern auch im Bereich der Qualitätssicherung der ambulanten ärztlichen Tätigkeit ein Mitspracherecht haben.

Eine weitere Aufgabe der Zentralstelle wird sein, ein Clearingverfahren für Leitlinien zu etablieren. Bekanntlich haben die in der AWMF zusammengeschlossenen wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften auf eine - ich hätte fast gesagt: unbedachte - Anregung des Sachverständigenrats für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen im Jahre 1993 hin damit begonnen, Leitlinien zu entwickeln. Mittlerweile gibt es zirka 500 solcher Leitlinien - andere sprechen von 1500; ich weiß das nicht so genau -, deren Kurzfassungen im Internet abrufbar sind. Weitere Leitlinien sind in Vorbereitung.

Bei allem Respekt vor der wissenschaftlichen Kompetenz der Fachgesellschaften und bei aller Anerkennung der beträchtlichen Arbeitsleistung, die sich hinter der großen Zahl der bisher erarbeiteten Leitlinien verbirgt, scheint es doch notwendig, der Frage nachzugehen, ob eine Leitlinie denn nach anerkannten Regeln formuliert wurde. Hierzu hat eine Arbeitsgruppe der Zentralstelle eine "Leitlinie für Leitlinien" erarbeitet, die als eine Art Raster dienen soll und sich an internationalen Standards orientiert. Zu prüfen ist beispielsweise auch, ob eine Leitlinie notwendig und praktikabel ist, welche Auswirkungen auf die Versorgung und welche ökonomischen Folgen zu erwarten sind. Selbstverständlich liegt das Primat der Leitlinienentwicklung bei den wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Aber auch die Wissenschaft ist nicht unfehlbar und muß sich kritischen Fragen stellen, insbesondere Fragen, die aus der alltäglichen ärztlichen Praxis stammen. Darum geht es in erster Linie bei dem vorgesehenen Clearingverfahren für Leitlinien. Die Zentralstelle wird dabei eng mit der AWMF zusammenarbeiten.

Der 96. Deutsche Ärztetag hat 1993 in Dresden den Entwurf einer gemeinsamen Grundsatzerklärung der Bundesärztekammer, der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen zur Einrichtung einer Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in der Medizin zustimmend zur Kenntnis genommen. Die Arbeitsgemeinschaft konstituierte sich dann im Dezember 1993 und wurde, nachdem sie inzwischen zu einer festen Größe im deutschen Gesundheitswesen geworden ist, in § 137 b SGB V des NOG 2 gesetzlich verankert. § 137 b SGB V beauftragt die Spitzenorganisationen, durch die Arbeitsgemeinschaft "insbesondere zur Sicherung der Einheitlichkeit der Qualifikations- und Qualitätssicherungsanforderungen Vorkehrungen zur gegenseitigen Abstimmung" zu treffen.

Zur Zeit gibt es geradezu eine Explosion von Abstimmungsgremien für qualitätssichernde Maßnahmen der Vertragspartner nach SGB V auf Bundesebene. Hier sollte mittelfristig die Arbeitsgemeinschaft als das Abstimmungsgremium genutzt werden, um Doppelstrukturen und -arbeiten nach Möglichkeit zu vermeiden.

Die Qualitätssicherung in der Medizin befindet sich ohne Zweifel in einer Phase der Neuorientierung und Umstrukturierung. Ob daraus Verwerfungen entstehen oder eine möglichst harmonische Kooperation, wird sich zeigen müssen, hängt aber auch wesentlich davon ab, ob eine Einigung über die Umsetzung des § 137 a NOG 2 erreicht wird.

Lassen Sie mich zum Schluß noch einmal auf § 137 a SGB V zurückkommen und eine dringende Bitte an die Landesärztekammern richten. Bei aller verständlichen Ungeduld, endlich Resultate zu sehen, schließen Sie bitte auf Landesebene keine Verträge ab, die hinter die Inhalte des § 137 a
SGB V zurückgehen.

(Zustimmung)

Jede auf der Landesebene aufgegebene Position der Ärzteschaft erschwert die Verhandlungsposition der Bundesärztekammer. Der Vorstand der Bundesärztekammer hat den Landesärztekammern das Modell eines Vertragsentwurfs zur Verfügung gestellt, der die Inhalte des § 137 a SGB V zur Grundlage hat. Wenn auf der Landesebene Vertragsverhandlungen geführt werden müssen, sollte dieser Entwurf als Vorlage und Beratungsgrundlage dienen.

Mit einem weiteren Appell, diesmal an die medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften und deren Dachorganisation, die AWMF, gerichtet, möchte ich schließen. Ohne die Mitarbeit von Experten aus den wissenschaftlichen Fachgesellschaften hätten sich die Bestrebungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft wie der Spitzenverbände der GKV, Qualitätssicherung ohne die verfaßte Ärzteschaft zu betreiben, vermutlich gar nicht so weit entwickeln können. Der Appell an die Fachgesellschaften und ihre Mitglieder lautet, sich jetzt aus den Facharbeitsgruppen des Bundeskuratoriums zur Qualitätssicherung von Fallpauschalen und Sonderentgelten zurückzuziehen und dafür die Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer, die ja künftig die Anforderungen zu bestimmen hat, zu intensivieren.

(Beifall)

Damit wäre den Bestrebungen der Spitzenverbände der GKV und vor allem der Krankenhausgesellschaft, die ärztliche Selbstverwaltung aus ihrer angestammten Rolle zu verdrängen, weitgehend der Boden entzogen.

Zum Schluß noch eine Ehrenpflicht. Ich möchte die engagierte Mitarbeit des Dezernats III der Bundesärztekammer hervorheben. Hier sind zu nennen: Frau Bristrup, Herr Brüggemann, Dr. Krumpaszky und vor allem der Leiter des Dezernats, Herr Stobrawa. Ich möchte diesen Mitarbeitern meinen großen Dank aussprechen. Inzwischen übersteigt die Fülle der Aufgaben - ich nenne nur das Stichwort Weißbuch - nahezu das Leistungsvermögen. Um so mehr muß man sich dafür bedanken, daß dies alles mit sehr großem Engagement und nicht nachlassender Leistungsbereitschaft geleistet wurde.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)