Dr. Dr. h. c. Vilmar, Präsident:

Vielen Dank, Herr Buck-Gramcko, für die Darstellung des Haushaltsvoranschlags. - Wir haben, bevor wir zur Meinungsbildung darüber kommen, hier zwei Anträge zu behandeln, und zwar zunächst den Antrag IX-1, wonach der Haushaltsvoranschlag für das Geschäftsjahr 1998/99 gebilligt werden soll, sowie den Antrag IX-2, den Herr Buck-Gramcko bereits erwähnt hat. Dazu gibt es einen Änderungsantrag IX-2 a.

Es liegen fünf Wortmeldungen vor. Als erster Diskussionsredner hat Herr Zimmermann, Berlin, das Wort. Bitte.
 
 

Prof. Dr. Zimmermann, Berlin:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Sie nicht viel länger vom Feierabend abhalten, sondern Sie nur bitten, den Antrag von Frau Jacoby positiv zur Kenntnis zu nehmen. Wir haben soeben gehört, daß er wahrscheinlich aus formalen Gründen an den Vorstand überwiesen werden muß; so habe ich das jedenfalls verstanden. Ich bitte auf diesem Weg den Vorstand dringend um Zustimmung. Die Makrochronologie dieses Ärztetags hat unsere Mikrochronologie ein bißchen durcheinandergebracht. Sie werden morgen über meinen Antrag VI-48 abstimmen, in dem es konkret um die Verfolgung ärztlicher Kolleginnen und Kollegen am Beispiel der Türkei geht, die sich dort vor Ort um Folteropfer kümmern.

Wir haben, wie Sie vielleicht wissen, in Berlin sehr gute Erfahrungen mit dem Beauftragten für Menschenrechte gemacht, der über ein eigenes Budget verfügt und selbst als Prozeßentsandter in der Türkei war und nachweislich mehrfach die Verurteilung von Kolleginnen und Kollegen verhindern konnte.

Der Antrag von Frau Jacoby soll die Position des Menschenrechtsbeauftragten in dem Sinne unterstützen, daß er ganz konkret betroffenen Kolleginnen und Kollegen im Ausland helfen kann, indem er dort hinfährt oder geeignete Kolleginnen und Kollegen entsendet. Ich richte den Appell an den Vorstand der Bundesärztekammer, dieses Budget von 10 000 DM einzurichten.

Vielen Dank.

(Beifall)

 

Dr. Dr. h. c. Vilmar, Präsident:

Danke, Herr Zimmermann. - Der Antrag 2 a kann nicht mehr umgedruckt werden. Ich lese ihn eben vor, er ist relativ kurz. Der Antrag zielt darauf ab, im Antrag IX-2 im ersten Absatz in der dritten Zeile nach dem Wort "Zwangsamputationen" einzufügen:

Durchführung von Zwangsoperationen von Mädchen und Frauen (Beschneidung)

Ich denke, das kann man so behalten. Wir müssen den Antrag jetzt nicht mehr umdrucken.

Als nächster Redner bitte Herr Montgomery.

 

Dr. Montgomery, Vorstand der Bundesärztekammer:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen für diesen Antrag, weil er die Arbeit des Menschenrechtsbeauftragten für den Vorstand der Bundesärztekammer aufnimmt. Diesen Antrag darf man auf gar keinen Fall ablehnen.

Ich möchte Ihnen berichten, daß es bisher mit der Finanzierung der Arbeit des Menschenrechtsbeauftragten überhaupt keine Probleme gegeben hat. Ich bin der Überzeugung, daß 10 000 DM - eigens in einem Haushaltsentwurf ausgewiesen - fast zuwenig sind. Da alle Positionen gegenseitig deckungsfähig sind, taucht das, was beim Menschenrechtsbeauftragten an Kosten entsteht, in Positionen wie Reisekosten oder Personalkosten auf und ist dort auch gut untergebracht. Ich glaube, wir sind gut beraten, dieses an die Finanzkommission weiterzuleiten, und zwar mit der Bitte, auch zu prüfen, ob 10 000 DM adäquat sind.

Ich habe folgende Bitte. Der dritte Absatz verbirgt etwas, was dem einen oder anderen nicht auf den ersten Blick klar wird. Es gibt einige Landesärztekammern, die uns in unserer Arbeit sehr entscheidend unterstützen, indem sie selber Menschenrechtsbeauftragte ernannt haben. Spontan fallen mir in diesem Zusammenhang die Landesärztekammern Berlin, Baden-Württemberg und Hessen ein. Andere Landesärztekammern haben das nicht getan. Ich meine, wenn die Landesärztekammern solche Menschenrechtsbeauftragten ernennen, dann sollten sie auch mit Hilfe eigener Budgets für die Kosten aufkommen und sollten nicht versuchen, diese Kosten bei der Bundesärztekammer geltend zu machen. Ich weise Sie darauf hin: Der Vorstand der Bundesärztekammer kann jederzeit jemanden beauftragen, in der Funktion eines Menschenrechtsbeauftragten oder in Wahrnehmung meines Amts derartige Beobachtungen zu machen. Aber ein eigenes Budget, aus dem die Realisierung anderer Anträge erfolgen kann, halte ich für ein Novum. Deswegen bitte ich Sie, den dritten Absatz dieses Antrags zu streichen und lediglich die ersten beiden Absätze an den Vorstand der Bundesärztekammer zu überweisen mit der Bitte, die Finanzkommission damit zu befassen.

Vielen Dank.

(Zustimmung)

 

Dr. Dr. h. c. Vilmar, Präsident:

Danke. - Als nächster Redner Herr Drexler, Hessen.

 

Dr. Drexler, Hessen:

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe selten einen Beschluß so nachhaltig begrüßt wie den, Herrn Montgomery mit der Funktion des Menschenrechtsbeauftragten zu betrauen. Ich möchte ganz ausdrücklich dem Vorstand und Herrn Montgomery für das danken, was bisher in dieser Beziehung geleistet wurde. Hier geschieht wirklich etwas ganz Wichtiges.

Die Ergänzung, die der Präsident vorhin verlesen hat, ist notwendig. Ich bin wenige Tage vor diesem Ärztetag von der Frauenbeauftragten unserer Stadt angerufen worden, die mir mitgeteilt hat, daß sie im Besitz von Anzeigen in Blättern ist, die niemand von uns liest. Es sind Publikationen für libysche, algerische, eritreische, sudanesische Frauen. Kollegen, die über eine Approbation oder über eine Beauftragung nach § 10 verfügen, bieten solche Operationen an. Das liest niemand von uns; wir bekommen das nicht mit. Es gibt Schätzungen, daß solche Operationen in unserem Land tausendfach durchgeführt werden. Das ist ein ungeheurer Skandal. Ich habe versucht, diese Anzeigen beglaubigt übersetzen zu lassen. Es ist mir nicht gelungen, das mit zu diesem Ärztetag zu bringen.

Es bedarf der Verstärkung der bisher vorhandenen Beschlußlage. Deswegen bitte ich Sie sehr herzlich um Unterstützung dieser Ergänzung, die der Präsident vorgetragen hat.

Vielen Dank.

(Beifall)

 

Dr. Dr. h. c. Vilmar, Präsident:

Vielen Dank, Herr Drexler. - Als nächster Redner bitte Herr Mausbach, Hessen.

 

Prof. Dr. Mausbach, Hessen:

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, man braucht keine weiteren Begründungen zu geben; die Sache ist selbstverständlich. Man muß allerdings hinzufügen: Die Glaubwürdigkeit steigt durch ein eigenes Budget. Dann kann man mehr tun, dann kann man aktiver und mit größerer Autorität von seiten der Bundesärztekammer eingreifen. Wir in Hessen werden uns selbstverständlich auf der Landesebene um Fragen der Menschenrechte aus eigener Kenntnis der Dinge und aus eigener Sorge heraus kümmern. Ich denke, der Antrag von Frau Jacoby zur Schaffung eines eigenen Budgets für die Tätigkeit des Menschenrechtsbeauftragten ist richtig und sollte von uns unterstützt werden.

Vielen Dank.

(Zustimmung)

 

Dr. Dr. h. c. Vilmar, Präsident:

Danke. - Ich habe jetzt keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Antrag. Die Sache ist im Grunde auch klar. Herr Buck-Gramcko hat Vorstandsüberweisung beantragt. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache Nr. IX-2. Wer wünscht Vorstandsüberweisung? - Wer ist dagegen?

(Zurufe)

- Wollen Sie erst über die Änderungsanträge abstimmen? Das können wir auch machen. Wer ist für die Streichung des dritten Absatzes in diesem Antrag? - Das scheint die Mehrheit zu sein. Wer ist dagegen? - Das erste war die Mehrheit. Dann ist der dritte Absatz gestrichen.

Wir kommen zu dem Änderungsantrag, den Herr Drexler gestellt hat, wonach ergänzt werden soll:

Durchführung von Zwangsoperationen von Mädchen und Frauen (Beschneidung)

Wer wünscht diese Einfügung? - Das ist sicher die Mehrheit. Wer ist dagegen? - Dann ist die Einfügung angenommen.

Wir kommen jetzt zur Meinungsbildung über den so geänderten Antrag IX-2. Wer wünscht Vorstandsüberweisung? - Das ist wohl die Mehrheit. Wer ist dagegen? - Einige. Dann ist der Antrag in der geänderten Fassung an den Vorstand überwiesen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache Nr. IX-1. Danach soll der Haushaltsvoranschlag für das Geschäftsjahr 1998/99 in Höhe von 19 775 000 DM gebilligt werden. Wir stimmen wieder mit den Stimmkarten ab. Baden-Württemberg? - Grün. Bayern? - Grün. Berlin? - Grün. Brandenburg? - Grün. Bremen? - Grün. Hamburg? - Grün. Hessen? - Grün. Mecklenburg-Vorpommern? - Grün. Niedersachsen? - Grün. Nordrhein?
- Grün. Rheinland-Pfalz? - Grün. Saarland? - Grün. Sachsen? - Grün. Sachsen-Anhalt? - Grün. Schleswig-Holstein? - Grün. Thüringen? - Grün. Westfalen-Lippe? - Grün.

Damit ist der Antrag einstimmig angenommen. Der Haushaltsvoranschlag ist mit 250 Stimmen gebilligt. Ich danke Ihnen.

Bevor wir diesen Tagesordnungspunkt verlassen und die heutige Sitzung beenden, möchte ich Herrn Buck-Gramcko als dem Vorsitzenden und allen Mitgliedern der Finanzkommission herzlich für die geleistete Arbeit danken. Ich danke auch der Kommission "Mittelfristige Finanzplanung", die sehr viel Arbeit investiert hat. Ich danke den Dezernenten und der gesamten Geschäftsführung, insbesondere aber der kaufmännischen Geschäftsführung, für die geleistete Arbeit.

(Beifall)

Sie haben eben schon von Herrn Buck-Gramcko gehört, daß in diesem Jahr Herrn George für seine Arbeit am Jahresabschluß und am Haushaltsvoranschlag ganz besonderer Dank gilt. Nach über 35 Jahren Tätigkeit bei der Bundesärztekammer tritt Herr George am 30. Juni 1998 in den wohlverdienten Ruhestand. Herr George war ursprünglich für die Organisation der Kongreßveranstaltungen zuständig, die einen ganz beträchtlichen Umfang, auch finanziell gesehen, hatten. Er wurde bald in der kaufmännischen Abteilung tätig, bis er als Nachfolger von Herrn Lengsfeld Geschäftsführer und später Dezernent wurde und diese Abteilung leitete. Dort oblagen ihm die Aufgabenbereiche Finanzen, Personal, EDV und Organisation.

Im Zeitraum des Wirkens von Herrn George haben sich für die Bundesärztekammer hinsichtlich der Aufgaben nach Art und Umfang erhebliche Veränderungen ergeben. Herr George hat an deren Bewältigung einen ganz erheblichen Anteil. Das wird der Vorstand auch noch gebührend würdigen. Ich erinnere nur an zwei Vorgänge, die wirklich alle Kräfte beansprucht haben. Das war zum einen der Bau des Verbindungsgebäudes Anfang der 80er Jahre, den Herr George über Wochen und Monate, wie man wohl sagen darf, Tag und Nacht begleitet hat. Ich erinnere zum anderen an den Beitritt der Kammern aus den neuen Bundesländern nach der Vereinigung unseres Landes, bei dem Herr George alle sich daraus ergebenden Konsequenzen, auch finanzieller Art, mit sehr viel Sorgfalt und sehr viel Verständnis für die Betroffenen auf beiden Seiten bearbeitet hat. Er hat, wie ich glaube, wesentlich zu den heute noch tragenden Lösungen beigetragen.

Der Ärztetag schuldet Ihnen, Herr George, großen Dank. Wir werden den Dank an anderer Stelle nachholen.

Als sichtbares kleines Zeichen hier schon ein kleines Paket mit Rotwein - ich weiß, daß Sie Rotwein lieben - und ein Blumenstrauß für Ihre Frau Gemahlin, die ebenfalls in der Bundesärztekammer tätig ist und unter Ihrer außerordentlichen Belastung teilweise leiden mußte. Herzlichen Dank auch Ihrer Frau Gemahlin.

(Anhaltender lebhafter Beifall)

Meine Damen und Herren, damit sind wir für heute unter geringer Überschreitung unseres Limits fertig geworden. Wir unterbrechen jetzt die Sitzung und setzen sie morgen früh pünktlich um 9 Uhr fort. Ich wünsche allen einen schönen Abend.