Beschlüsse zum TOP IX:
Haushaltsvoranschlag für das Geschäftsjahr 1998/99 (01.07.1998 - 30.06.1999)
 
1. Haushaltsvoranschlag für das Geschäftsjahr 1998/99  B 72
2. Schaffung eines Budgets für die Tätigkeit des Menschenrechtsbeauftragten  B 73

1. Haushaltsvoranschlag für das Geschäftsjahr 1998/99

Auf Antrag des Vorstandes der Bundesärztekammer (Drucksache IX-1) beschließt der 101. Deutsche Ärztetag einstimmig:

Der Haushaltsvoranschlag für das Geschäftsjahr 1998/99 (01.07.1998 bis 30.06.1999) in Höhe von DM 19.775.000,- wird gebilligt.

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2. Schaffung eines Budgets für die Tätigkeit des Menschenrechtsbeauftragten

Der Antrag von Frau Dr. Jacoby (Drucksache IX-2) unter Berücksichtigung des Antrages von Dr. Drexler und Frau Uteg-Scheffer (Drucksache IX-2a) wird zur weiteren Beratung an den Vorstand der Bundesärztekammer überwiesen:

Der Deutsche Ärztetag bekräftigt die Entschließungen der deutschen Ärzteschaft und des Weltärztebundes zur Rolle von Ärztinnen und Ärzten bezüglich Folter, Hinrichtungen, Zwangsamputationen, Durchführung von Zwangsoperationen von Mädchen und Frauen (Beschneidung), der Organentnahme bei hingerichteten Gefangenen zu Transplantationszwecken und anderen Verstößen gegen Standesethik, Menschenrechte und Menschenwürde.

Die Arbeit der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesärztekammer und der Landesärztekammern auf diesem Gebiet wird begrüßt und unterstützt. Um die Voraussetzung zur effektiven Umsetzung der Deklaration von Tokio des Weltärztebundes zu schaffen, in der gewissenhaften Ärzten, die sich der Folter entgegenstellen, im Falle eigener Verfolgung die solidarische Unterstützung der Weltärzteschaft zugesichert wird, beschließt der Deutsche Ärztetag die Einrichtung eines jährlichen Budgets von DM 10.000,-- aus den Mitteln der Bundesärztekammer für die Menschenrechtsarbeit der Deutschen Ärztetschaft.

Begründung:

 Deklaration von Tokio
Richtlinien für Ärzte bei Folterungen, Grausamkeiten und anderen unmenschlichen oder die Menschenwürde verletzenden Handlungen oder Mißhandlungen
in Verbindung mit Haft und Gefangenschaft
verabschiedet von der 29. Generalversammlung des Weltärztebundes
in Tokio, Japan, Oktober 1975
 
Präambel

Es ist die vornehmste Pflicht des Arztes seinen Beruf im Diest der Menschlichkeit auszuüben, die körperliche und geistige Gesundheit ohne Ansehen der Person zu erhalten und wiederherzustellen und die Leiden und das Leid der Patienten zu lindern. Die höchste Achtung vor dem menschlichen Leben muß sogar unter Bedrohung aufrechterhalten werden. Ärztliches Wissen darf niemals gebraucht werden, wenn die Gesetze der Menschlichkeit dadurch verletzt würden.

Im Sinne dieser Deklaration bedeutet Folter die vorsätzliche, systematische oder mutwillige Zufügung von physischen oder psychischen Leiden durch eine oder mehrere Personen, die entweder eigenmächtig oder auf Anordnung handeln, um eine andere Person zur Preisgabe von Informationen oder zur Ablegung eines Geständnisses, oder aus welchen Gründen auch immer, zu zwingen.

Deklaration

Der Arzt soll die Anwendung von Folter, Grausamkeiten oder anderen unmenschlichen oder die Menschenwürde verletzenden Handlungen weder dulden noch gutheißen oder sich gar an ihnen beteiligten, was auch immer das Vergehen sei, dessen das Opfer solcher Mißhandlungen verdächtigt, beschuldigt oder überführt wird, ungeachtet seiner Anschauungen und Motive. Dies gilt für alle Situationen, einschließlich bewaffneter Konflikte und ziviler Aufstände.

Der Arzt soll weder Einrichtungen, Instrumente und Geräte, noch Substanzen oder sein Wissen zur Verfügung stellen, um die Durchführung der Folter oder anderer Grausamkeiten oder unmenschlicher und entwürdigender Behandlung zu fördern oder die Widerstandsfähigkeit des Opfers gegen solche Mißhandlungen herabzusetzen.

Der Arzt soll keiner Aktion beiwohnen, bei der Folterungen oder andere Grausamkeiten, unmenschliche oder die Menschenwürde verletzende Handlungen ausgeführt oder angedroht werden.

Der Arzt muß bei der Festlegung der Behandlung einer Person, für die er die medizinische Verantwortung trägt, die volle klinische Unabhängigkeit besitzen. Die wesentliche Aufgabe des Arztes ist es, die Notlage seiner Mitmenschen zu erleichtern. Diesem hohen Ziel darf kein anderer Beweggrund - sei er persönlicher, gesellschaftlicher oder politischer Natur übergeordnet werden.

Wenn ein Gefangener die Nahrungsaufnahme verweigert, der Arzt ihn aber für fähig hält, sich ein unbeeinflußtes und vernünftiges Urteil über die Folgen einer freiwilligen Nahrungsverweigerung zu bilden, so soll er nicht künstlich ernährt werden. Die Entscheidung über die Urteilsfähigkeit des Gefangenen in dieser Hinsicht sollte von mindestens einem weiteren unabhängigen Arzt bestätigt werden. Der Gefangene soll durch den Arzt über die Folgen der Nahrungsverweigerung unterrichtet werden.

Der Weltärztebund wird dem betreffenen Arzt und seiner Familie angesichts von Drohungen oder Vergeltungsmaßnahmen, die aus der Ablehnung der Mithilfe bei Folterungen oder anderen grausamen, unmenschlichen oder die Menschenwürde verletzenden Handlungen resultieren, seine Unterstützung gewähren. Der Weltärztebund appelliert an die Völkergemeinschaft, an die nationalen Berufsorganisationen und an die gesamte Ärzteschaft, sich ebenfalls hierfür einzusetzen.

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