Waldemar Kleinschmidt, Oberbürgermeister der Stadt Cottbus:

Sehr geehrter Herr Präsident Professor Vilmar! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Manfred Stolpe! Sehr geehrte Frau Bundesministerin Andrea Fischer! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der 102. Deutsche Ärztetag wird vom 1. bis 5. Juni 1999 in unserer Stadt durchgeführt. Wir Cottbuser freuen uns darüber, wissen das zu würdigen und werden uns bemühen, Ihren Erwartungen gerecht zu werden. Den Delegierten und Gästen dieser Jahreshauptversammlung der Bundesärztekammer sage ich ein herzliches Willkommen in der Universitäts- und Parkstadt Cottbus.

Nach der Wiedervereinigung ist nach Dresden und Eisenach Cottbus die dritte ostdeutsche Stadt, die den Deutschen Ärztetag durchführt. Ihre Veranstaltung, meine Damen und Herren, ist eine große Herausforderung für Cottbus als Kongreßstadt. Nach der Bundesgartenschau 1995, die hier stattfand, ist dieser Kongreß das bedeutendste Ereignis in der Niederlausitz. Ich denke, vom Inhalt her wird der 102. Deutsche Ärztetag als einer der wichtigsten in die Geschichte eingehen. In diesem Gremium, das auch als das Parlament der Ärzteschaft bezeichnet wird, vollzieht sich Ihre Meinungsbildung. Hier werden die gesundheitspolitischen Zielstellungen, die Erwartungen und Hoffnungen, aber auch die Forderungen der deutschen Ärzte deutlich gemacht.

Da die Gesundheitsstrukturreform 2000 derzeit in fast aller Munde ist, blickt die Öffentlichkeit natürlich nach Cottbus, um die Position der Ärzteschaft zu erfahren. Wenn es um die Rahmenbedingungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit geht, wird natürlich jeder hellhörig, gleich welcher Bevölkerungsschicht er angehört.

Das trifft auch auf uns zu, die Verantwortung in den Kommunen übernommen haben und denen das Wohl der Bürgerinnen und Bürger ganz besonders am Herzen liegt. So sehe ich als einen ganz wesentlichen Faktor die Stabilität der Beitragssätze an. Aus meiner Sicht vernünftige Ziele wie die Verzahnung von ambulanter und stationärer Betreuung, die Herausgabe einer Arzneimittelpositivliste und die Stärkung der hausärztlichen Versorgung sollten dazu beitragen, die medizinische Versorgung und Betreuung, die jeder Bürger benötigt, bezahlbar zu machen. Diese hat sich in Cottbus und damit auch in den umliegenden Einzugsbereichen in den vergangenen Jahren weiterhin verbessert. Durch die wachsende Anzahl von Niederlassungen hat sich die Ärztedichte wesentlich erhöht. Rund 200 niedergelassene Ärzte und etwa 100 Zahnärzte tragen dazu bei, daß, verglichen mit dem Bundesdurchschnitt, in wesentlichen Fachrichtungen sehr günstige Versorgungsgrade bestehen. Durch das Cottbuser Herzzentrum in privater Trägerschaft, das mit dem hiesigen Carl-Thiem-Klinikum kooperiert und im vergangenen Jahr seinen Betrieb aufnahm, konnten die langen Zeiten des Wartens auf eine Herzoperation in Brandenburg reduziert werden.

Meine Damen und Herren, als Oberbürgermeister dieser Stadt trage ich Verantwortung für das bereits erwähnte Carl-Thiem-Klinikum, benannt nach dem Begründer der Unfallchirurgie in Deutschland, der hier als Chefarzt tätig war. Mit Stolz kann ich sagen, daß dieses Schwerpunktkrankenhaus mit gegenwärtig 1 334 Betten eines der wirtschaftlichsten Häuser in Brandenburg ist. Um so mehr treibt mir die in diesem Jahr erstmals geforderte Minusrate die Sorgenfalten ins Gesicht. Das, was Herr Präsident Dr. Wolter hierzu gerade ausgeführt hat, kann ich nur unterstreichen. Sollte die Budgetentwicklung tatsächlich an der Einkommensrate festgemacht werden, kämen aus unserer Sicht unweigerlich Rationierung, Leistungseinschränkung und Sicherheitsrisiken in der Behandlung auf die Häuser zu.

(Beifall)

Auf Grund der hohen Arbeitslosigkeit würde sich dann die Schere zwischen alten und neuen Bundesländern weiter öffnen. Das kann auf keinen Fall gewollt sein.

(Beifall)

Denn – das möchte ich nur nebenbei sagen, obwohl es ganz wichtig ist –: Cottbus hat eine Arbeitslosenquote von etwa 16 Prozent, die Region sogar von bis zu 25 Prozent. Deshalb muß man das so deutlich sagen.

Hier sind die Entscheidungsträger gefordert, vernünftige Regelungen zu erarbeiten. Einen Schwerpunkt sehe ich zum Beispiel bei der befürchteten Reduzierung der Ausbildung für die Jugendlichen. Es sollten deshalb nicht erst ab 1. Januar 2005, wie im Entwurf vorgesehen, Veränderungen in der Ausbildungsfinanzierung erfolgen, sondern umgehend, um weitere Jugendarbeitslosigkeit zu verhindern.

(Beifall)

Zu beiden Problemen hatte ich Gelegenheit, mit der Ministerin schon nach der Eintragung ins Goldene Buch zu sprechen. Nach diesem Gespräch hatte ich einige Sorgenfalten weniger, aber es sind noch welche da.

(Zurufe)

– Doch, Ehre, wem Ehre gebührt; wir haben darüber gesprochen.

Meine Damen und Herren, ein großes Arbeitspensum liegt vor Ihnen. Trotzdem sollten Sie einen positiven Eindruck von Cottbus, der östlichsten Großstadt Deutschlands, und aus dem interessanten Videoclip mit nach Hause nehmen. Im 19. Jahrhundert – wenn ich das einfügen darf – entwickelte sich Cottbus durch kommunale Selbstverwaltung und fortschreitende Industrialisierung zum Zentrum der Niederlausitz, zu einer Industriestadt mit moderner Infrastruktur, Kultur- und Sozialbauten, aber auch zu einer grünen Stadt – das ist jetzt nicht politisch gemeint.

(Beifall - Heiterkeit)

Zu Zeiten der DDR wurde Cottbus ab 1957 zum Zentrum der Kohle- und Energiewirtschaft ausgebaut. Durch die Gründung der Brandenburgischen Technischen Universität und der Fachhochschule Lausitz im Jahr 1991 sowie die Errichtung des neuen Messe- und Tagungszentrums im Zusammenhang mit der Bundesgartenschau, die wir 1995 durchführten, konnte Cottbus zu einem wichtigen Standort des geistigen, wirtschaftlichen und politischen Gedankenaustausches sowie zu einem attraktiven Messe- und Tagungsort zwischen Berlin, Dresden und, wenn man so will, auch Leipzig einerseits und Breslau auf der polnischen Seite andererseits werden.

Drei Beispiele aus jüngster Zeit bestätigen das. Vor diesem bedeutenden Ärztetag führte die Bundes-CDU ihren bundesweiten Wertekongreß in Cottbus durch, und einen Monat nach Ihnen, meine Damen und Herren, ist unsere Stadt Gastgeber für den Deutschen Bauerntag. Auch auf diese Weise versuchen wir, Cottbus ein neues Profil zu geben.

Übrigens findet Ihr bedeutender Kongreß zeitgleich mit einer Veranstaltung statt, die für das Gesicht der Lausitz in der Zukunft prägend ist. Am vergangenen Samstag wurde im Cottbuser Konservatorium der feierliche Startschuß für die Internationale Bauausstellung Fürst-Pückler-Land gegeben. In diesen Tagen wird mit dem Stadtprojekt die Auftaktwoche begonnen. Hier wird ebenso der Weg in die Zukunft geebnet wie auf dem 102. Deutschen Ärztetag. Hier werden bedeutende Entscheidungen für die gesamte Gesundheitspolitik in den nächsten Jahren getroffen werden. Beides sollte uns Mut für die Zukunft machen.

In diesem Sinne wünsche ich dem Parlament der deutschen Ärzteschaft viel Erfolg und Ihnen sowie allen Gästen einen interessanten, erlebnisreichen und angenehmen Aufenthalt in der Stadt Cottbus. Meine Damen und Herren, die Cottbuser haben für gutes Wetter gesorgt. Sorgen wir gemeinsam für ein gutes Klima.

Danke schön.

(Beifall)


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