Prof. Dr. Dr. h. c. Karsten Vilmar, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, auf Beschluß des Vorstandes der Bundesärztekammer, der jeweils auf dem Deutschen Ärztetag zu verkünden ist, werden jährlich mit der Paracelsus-Medaille Ärzte ausgezeichnet, die sich durch erfolgreiche berufsständische Arbeit, vorbildliche ärztliche Haltung oder hervorragende wissenschaftliche Leistungen besondere Verdienste um das Ansehen des Arztes erworben haben.

Der Vorstand der Bundesärztekammer beschloß im Dezember 1998, auf dem 102. Deutschen Ärztetag mit der Paracelsus-Medaille auszuzeichnen: Professor Dr. med. Klaus-Ditmar Bachmann, Professor Dr. med. habil. Willi Heine, Dr. med. Gerhard Loewenstein, Medizinaldirektor a. D. Dr. med. Wolfgang Schmidt.

Dr. Wolfgang Schmidt ist, wie Sie eben gehört haben, kürzlich nach kurzer schwerer Krankheit gestorben. Von seiner Familie sah sich deshalb heute noch niemand in der Lage, die Auszeichnung entgegenzunehmen. Zu seinen Ehren wird am 14. Juni 1999 in der Kaiserin-Friedrich-Stiftung in Berlin eine Gedenkfeier stattfinden. In diesem Rahmen werde ich die Auszeichnung an die Familie übergeben.

Nunmehr bitte ich die Herren Bachmann, Heine und Loewenstein hierherzukommen.

Die Verleihungsurkunden haben folgenden Wortlaut:

Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht kraft dieser Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hochverdienten Klaus-Ditmar Bachmann in Münster, Prof. Dr. med., Facharzt für Kinderheilkunde, die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.

Die deutschen Ärzte ehren in Klaus-Ditmar Bachmann einen Arzt, der sich über nahezu 50 Jahre seines Berufslebens als Arzt, Wissenschaftler und akademischer Lehrer sowie durch seine engagierte Tätigkeit in der ärztlichen Selbstverwaltung, in wissenschaftlichen Gremien der Ärzteschaft und in der Politikberatung sowie als Autor und Fachredakteur um die medizinische Wissenschaft, die Praxis, die Forschung und Lehre sowie die ärztliche Fort- und Weiterbildung, das Gesundheitswesen und das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht hat.

Klaus-Ditmar Bachmann wurde am 8. Januar 1922 in St. Goarshausen geboren. Schon im Jahr 1923 verzog die Familie – wegen der damaligen politischen Entwicklung nach der französischen Besetzung des Rhein-Ruhr-Gebietes – nach Kassel. Dort besuchte Klaus-Ditmar Bachmann vier Jahre lang die Volksschule, anschließend neun Jahre lang das humanistische Wilhelms-Gymnasium zu Kassel.

Im Februar 1940 legte Klaus-Ditmar Bachmann das Abitur ab; danach wurde er sechs Monate lang für den Reichsarbeitsdienst verpflichtet. Ab Ende des Jahres 1940 studierte er zwei Trimester Medizin an der Philipps-Universität Marburg/Lahn. Ab April 1941 (Verwundung im September 1941) bis Kriegsende am 10. Mai 1945 war Klaus-Ditmar Bachmann Soldat, anschließend – bis Juli 1945 – in amerikanischer Gefangenschaft in Eger/Sudetenland. Danach konnte er das Medizinstudium fortsetzen.

Nach seinem medizinischen Staatsexamen im März 1948 war Klaus-Ditmar Bachmann Medizinalassistent und begann in dieser Zeit seine wissenschaftliche Weiterbildung – zunächst für zwei Jahre am Anatomischen Institut der Philipps-Universität Marburg/Lahn bei Prof. Dr. med. Alfred Benninghoff (1949 bis 1950). Anschließend war er zwei Jahre am Pathologischen Institut bei Prof. Dr. med. Dr. med. h. c. Herwig Hamperl (1951 bis 1952) an der Universität Marburg. Während dieser Zeit erfolgte nach Vorlage der Dissertation mit dem Thema "Über die Nierenfunktion bei Durst und Diurese" die Promotion zum Dr. med. Ab 1953 war Klaus-Ditmar Bachmann an der Universitätsklinik in Köln (Direktor: Prof. Dr. med. Carl-Gottlieb Bennholdt-Thomsen) tätig, wo er auch seine Habilitationsschrift im Jahr 1957 zum Thema "Leber- und Kalium-Stoffwechsel bei histotoxischer Malonat-Hypoxydose" vorlegte. 1958 wurde er dort Oberarzt und 1963 außerplanmäßiger Professor. 1969 erfolgte der Ruf auf einen Lehrstuhl als ordentlicher Professor und die Berufung zum Direktor der Universitäts-Kinderklinik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Die klinische und wissenschaftliche Tätigkeit von Klaus-Ditmar Bachmann ist ebenso vielfältig wie intensiv. Während der Münsteraner Zeit zählte zu seinen Hauptarbeitsgebieten die Allgemeine Kinderheilkunde und die Physiologie sowie Pathologie des neugeborenen Säuglings sowie die pädiatrische Gastroenterologie. Gemeinsam mit weiteren leitenden Ärzten ist eine Intensivstation, eine Hämodialyse, eine Stoffwechselstudien-Abteilung (Aminosäuren) und eine spezielle Kinderonkologische Abteilung aufgebaut worden.

Das wissenschaftliche Werk Klaus-Ditmar Bachmanns umfaßt rund 200 Arbeiten mit unterschiedlichen Schwerpunkten, zumeist aus dem Gebiet der Kinderheilkunde und der Onkologie sowie der Perinatalogie. Unter den Arbeiten sind auch verschiedene Buchbeiträge, so in dem in drei Auflagen erschienenen Werk "Klinik der Gegenwart" und in "Innere Medizin in Praxis und Klinik" (bisher fünf Auflagen) und in dem von Heinz Zumkley herausgegebenen Werk "Klinik und Wasser-Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt" (Stuttgart 1977) sowie ein Beitrag in dem Buch von Eberhard Löhr und Lutz-Dietrich Leder "Renal and adrenal Tumor" (1. und 2. Auflage, Berlin, Heidelberg und New York, 1979 und 1987).

In der Schrift "Pneumocystis carinii-Pneumonie bei Früh- und Neugeborenen" veröffentliche Klaus-Ditmar Bachmann gemeinsam mit Prof. Dr. med. Dr. med. h. c. Herwig Hamperl in Marburg die Erstbeschreibung dieses Krankheitsbildes. Jene Form der Lungenentzündung kam damals (1950/52) mit einer Letalität von 80 Prozent nur bei Früh- und Neugeborenen vor. Inzwischen ist dieser Erreger auch gut bekannt bei der AIDS-Erkrankung. Die gemeinsame Ursache für diese beiden unterschiedlichen Altersgruppen liegt in der von den Krankheitserregern herbeigeführten Immun-Suppression.

Die Veröffentlichungen zum Thema "Die angeborenen Tumoren: Insbesondere das Neoblastoma sympathicum und die angeborenen Wilmstumoren" haben als klinische, teils literarische Arbeiten seinerzeit über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinaus erhebliches Interesse sowohl in Skandinavien als auch in Großbritannien hervorgerufen – nicht zuletzt auch wegen der erstmaligen Anwendung von Cyclophosphamid (Endoxan®) im Säuglings- und Kindesalter – durch Klaus-Ditmar Bachmann. Auf Grund seiner einschlägigen wissenschaftlichen Arbeiten gehörte Klaus-Ditmar Bachmann 1967 zu den Mitgründern der Gesellschaft für pädiatrische Onkologie. Mit seiner Untersuchung "Die Mucoviszidose oder auch cystische (Pankreas-)Fibrose" hat Klaus-Ditmar Bachmann in den "Ergebnissen Innere Medizin und Kinderheilkunde" im Jahr 1957 in Fachkreisen große Resonanz gefunden. Diese autosomal-rezessive Erkrankung war damals in Deutschland noch weitgehend unbekannt. 1962 gehörte er zusammen mit Prof. Dr. med. Adolf Windorffer, Erlangen, und Prof. Dr. med. Ulrich Stephan, Essen, zu den Mitbegründern der späteren Deutschen Mukoviszidose-Gesellschaft e.V.

Umfangreich sind auch seine wissenschaftlichen Studien zum Wasser- und Elektrolyt- sowie Säure-Basen-Haushalt. Für die Kinderheilkunde eröffnete sich ein neu erschlossenes Gebiet dadurch, daß mit Hilfe verschiedener Kunststoffe die kleinkalibrigen Blutgefäße von Früh- und Neugeborenen sowie von Säuglingen und Kleinkindern durch einen entsprechenden Kunststoff-Schlauch "eingefädelt" werden konnten. Zuvor kamen für diese Altersgruppen fast ausschließlich subkutane Wasser-Salz-Glukose-Lösungen zur Anwendung. 1955/56 hat Klaus-Ditmar Bachmann mit Hilfe des ersten Zeiss-Flammenphotometers in einem deutschen Universitätsklinikum Analysen der Serum-Konzentration von Salzen (Na, K, Ca) durchgeführt. Bestimmungen des pH-Wertes wurden ebenfalls von Klaus-Ditmar Bachmann durch ein von Prof. Dr. med. Poul Astrup übergebenes pH-Meter vorgenommen. Durch diese beiden Geräte konnten erstmals aus kleinsten Blutmengen optimale Messungen sowohl für die Normalwerte von Gesunden als auch von erkrankten Säuglingen und Kleinkindern die pathologischen Daten ermittelt werden. In dieser Zeit wurden wichtige Impulse zunächst für die postnatale – und ab 1960 auch für die perinatale – Diagnostik durch eine engere Kooperation zwischen Geburtshelfern und Pädiatern gegeben. Klaus-Ditmar Bachmann bearbeitete insbesondere während seiner Tätigkeit an der Universitäts-Frauenklinik Themen wie die neonatale Hypoglykämie, Untersuchungen über die angeborene Hüftgelenksdysplasie und -luxation; Untersuchungen über die Belastungen der neonatologischen Schädelkalotte während der Vakuum-Extraktion im Vergleich zur Zangen-Entbindung und bei aus Schädellage spontan geborenen Kindern.

In Fachzeitschriften und zu Buchveröffentlichungen hat Klaus-Ditmar Bachmann wesentliche wissenschaftliche Beiträge beigesteuert, so neun Beiträge für das Handbuch der Kinderheilkunde, als federführender Mitherausgeber zur ersten und zweiten Auflage von "Pädiatrie in Praxis und Klinik" und als Mitherausgeber des Werkes "Kindesmißhandlung" (Köln 1989). Klaus-Ditmar Bachmann ist Herausgeber von zwei Monographien: "Almanach der Kinderheilkunde" und "Diabetes mellitus im Kindesalter". Auch engagierte er sich für die medizinisch-wissenschaftliche Publizistik und gehörte vom September 1975 bis Ende 1983 als Fachredakteur für Kinderheilkunde der medizinisch-wissenschaftlichen Redaktion des Deutschen Ärzteblattes (Köln) an.

Klaus-Ditmar Bachmann hat ferner in wissenschaftlichen Gremien gewirkt, so insbesondere im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer, zu dessen Vorsitzenden er im Dezember 1986 gewählt wurde. Dieser Aufgabe widmete er sich von 1987 bis Anfang 1999 mit großem Engagement und hat sie durch seine wissenschaftliche Beratungstätigkeit entscheidend geprägt. In dieser Zeit haben interdisziplinäre wissenschaftliche Arbeitsgruppen 57 Verlautbarungen und Memoranden zu unterschiedlichen Themen erarbeitet. Die diffizilen und zumeist komplexen Themen wurden zunächst unter Leitung von Klaus-Ditmar Bachmann im Vorstand des Wissenschaftlichen Beirates, danach von den 35 bis 40 Mitgliedern im Plenum des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer beurteilt und zumeist mit großer Mehrheit gebilligt. Zahlreiche Stellungnahmen sind im Wortlaut auch im Deutschen Ärzteblatt publiziert worden.

Unter der Ägide von Klaus-Ditmar Bachmann hat der Wissenschaftliche Beirat in den zwölf Jahren insgesamt 22 Richtlinien erarbeitet, unter anderem 1982 die "Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes". In die Debatte um die Beratung des Transplantationsgesetzes hat sich der Wissenschaftliche Beirat unter Leitung von Klaus-Ditmar Bachmann auch mit diesen "Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes" (erstmalig 1982 erarbeitet und 1986, 1991, 1997 und 1998 novelliert) aktiv eingeschaltet.

Fünf Monographien, zum Teil größeren Umfangs, sind ebenfalls vom Wissenschaftlichen Beirat erarbeitet worden. Solche Richtlinien wie zum Beispiel die "Richtlinien zur Blutgruppenbestimmung und Bluttransfusion (Hämotherapie)" erhielten 1996 auch durch die Zusammenarbeit mit dem Paul-Ehrlich-Institut sowie unter Nutzung dieser Richtlinien für das in 1998 entstandene Transfusionsgesetz eine hohe Verbindlichkeit für die Ärzteschaft.

Diese beiden Beispiele beweisen, daß die Ärzteschaft über die Befähigung zur Selbstbindung verfügt und einvernehmlich mit dem Gesetzgeber zu kooperieren vermag.

Daneben erarbeitete der Wissenschaftliche Beirat unter Leitung von Klaus-Ditmar Bachmann zwölf Stellungnahmen, die sich mit Informationen zu aktuellen neueren Entwicklungen auch an die breitere Öffentlichkeit richteten, so etwa "Doping im Sport" oder zu strittigen Themen wie "Therapie mit Frisch-, Gefrier- und Trockenzellpräparaten". Daneben sind zwölf Empfehlungen mit informierenden Handlungsvorschlägen zu unterschiedlichen Sachfragen erarbeitet worden, zum Beispiel 1992 ein in Bonn vorgestelltes Memorandum "Arzneibehandlung im Rahmen besonderer Therapierichtungen".

Unter Vorsitz von Klaus-Ditmar Bachmann arbeitete der Wissenschaftliche Beirat eng mit dem früheren Bundesgesundheitsamt, später dem Paul-Ehrlich-Institut und dem Robert-Koch-Institut, zusammen und entwickelte eine Reihe von Richtlinien und Monographien. Dieses Zusammenwirken zwischen dem zuständigen Ressort-Ministerium und den maßgeblichen Bundesoberbehörden und dem Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer hat sich als fruchtbar und hilfreich erwiesen. Die Arbeiten des Wissenschaftlichen Beirats erwiesen sich zur Politikberatung als ein nützlicher Beitrag und als ein fruchtbarer Weg zur interdisziplinären Zusammenarbeit von Wissenschaft und Selbstverwaltungsgremien sowie dem Gesetzgeber.

Klaus-Ditmar Bachmann hat sich durch seine hohe wissenschaftliche Kompetenz, durch seinen außergewöhnlichen ehrenamtlichen Einsatz und durch große Durchsetzungkraft, seine vorbildliche Haltung als Arzt und Wissenschaftler, als akademischer Lehrer, wissenschaftlicher Politikberater um die Patienten, die Wissenschaft, die Forschung, die Medizin, die Ärzteschaft und um die ärztliche Selbstverwaltung sowie um das Gesundheitswesen in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.

102. Deutscher Ärztetag in Cottbus, 1. Juni 1999, Vorstand der Bundesärztekammer, Präsident

(Beifall)

Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht kraft dieser Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hochverdienten Willi Heine in Rostock, Prof. (em.) Dr. med. habil., Facharzt für Kinderheilkunde, die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.

Die deutschen Ärzte ehren in Willi Heine einen Arzt, der sich durch sein Wirken als Arzt, akademischer Lehrer, Wissenschaftler und seinen ehrenamtlichen Einsatz in hervorragender Weise um die ärztliche Versorgung der Patienten, die Forschung und Lehre, das Gesundheitswesen und um das Gemeinwohl in Deutschland verdient gemacht hat.

Geboren am 25. Dezember 1929 in Wittenberge, besuchte er von 1936 bis 1946 in seinem Heimatort die Volks- und Mittelschule, wechselte danach zur Oberschule und legte 1949 das Abitur ab. Im gleichen Jahr nahm er an der Medizinischen Fakultät der Universität Rostock das Medizinstudium auf. Willi Heine beendete das Studium im Jahr 1954 mit dem Staatsexamen; 1956 Promotion im Fach Kinderheilkunde bei Prof. Dr. med. Gerhart Erdmann mit dem Thema "Stoffwechseluntersuchungen bei der Verwendung von desantigenisiertem Tierserum im Säuglingsalter".

Die Pflichtassistenzzeit und das allgemein-praktische Jahr absolvierte Willi Heine von 1954 bis 1956 in Wittenberge. Der Ärztemangel in der damaligen DDR war für ihn ebenso wie für die anderen Absolventen des Medizinstudiums eine große Herausforderung, die neben der beruflichen Beanspruchung im stationären und im ambulanten Bereich mit einer oft 16stündigen Arbeitszeit pro Tag zugleich Eigenverantwortlichkeit und selbständiges Handeln verlangte und eine ganze Ärztegeneration prägte.

Von 1956 bis 1958 war Willi Heine wissenschaftlicher Assistent am Institut für Biochemie an der Martin-Luther-Universität zu Halle/Saale. Von 1958 an war er an der Universitätskinderklinik in Rostock tätig, wo er seine Weiterbildung im Fach Kinderheilkunde aufnahm, die insbesondere durch Prof. Dr. med. Fritz Thoenes und Prof. Dr. med. Gerhart Erdmann nachhaltig gefördert wurde. Im Jahr 1961 erhielt Willi Heine die Anerkennung als Facharzt für Kinderheilkunde. Sein akademischer Lehrer, Prof. Dr. med. Fritz Thoenes, der seine Hochschullehrerlaufbahn unterstützte, bestand auf einer Weiterbildung im Fach Biochemie, die Willi Heine von 1956 bis 1958 bei Prof. Dr. Horst Hanson an der Martin-Luther-Universität in Halle absolvierte. Habilitation bei Prof. Dr. Heinrich Kirchmair im Fach Teratologie zum Thema "Tierexperimentelle Untersuchungen über die teratogenen Wirkungen des Phthalylglutaminsäureimid (Contergan) und seine Abbauprodukte". Willi Heine synthetisierte das Contergan und seine alkalihydrolytischen Abbauprodukte, erzeugte 1965 als einer der ersten Wissenschaftler die typischen Fehlbildungen an Kaninchenembryonen und lieferte den Beweis, daß die Imidringkonfiguration des Phthalylglutaminsäureimids für die teratogenen Wirkungen des Contergans verantwortlich ist.

1967 wurde er zum Dozenten ernannt, nachdem er seit 1963 als Oberarzt wirkte. Erst zehn Jahre nach seiner Habilitation wurde er zum außerordentlichen Professor an der Universitätskinderklinik zu Rostock berufen. Vorlesungen hielt er dort in den Fachgebieten Kinderheilkunde, Ernährungswissenschaft, Endokrinologie, Gastroenterologie, Stoffwechselkrankheiten und Arzneimittelkinetik.

Willi Heine entwickelte nach der politisch bedingten zwangsweisen Unterbindung der vor 1961 geknüpften Beziehungen zu Forschungsgruppen und Firmen in der Bundesrepublik Deutschland ein umfangreiches Sortiment von Infusionslösungen, das zunächst in der Zentralapotheke des Universitätsklinikums in Rostock hergestellt und später in die Produktion des VEB Berlin Chemie übernommen wurde. Die parenteralen Nährlösungen Alvesin, Infesol, Multielektrolytlösungen und chemisch definierte Nahrungen wurden auf diese Weise in Rostock entwickelt und getestet.

Auf der Suche nach nicht invasiven Untersuchungsmethoden griff Willi Heine 1978 das von Rudolf Schönheimer 1940 entwickelte massenspektrometrische Verfahren mit 15N-markierten Tracersubstanzen auf. An der Universitätskinderklinik entstand ein massenspektrometrisches Forschungslabor, das in Kombination mit einem mikroökologischen Arbeitsbereich durch Veröffentlichungen auf dem Gebiet des Eiweißstoffwechsels im Säuglingsalter in kurzer Zeit weltweit bekannt wurde.

Willi Heine erhielt auf Grund seines kreativen Schaffens und seiner internationalen Beziehungen Einladungen zu Vorträgen, unter anderem nach Providence, Chapel Hill, St. Louis, Iowa, Evansville und Houston, die er nach den persönlichen, ihm durch das sogenannte Direktorat für Auslandsbeziehungen bereiteten politischen Schwierigkeiten, nach Protesten bis hin zur Androhung der Einreichung eines Ausreiseantrages schließlich 1984 und 1988 verwirklichen konnte.

Im Jahr 1988 erhielt Willi Heine das Angebot, eine Gastprofessur am Baylor College in Houston/Texas wahrzunehmen. In den Turbulenzen des sich anbahnenden Untergangs der DDR erhielt Willi Heine zusammen mit seiner Ehefrau im Oktober 1988 die Genehmigung, in die USA ausreisen zu können. Er verbrachte ein Jahr am Children’s Nutrition Research Center in Houston, erarbeitete ein später patentiertes Verfahren zur Messung orozökaler Transitzeiten mit 13C-markierten Glykosylureiden und befaßte sich mit der Darstellung von alpha-Laktalbumin aus Molkeneiweiß – einem Schlüsselprotein zur Aufwertung von Säuglingsmilchnahrungen.

Nach der politischen Wende in der ehemaligen DDR 1989 kehrte Willi Heine im September 1990 an seine alte Wirkungsstätte an die Universität Rostock zurück, erhielt dort eine C4-Professur und wurde 1993 zum ordentlichen Universitätsprofessor mit Lehrstuhl ernannt.

Von 1974 bis zu seiner Emeritierung 1996 übernahm Willi Heine die Geschäftsführung der Universitäts-Kinder- und Jugend-Klinik in Rostock. Seitdem ist er weiterhin als Betreuer seiner Forschungsgruppe sowie in zahlreichen ehrenamtlichen Funktionen tätig. Er moderiert die von der Kollath-Eden-Stiftung geförderte, universitätsoffene und seit vier Jahren erfolgreiche Ringvorlesung "Naturheilverfahren und Ernährungsmedizin".

Willi Heine war und ist in verschiedenen wissenschaftlichen Institutionen und Gremien tätig. Bis 1994 war er Mitglied des Committee on Nutrition der European Society for Pediatric Gastroenterology and Nutrition (ESPGAN); von 1995 bis 1997 war er Vorsitzender der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde e.V., von 1996 bis 1998 war er Leiter der Sektion Mecklenburg-Vorpommern der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. und nach der deutschen Wiedervereinigung bis 1999 Vorsitzender der Weiterbildungskommission "Pädiatrie" der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern (Rostock).

Im Jahr 1994 erhielt Willi Heine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft eine Sachbeihilfe, die die Anschaffung eines modernen Massenspektrometers ermöglichte. Zusammen mit seinen Mitarbeitern klärte er die Stoffwechselwege der Glykosylureide sowie die Möglichkeiten ihrer Anwendung in der klinischen Praxis bei der Messung intestinaler Transitzeiten. Der Arbeitsgruppe gelang der Nachweis, daß die Spaltung dieser Substrate von der Anwesenheit des Clostridium innocuum in der Mikroflora des Darmes abhängt.

Unter wissenschaftlicher Anleitung von Willi Heine haben sich sechs Mitarbeiter der Klinik auf dem Gebiet der massenspektrometrischen Untersuchungsverfahren habilitiert. Mehr als 80 Doktoranden und 45 Diplomanden wurden in den Jahren von 1963 bis 1999 von Willi Heine betreut. Er wirkte als Reviewer der "Acta Paediatrica Scandinavica", des "Journal of Pediatric Gastroenterology and Nutrition" sowie mehrerer deutschsprachiger medizinischer Fachzeitschriften. Wille Heine hat bis heute 454 wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht, darunter sieben Buchbeiträge, einschließlich eines Beitrages "Neonatal Protein Metabolism" im Standardwerk Perinatal/Neonatal Metabolism von Richard Cowett. Seit 1990 führten ihn Vortragsreisen zu wissenschaftlichen Kongressen nach Japan, China, Südafrika, Schweden, England, Frankreich und nach Österreich sowie in die Schweiz.

In Anerkennung seines vielfältigen Wirkens und seines wissenschaftlichen Schaffens wurde Willi Heine 1980 mit dem Maxim-Zetkin-Preis der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrie der DDR geehrt, 1998 mit der Kofranyi-Medaille der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin ausgezeichnet.

Willi Heine hat sich durch seinen engagierten Einsatz und seine vorbildliche Haltung als Arzt, als Wissenschaftler, akademischer Lehrer, als Pionier der Kinderheilkunde und als Berater und aktiver Mitarbeiter in Fachgesellschaften und als Buchautor sowie als Staatsbürger um die ärztliche Versorgung der Patienten, die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit, um die Ärzteschaft und die Selbstverwaltung in Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.

102. Deutscher Ärztetag in Cottbus, 1. Juni 1999, Vorstand der Bundesärztekammer, Präsident

(Beifall)

Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht kraft dieser Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hochverdienten Gerhard Loewenstein in Frankfurt, Dr. med., Facharzt für Allgemeinmedizin, die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.

Die deutschen Ärzte ehren in Gerhard Loewenstein einen Arzt, der sich durch sein Wirken als Arzt und als Berufspolitiker mit seiner fast 50 Jahre währenden Tätigkeit in verschiedenen Funktionen in ärztlichen Organisationen, Körperschaften und Selbstverwaltungsgremien, durch sein Engagement für die Entwicklung der Allgemeinmedizin, als Sachverständiger sowie als Staatsbürger um die ärztliche Versorgung der Patienten, die ärztliche Selbstverwaltung, das Gesundheitswesen und das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht hat.

Am 25. März 1915 in Berlin geboren, besuchte Gerhard Loewenstein das Reform-Real-Gymnasium und machte 1933 das Abitur. Von 1933 bis 1939 studierte Gerhard Loewenstein an den Universitäten in Berlin, Halle und Leipzig Medizin; das Staatsexamen absolvierte er am 13. Januar 1940 in Leipzig. Danach durfte er aber zunächst nicht ärztlich tätig sein. Gerhard Loewenstein fand deshalb zunächst eine Arbeitsmöglichkeit in der pharmazeutischen Industrie, dort zum Teil in der Produktion. Im November 1944 wurde er von der Gestapo als "B-Angehöriger" der Organisation Todt zugeführt. Dort wurde er als Hilfsarzt verwendet und Ende Dezember 1944 in das OT-Krankenhaus "Heilfürsorge Leutenberg" eingesetzt, von dem aus mehrere Ausländerlager ärztlich betreut wurden. Nach Kriegsende wurde das Haus wieder in ein Zivilkrankenhaus umgewandelt, in dem Gerhard Loewenstein noch bis zum 16. Juni 1945 tätig war. Vom 22. Juni bis 17. Dezember 1945 arbeitete er als Volontär-Hospitant an der Frauenklinik Frankfurt/Main, wo er das Pflichtassistentenjahr absolvierte.

Ab November 1945 war Gerhard Loewenstein in Frankfurt-Seckbach als praktischer Arzt und Geburtshelfer niedergelassen. Zum Dr. med. promoviert wurde er am 22. November 1948 an der Medizinischen Fakultät der Universität Frankfurt/Main mit dem Dissertationsthema "Zangengeburten in der Frankfurter Universitätsfrauenklinik" bei Prof. Dr. med. Hans Naujoks.

Bereits kurz nach Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit engagierte sich Gerhard Loewenstein in den Gremien der Kassenärzte; 1948 wurde er Mitglied der Prüfungskommission "Ersatzkassen". Erstmals 1953 ist er zum Mitglied der Abgeordnetenversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, Frankfurt/Main, gewählt worden. Sprecher der Abgeordnetenversammlung dieser KV wurde er im Jahr 1965. Die harten Kriegs- und Nachkriegsjahre sowie die ersten beruflichen Erfahrungen waren Schlüsselerlebnisse und Motivation für Gerhard Loewenstein, sich über seine berufliche Tätigkeit hinaus auch für die Belange seiner ärztlichen Kolleginnen und Kollegen und die Entwicklung des Berufsstandes zu engagieren. Sein Wunsch, die beruflichen Geschicke zu beeinflussen und mitzugestalten, wurde durch die Führungsgremien der Bezirksstelle Frankfurt der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen außerordentlich und schnell gefördert.

Zwei Ereignisse prägten seine Prüfarztkarriere: Einerseits kämpfte Gerhard Loewenstein für die Interessen einer modernen, zeitgemäßen Medizin in der Praxis, andererseits ließen ihm seine Objektivität und Unbestechlichkeit keine andere Entscheidung, als sich selbst als Kassenarzt wegen der fachgruppenüberschreitenden Durchschnittszahlen in die Abrechnungskürzung einzubeziehen.

Die Mitarbeit im Geschäftsausschuß, im Landesfinanzausschuß und im Erweiterten Honorarvertrags-Ausschuß der Kassenärztlichen Vereinigung kamen ihm später bei seiner alle Kräfte und Erfahrungen fordernden Arbeit an der Spitze der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zugute. Seine fundierten Kenntnisse und seine kollegialen, persönlichen und menschlichen Kontakte zu seinen Berufskollegen sowie seine Erfahrungen mit dem diffizilen Kassenarztrecht und der Reichsversicherungsordnung haben ihre Wurzeln in dieser Zeit. So ist es denn auch konsequent, daß die Abgeordnetenversammlung der KV Hessen ihn im Jahr 1965 zu ihrem Sprecher wählte. Mit der Ausfüllung dieses Mandats gewann Gerhard Loewenstein weiteres berufspolitisches Profil, und er knüpfte erstmals engere Kontakte zum Vorstand und zur Vorstandsarbeit, die dann 22 Jahre währte.

Am 22. Februar 1969 wählte ihn die Abgeordnetenversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zum stellvertretenden Vorsitzenden. Seine beharrliche und erfolgreiche Tätigkeit im Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen führte dazu, daß Gerhard Loewenstein 1973 erstmals zum Vorsitzenden des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen gewählt wurde. Die Schwerpunkte der Arbeit Gerhard Loewensteins in dieser Zeit waren erstmalig umfassende Analysen der kassenärztlichen Tätigkeit als Grundlage für die kassenärztliche Bedarfsplanung in Hessen, die Auseinandersetzung mit den ersten Kostendämpfungsgesetzen auf Bundesebene und vor allem die Qualitätssicherung im ärztlichen Labor und in anderen Bereichen, aber auch in der Ausarbeitung von neuen Formen des ärztlichen Notfalldienstes sowie im Bau von Ärztehäusern. Sein besonderes Engagement galt der Gründung einer Stiftung zur Errichtung eines Instituts für Allgemeinmedizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Frankfurt/Main – als einer gemeinsam von Kassenärztlicher Vereinigung Hessen und Landesärztekammer Hessen getragenen Einrichtung.

Auf Landes- und Bundesebene engagierte sich Gerhard Loewenstein mit Zielstrebigkeit, Beharrlichkeit und dem ihm eigenen Durchsetzungsvermögen für die Interessen der Allgemeinärzte und die Entwicklung der wissenschaftlichen Allgemeinmedizin. 1971 plädierte er, um die Chancengleichheit aller Studierwilligen zu verbessern, für eine konsequente Aufhebung des Numerus clausus für Landarztkinder und überhaupt für Kinder vom Lande, weil dort die Bildungschancen schlechter verteilt waren als in Ballungszentren und in Großstädten.

Auf Initiative von Gerhard Loewenstein wurden landesweit Notfalldienste und – später – Hintergrundbereitschaftsdienste organisiert und bezahlt, ein Beleg dafür, wie der Sicherstellungsauftrag erfüllt und weiterentwickelt werden kann. In unterversorgten Regionen gründete die KV Hessen Ärztehäuser, die auch aus Mitteln der Sicherstellungsbeiträge aller hessischen Kassenärzte finanziert wurden – eine Initiative in der Ära Gerhard Loewenstein, die allerdings auf Hessen begrenzt blieb. In seine Amtsperiode fiel auch eine über die Landesgrenzen hinaus stark beachtete Protestversammlung der hessischen Kassenärzte am 25. März 1977 in der Jahrhunderthalle zu Hoechst. Gerhard Loewenstein kritisierte vor allem die Verschiebebahnhöfe zwischen den einzelnen Sozialleistungszweigen, die Machtverschiebungen innerhalb des Krankenversicherungssystems und die Kostendämpfungsinitiativen einseitig zu Lasten des Leistungs- und Wettbewerbswillens der niedergelassenen Ärzte. Gerhard Loewenstein sah die Gefahr, daß mit den sich zuspitzenden Auseinandersetzungen um die Gesundheitspolitik und dem damaligen gesellschaftlichen Umbruch die Politik und die "äußeren Gegner" keine Gelegenheit auslassen würden, die Kassenärzteschaft auseinanderzudividieren. Stets mahnte er, an der bisherigen Einmütigkeit in berufspolitischen Entscheidungen festzuhalten und diese über alle Partikularinteressen zu stellen. Ein besonderes Verdienst von Gerhard Loewenstein ist es deshalb, die Interessen der hessischen und auch der gesamten Kassenärzteschaft auf Bundesebene einheitlich und geschlossen vertreten zu haben.

Was er von den Mitgliedern der Abgeordnetenversammlung seiner KV forderte, war stets auch sein eigenes Handlungsaxiom: kritisches Gespräch und rückhaltlose Diskussion vor allem in schwierigen Zeiten und bei diffizilen Problemen. Zielstrebigkeit neben Kenntnisreichtum, Kompetenz und Durchsetzungsvermögen waren und sind Charaktereigenschaften, die Gerhard Loewenstein zu einer überaus erfolgreichen ärztlich-beruflichen sowie berufspolitischen Karriere geleiteten. Sein Pragmatismus, gepaart mit einem großen Arbeitseinsatz, bemerkenswerter Fleiß, verbunden mit Ausdauer und mit einem Faible für Pünktlichkeit und Exaktheit, sowie sein Einsatz bis an die Grenzen der Belastbarkeit offenbaren auch ein Stück Preußentum, das Gerhard Loewenstein stets verkörpert hat.

Der Einsatz- und Aktionsradius, das Interessengebiet von Gerhard Loewenstein sind ebenso vielfältig wie arbeitsintensiv: So wirkte er in den Arbeitsausschüssen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung aktiv mit, unter anderem im Bewertungsausschuß, im Arbeitsausschuß CT-Kosten, in der Arbeitsgruppe Labormedizin, Nuklearmedizin und Packungsgrößen. Auch war er Sachverständiger der Vertragspartner im Rahmen des Bundesmantelvertrages zu Auslegungsfragen des BMÄ/78. Im gemeinsamen Bewertungsausschuß übernahm er bald den Vorsitz. Sein besonderes Interesse galt der Qualitätssicherung; er war Mitglied im Arbeitsausschuß der KBV für diese Fachfragen. Er gehörte auch den gemeinsamen Ausschüssen für Fragen der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und Ärztlicher Notfalldienst der KBV und der Bundesärztekammer an. Lange Jahre war er als KV-Vorsitzender Mitglied des Kuratoriums des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (ZI), Köln, und wegen seiner großen Kompetenz Beiratsmitglied des Förderkreises "Bad Nauheimer Gespräche e.V.". Seit dem enormen Zuwachs ärztlicher Leistungen sowohl bei der Menge als vor allem auch in deren Differenziertheit hat die Auseinandersetzung um die Gebührenordnungen immer größere Konflikte zwischen der Ärzteschaft und den Versicherungsträgern entstehen lassen. Hier hat Gerhard Loewenstein wegen seines Gespürs für Gerechtigkeit und Billigkeit viele tragbare Kompromisse zwischen dem Anspruch der Ärzteschaft auf eine angemessene Vergütung ihrer Arbeit und dem Bestreben der Versicherungsträger, die Ausgabenentwicklung zu zügeln, ausgehandelt. Für Fragen der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte hat er bis 1998 sowohl der Ärztekammer Hessen als auch der Bundesärztekammer noch beratend zur Verfügung gestanden.

Gerhard Loewenstein war aktives Mitglied unter anderem im BPA Berufsverband der Praktischen Ärzte und Ärzte für Allgemeinmedizin Deutschlands e.V., dem heutigen BDA, und im Hartmannbund (Verband der Ärzte Deutschlands e.V.), deren Hauptversammlungen er regelmäßig besuchte.

Bei seinem Rücktritt vom Amt des 1. Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen – am 1. April 1987 – ist Gerhard Loewenstein als ein "Exponent der Wiederaufbaugeneration" bezeichnet worden, eine treffende Charakterisierung des Arztes und Berufspolitikers Gerhard Loewenstein. In Anerkennung seines ehrenamtlichen Einsatzes ist er zum Ehrenvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen gewählt worden; er ist Träger der Ehrenplakette in Gold der Landesärztekammer Hessen. Am 23. April 1987 verlieh ihm die Kassenärztliche Bundesvereinigung aus Anlaß seines Ausscheidens aus den Gremien der KBV und wegen seines berufspolitischen Wirkens die Friedrich-Voges-Medaille.

In Anerkennung seines langjährigen Wirkens als niedergelassener Allgemeinarzt und Geburtshelfer, Förderer der Allgemeinmedizin, seiner ehrenamtlichen Tätigkeit in ärztlichen Gremien und seiner Verdienste um das Gemeinwohl verlieh ihm der Bundespräsident 1980 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, 1987 das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Gerhard Loewenstein hat sich durch seinen unermüdlichen Einsatz und seine vorbildliche Haltung als Arzt, als gewählter Repräsentant in ärztlichen Organisationen, Verbänden und Körperschaften, durch sein aktives Wirken als Berufs- und Gesundheitspolitiker, durch Pflichterfüllung, Aufrichtigkeit als Arzt und Berufs- und Gesundheitspolitiker sowie als Staatsbürger um die ärztliche Versorgung der Patienten, um die Ärzteschaft und die ärztliche Selbstverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.

102. Deutscher Ärztetag in Cottbus, 1. Juni 1999, Vorstand der Bundesärztekammer, Präsident

(Beifall)

Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht kraft dieser Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hochverdienten Wolfgang Schmidt in Berlin, Medizinaldirektor a. D., Dr. med., Facharzt für Lungenkrankheiten, die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.

Die deutschen Ärzte ehren in Wolfgang Schmidt einen Arzt, der sich durch sein Wirken als Arzt und Berufspolitiker mit seiner 50 Jahre währenden Tätigkeit in verschiedenen Funktionen in ärztlichen Körperschaften, Verbänden und Selbstverwaltungsgremien und durch sein Engagement als ehrenamtlich tätiger Richter und Sachverständiger sowie als Staatsbürger an herausragender Stelle im Deutschen Roten Kreuz um die ärztliche Versorgung der Patienten, die ärztliche Selbstverwaltung, das Gesundheitswesen und das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht hat.

Wolfgang Schmidt wurde am 14. Juni 1924 in Hannover geboren und verbrachte dort seine Kindheit und Jugend und besuchte die dortige Leibniz-Schule. Nach dem Reifezeugnis wurde er 1941 zum Wehrdienst einberufen. Nach neunmonatiger Grundausbildung als Sanitätsoffiziersanwärter wurde er zur ärztlichen Akademie der Luftwaffe in Berlin-Waidmannslust versetzt. Hier begann er 1942 sein Medizinstudium – unterbrochen durch Fronteinsätze –, das er in den Jahren bis 1948 an den Universitäten in Würzburg und Göttingen fortsetzte. Im Juli 1948 legte er in Göttingen das ärztliche Staatsexamen mit dem Urteil "sehr gut" ab und erhielt mit Wirkung vom 3. Juli 1948 die Bestallung als Arzt. 1950 wurde er an der Medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin zum Doktor der Medizin promoviert, nachdem er eine Dissertation zum Thema "Die Prüfung der Serumreaktion Knüchel auf ihre Verwertbarkeit bei der Stellung der Aktivitätsdiagnose einer Lungentuberkulose" vorgelegt hatte.

Im August 1948 begann Wolfgang Schmidt am Städtischen Krankenhaus Berlin Tegel-Süd seine Pflichtassistenzarztzeit. Seine klinische Weiterbildung setzte er ab 1. Januar 1950 an der damaligen Städtischen Klinik für Lungenkranke Havelhöhe in Berlin-Spandau fort. Im Oktober 1953 wechselte er als Tuberkulose-Fürsorgearzt an die Tuberkulose-Fürsorgestelle Berlin-Wedding. 1954 erhielt er die Anerkennung als Arzt für Lungenkrankheiten und wurde im selben Jahr zum Leitenden Arzt der Tuberkulose-Fürsorgestelle Berlin-Wedding berufen. Diese Funktion übte Wolfgang Schmidt bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand im Jahr 1989 aus. In dieser Zeit wurde er 1955 zum Medizinalrat und Beamten auf Lebenszeit, 1962 zum Obermedizinalrat und 1972 zum Medizinaldirektor ernannt.

Neben seiner beruflichen Tätigkeit engagierte sich Wolfgang Schmidt in verschiedenen ehrenamtlichen Tätigkeiten. Bereits zu Beginn seiner beruflichen Tätigkeit im Jahr 1948 wurde er zum Betriebsrat für das Städtische Krankenhaus Tegel-Süd gewählt. Viele Jahre war er ehrenamtlicher Arbeitsrichter am Arbeitsgericht Berlin, danach ehrenamtlicher Sozialrichter am Sozialgericht Berlin sowie daran anschließend ehrenamtlicher Richter in einem Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts Berlin. Zeit seines Lebens ist er außerdem als ärztlicher Gutachter in der Sozialversicherung und Sozialgerichtsbarkeit tätig gewesen.

Wolfgang Schmidt gehörte 1950 zu den Mitbegründern des Bundes der Berliner Assistenzärzte (BBA), des späteren Landesverbandes Berlin des Marburger Bundes, und war dessen Vorstandsmitglied. Von 1960 bis 1971 war er 1. Vorsitzender des Marburger Bundes, Landesverband Berlin. In dieser Zeit war er zugleich ständiger Berater des Bundesvorstandes des Marburger Bundes. Als Mitglied der Tarifkommission des Marburger Bundes war er an der Entwicklung und Vereinbarung der Sonderregelungen für Ärzte und Zahnärzte zum Bundes-Angestelltentarifvertrag (SR 2 c BAT) beteiligt. Innerhalb des Bundesverbandes leitete er den Ausschuß "Arbeitskreis Behördenärzte". Von 1965 an war er Vorsitzender der "Gemeinsamen Kommission" zwischen Marburger Bund und Bundesverband der Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Auf europäischer Ebene vertrat er den Marburger Bund im Ausschuß "Angestellte Ärzte" des Comité permanent der EWG-Ärzte und im Comité Fédération Européenne des Médecins Collectivités.

Schon kurz nach seinem Eintritt in den öffentlichen Gesundheitsdienst engagierte sich Wolfgang Schmidt zugleich im Verband der Ärzte und Zahnärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes in Berlin, davon mehrere Jahre als Vorstandsmitglied. Auf Bundesebene arbeitete er im Bundesverband der Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes e.V. mit; er war von 1974 bis 1978 dessen 2. Vorsitzender und danach bis 1982 dessen 1. Vorsitzender und seitdem Berater im erweiterten Vorstand dieses Verbandes.

Aus der berufspolitischen Arbeit im Marburger Bund entwickelte sich das Engagement für die ärztliche Selbstverwaltung. Seit 1955 war er Mitglied des Berufspolitischen Ausschusses der Berliner Ärzteschaft, der damals in Kooperation mit der Ärztekammer Hamburg Kammeraufgaben wahrnahm. Bereits in den 50er Jahren wirkte er bei den wegen des damaligen Sonderstatus von Berlin langwierigen und schwierigen Verhandlungen mit dem Land Berlin über die Gründung einer Ärztekammer auch für das Land Berlin mit. Mit der im Jahr 1962 erreichten Gründung der Ärztekammer Berlin wurde er in die Delegiertenversammlung und von dieser zum Vizepräsidenten gewählt. 1967 wurde er im Amt als Vizepräsident bestätigt und 1971 für vier Jahre zum Präsidenten der Ärztekammer Berlin gewählt. In dieser Zeit hat sich Wolfgang Schmidt besondere Verdienste um den Aufbau der Ärztekammer Berlin und ihre Akzeptanz bei den Mitgliedern erworben. Schwerpunkte seiner Arbeit waren die ärztliche Berufsordnung und die ärztliche Weiterbildung. Darüber hinaus wirkte Wolfgang Schmidt auch einige Jahre als außerordentliches Mitglied in der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin und im Zulassungsausschuß in Berlin mit.

Im Mai 1963 wurde Wolfgang Schmidt vom 66. Deutschen Ärztetag in Mannheim auf Vorschlag des Bundesverbandes des Marburger Bundes als "Vertreter der jüngeren Ärztegeneration" für vier Jahre in den Geschäftsführenden Vorstand der Bundesärztekammer gewählt. 1967 wurde er beim 70. Deutschen Ärztetag in Garmisch-Partenkirchen erneut in den Vorstand der Bundesärztekammer gewählt, nunmehr als "Vertreter der angestellten und beamteten Ärzte". Hieran schloß sich eine weitere vierjährige Mitgliedschaft im Vorstand der Bundesärztekammer als Präsident der Ärztekammer Berlin an.

Wolfgang Schmidt brachte in die Gremien der Bundesärztekammer seine Erfahrungen in vielfältiger Weise ein. Von 1971 bis 1975 war er Vorsitzender des Ausschusses "Ärzte im öffentlichen Dienst", von 1967 bis 1975 Vorsitzender von Ausschuß und Ständiger Konferenz "Ärztliche Gutachten", von 1971 bis 1975 Vorsitzender von Ausschuß und Ständiger Konferenz für "Strahlenschutz" und von 1964 bis 1975 Vorsitzender des Ausschusses "Ärzte in der pharmazeutischen Industrie". Auch auf Bundesebene engagierte sich Wolfgang Schmidt insbesondere für Fragen der ärztlichen Weiterbildung. Von 1963 bis 1964 war er Mitglied im zuständigen Ausschuß und von 1964 bis 1975 stellvertretender Vorsitzender der Ständigen Konferenz "Ärztliche Weiterbildung".

Daneben wirkte er als Mitglied in verschiedenen Ausschüssen und Ständigen Konferenzen mit, die sich mit Berufsordnung, Satzungsfragen, Gebührenordnung und Reform der Gesetzlichen Krankenversicherung beschäftigten. Auf europäischer Ebene war er Mitglied der Ständigen Konferenz für Fragen der EWG, Delegierter und Berater im Ständigen Ausschuß der Ärzte der EWG, Arbeitsgruppe angestellte Ärzte, sowie Vertreter des Vorstandes der Bundesärztekammer beim Internationalen Fortbildungskongreß in Badgastein/Österreich.

Nachdem Wolfgang Schmidt gebeten worden war, für das Amt des Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes, Landesverband Berlin, zu kandidieren, wurde er 1976 in dieses Amt gewählt, das er bis 1991 ausgeübt hat. In diese Zeit fiel die Zusammenführung der Rot-Kreuz-Verbände in beiden Teilen Berlins. Nach Erfüllung dieser schwierigen Aufgabe verzichtete Wolfgang Schmidt auf eine erneute Kandidatur. Während seiner Amtszeit als Präsident des Landesverbandes Berlin war er zugleich von der Bundesversammlung gewähltes Mitglied des Präsidiums des Deutschen Roten Kreuzes.

Während der Amtszeit als Präsident der Ärztekammer Berlin wurde im Jahr 1972 die Kaiserin-Friedrich-Stiftung für das ärztliche Fortbildungswesen im Westteil Berlins reaktiviert. Seit diesem Zeitpunkt wirkte Wolfgang Schmidt als Mitglied des Kuratoriums und seit 1976 als Vorstandsmitglied und Schatzmeister in der Stiftung mit. Seit der Wiedervereinigung und der Rückgabe des im Ostteil Berlins gelegenen Kaiserin-Friedrich-Hauses hat sich der Arbeitsumfang der Stiftung erheblich erweitert, für die er als Schatzmeister die finanziellen Grundlagen vergrößerte und festigte.

In Anerkennung seiner Verdienste in vielen gesellschaftlichen Bereichen erhielt Wolfgang Schmidt im Jahr 1970 das Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, 1974 erhielt er das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und 1983 das Große Bundesverdienstkreuz. Für seine Verdienste um das Deutsche Rote Kreuz wurde er 1979 mit dem Ehrenzeichen des Deutschen Roten Kreuzes ausgezeichnet. Als Zeichen der Anerkennung für die Zusammenarbeit der Rot-Kreuz-Verbände in Berlin und Paris erhielt er 1982 aus der Hand des damaligen Bürgermeisters von Paris, Jacques Chirac, die Goldene Medaille der Stadt Paris. Für seine Verdienste in der ärztlichen Fortbildung wurde er 1975 vom Vorstand der Bundesärztekammer mit der Ernst-von-Bergmann-Plakette und 1986 vom Verband der Ärzte und Zahnärzte des öffentlichen Gesundheitswesens e.V. mit der Johann-Peter-Frank-Medaille für Verdienste im öffentlichen Gesundheitswesen ausgezeichnet.

Wolfgang Schmidt hat sich durch seinen unermüdlichen Einsatz und seine vorbildliche Haltung als Arzt, als gewählter Repräsentant in ärztlichen Organisationen, Verbänden und Körperschaften, durch sein aktives Wirken als Berufs- und Gesundheitspolitiker sowie seine Pflichterfüllung, Aufrichtigkeit und Hilfsbereitschaft als Arzt, Berufs- und Gesundheitspolitiker ebenso als Staatsbürger um die ärztliche Versorgung der Patienten, die Ärzteschaft und die ärztliche

Selbstverwaltung der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.

102. Deutscher Ärztetag in Cottbus, 1. Juni 1999, Vorstand der Bundesärztekammer, Präsident

(Beifall)

Gelegenheit zu einer Dankesansprache hat nun Herr Professor Willi Heine. Bitte.

Prof. Dr. Willi Heine:

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geehrt zu werden für das, was man im Leben geleistet hat, ist etwas, was man in unserem Alter nicht mehr unbedingt erwartet. Wenn dies trotzdem geschieht, ist es für die Betroffenen um so überraschender und zugleich erfreulicher.

Die hier und heute mit der Paracelsus-Medaille der Bundesärztekammer ausgezeichneten Kollegen gehören der Generation an, die durch die schlimmen Kriegs- und Nachkriegsjahre und die Teilung Deutschlands in hohem Maße gefordert war, die enormen Schwierigkeiten der Neuorganisation des Gesundheitswesens in Deutschland zu überwinden. Der hohe Standard der gesundheitlichen Versorgung, über den wir heute in Deutschland verfügen und der uns in Zukunft hoffentlich erhalten bleiben wird, ist das Ergebnis der aufopfernden Arbeit einer ganzen Generation von Ärzten und Schwestern in den zurückliegenden 50 friedlichen Jahren nach dem zweiten Weltkrieg.

(Beifall)

Wir nehmen stellvertretend für diese Generation von Ärzten die hohe Auszeichnung mit der Paracelsus-Medaille der Bundesärztekammer mit Dank und Freude entgegen, wohl wissend, daß in unseren Namen eine ganze Generation von Ärzten geehrt wird, die ihre Pflichten als Arzt und Hochschullehrer in vorbildlicher Weise erfüllt hat. Es ist dies auch der Tag, an dem wir unseren Ehefrauen und Kindern für die vielen Entbehrungen danken möchten, die unser Beruf ihnen auferlegt hat.

(Beifall)

Leider war es unserem Kollegen Wolfgang Schmidt nicht mehr vergönnt, diesen schönen Tag zu erleben. Dies erfüllt uns mit tiefer Trauer. Es tut allemal weh, wenn ein Mann von Talent stirbt, denn "die Welt hat dergleichen nötiger als der Himmel", sagt Georg Christoph Lichtenberg.

Als Kinderarzt erfüllt es mich mit Freude und Genugtuung, daß in diesem Jahr zwei Vertreter unseres Fachgebietes mit der Paracelsus-Medaille ausgezeichnet worden sind. Wir sehen darin eine besondere Wertschätzung unseres Faches seitens der Ärztekammern, und das tut angesichts der vielerorts erkenn-baren Tendenzen, die Kinderheilkunde in die Erwachsenenmedizin zurückführen zu wollen, wohl.

(Beifall)

"Friedlich und heiter ist dann das Alter", sagt Hölderlin in einem seiner lyrischen Gedichte. Nach den Sturm-und-Drang-Zeiten der Jugendjahre steckt darin auch heute noch für den Lebensabschnitt, in dem sich die Ausgezeichneten befinden, ein Körnchen Wahrheit. Weniger Streß, Gelassenheit, Humor und die wohldosierte Erhaltung unserer beruflichen Bindungen tragen offensichtlich ganz wesentlich dazu bei, die geistige Frische im Alter zu erhalten und die Langeweile zu vertreiben. Schopenhauer hat diese Situation der Senioren treffend geschildert, indem er sagte: "Wenn zu einem Zustand der Schmerzlosigkeit noch die Abwesenheit der Langeweile tritt, ist der höchste Grad menschlichen Glücks erreicht."

(Heiterkeit)

Wir, die wir heute mit der Paracelsus-Medaille ausgezeichnet worden sind, sind allen dankbar, die diese Ehrung initiiert haben, und hoffen für uns, daß wir das "sozialverträgliche Frühableben" noch einige Jahre hinauszögern können.

Ich danke Ihnen.

(Beifall – Heiterkeit)

Prof. Dr. Dr. h. c. Karsten Vilmar, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Vielen Dank für Ihre Worte, Herr Professor Heine; sie haben auch mir persönlich gutgetan.

(Beifall - Heiterkeit)

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, wir fahren jetzt fort. Das Wort hat nunmehr die Bundesministerin für Gesundheit, Frau Andrea Fischer, um uns ihre Vorstellungen zur Gesundheitsreform 2000 darzulegen. Ich wäre Ihnen, Frau Ministerin Fischer, sehr dankbar – sicher auch der ganze Ärztetag –, wenn Sie dabei einige klärende Worte zu den Vorwürfen wegen des Arzneimittelverordnungsverhaltens finden könnten, die ja die Ärzteschaft, aber auch die Öffentlichkeit sehr erregt haben.

(Beifall)

Sie haben das Wort.
 


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