Beschlüsse zum TOP III
Rehabilitation
Sicherung und Weiterentwicklung der medizinischen Rehabilitation |
B 36 |
|
Rehabilitation psychosozialer Erkrankungen |
B 42 |
|
Rehabilitation in der Fortbildung |
B 42 |
|
Frührehabilitation |
B 43 |
|
Empfehlungen zur Rehabilitation |
B 43 |
|
Rehabilitation - Versorgungskette wohnortsnah schließen |
B 43 |
|
Rehabilitation - Klare Kostenregelung |
B 44 |
|
Pflegeversicherung / Rehabilitation |
B 44 |
1. Sicherung und Weiterentwicklung
der medizinischen Rehabilitation - Forderungen und Positionen Auf Antrag des Vorstandes der Bundesärztekammer (Drucksache
III-1) unter Berücksichtigung der Anträge von Dr. Metke (Drucksache
III-1a) und Dr. Dietz (Drucksache III-1b) faßt der 102. Deutsche
Ärztetag folgende Entschließung: Forderungen Im Hinblick auf die im
Rahmen der Gesundheits-Reform 2000 vorgesehene Förderung und Stärkung
der Rehabilitation erhebt der 102. Deutsche Ärztetag 1999 gegenüber
den an der Rehabilitation Beteiligten sowie den politisch Verantwortlichen folgende
Forderungen zur Weiterentwicklung der medizinischen Rehabilitation:
1. Ausrichtung von Rehabilitationsmaßnahmen
an medizinischen Kriterien Durch drastische Einschränkungen
des Gesetzgebers wurde sowohl der finanzielle Rahmen für Rehabilitationsleistungen
der Kranken- und Rentenversicherung erheblich beschnitten als auch durch eine
Begrenzung der Leistungsdauer und eine Verlängerung der Intervalle für
Wiederholungsbehandlungen die Rehabilitationsleistung in beträchtlichem
Ausmaß bürokratisch reglementiert und eingeschränkt. Der Gesetzgeber
wird aufgefordert, auf der Grundlage einer bereits erfolgten Gesetzesinitiative
des Freistaates Bayern die bisherige zeitliche Begrenzung von Rehabilitationsmaßnahmen
auf drei Wochen sowie die Regelung, daß diese Maßnahmen nur alle
vier Jahre in Anspruch genommen werden können, entfallen zu lassen. Die
Beurteilung zur Erforderlichkeit medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen
soll nicht mehr durch den Gesetzgeber vorgegeben werden, sondern wieder allein
dem Arzt obliegen. 2. Schlüssel- und
Leitfunktion des Arztes bei der Einleitung und Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen Die den Ärzten in
Praxis und Krankenhaus sowie den Betriebs- und Werksärzten zukommende Schlüsselfunktion
bei der Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen muß gestärkt
werden durch spezielle Fortbildungsmaßnahmen, die zu einer qualifizierteren
Erfassung und Bewertung der Rehabilitationsbedürftigkeit durch standardisierte
Diagnose-Verfahren oder - in Problemfällen - durch eine gezielte Rehabilitationsdiagnostik
(Assessment-Verfahren) befähigen. 3. Vorrangigkeit ambulanter
vor stationärer Rehabilitation Der Grundsatz "So viel
ambulant wie möglich, so viel stationär wie nötig" gilt auch
für den Bereich der medizinischen Rehabilitation. Ambulante Rehabilitationsmaßnahmen
haben daher - wenn medizinisch begründet - grundsätzlich Vorrang vor
einer stationären Rehabilitation. Vor diesem Hintergrund muß der
Auf- und Ausbau ambulanter, möglichst wohnortnaher Versorgungsstrukturen
zukünftig hohe Bedeutung haben. 4. Integration von kurativer
und rehabilitativer Medizin Die medizinische Rehabilitation
hat sich im Rahmen eines vom kurativen Bereich weitgehend getrennten eigenständigen
Sektors mit unterschiedlichen organisatorischen und finanziellen Zuständigkeiten
entwickelt. Diese Trennung erweist sich wegen des zunehmend fließenden
Erkrankungs- und Gesundungsprozesses insbesondere bei chronisch Kranken als
immer problematischer. Eine engere Verzahnung von kurativer und rehabilitativer
Medizin erfordert daher eine stärkere Einbeziehung der im ambulanten und
stationären Akutbereich tätigen Ärzte in das Rehabilitationsgeschehen
und damit eine bessere Zusammenarbeit aller Beteiligten bei der Planung, Konzeptionierung
und Steuerung von Rehabilitationsleistungen, um diese frühzeitig, nahtlos
und kontinuierlich durchführen zu können. 5. Gemeinsame Qualitätssicherungsanforderungen
und indikationsspezifische Therapiekonzepte in der Rehabilitation Allgemein verbindliche,
für die Bereiche aller Träger geltende Qualitätsanforderungen
für das Rehabilitationsverfahren und den Rehabilitationserfolg gewinnen
zunehmend an Bedeutung. Unter Einbeziehung der Ärztekammern müssen
daher die Rehabilitationsträger sowohl gemeinsame Qualitätskriterien
und Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der Rehabilitation festlegen
als auch bedarfsgerechte indikationsspezifische Rehabilitationskonzepte und
Rehabilitationsleitlinien schaffen. 6. Stärkung und Verbesserung
des gegliederten Systems der Rehabilitation Nur unter
der Voraussetzung einer zielgerichteten und effizienten Zusammenarbeit der für
die Rehabilitation zuständigen Leistungsträger auf der Grundlage harmonisierter
Rechtsvorschriften (Kodifizierung eines Sozialgesetzbuches IX) und eines gemeinsamen
Verständnisses von Rehabilitation kann das gegliederte System eine zeitnahe
und nahtlose Rehabilitation durchgängig sicherstellen. Ein Vorleistungsrecht
der gesetzlichen Krankenversicherung vor der gesetzlichen Rentenversicherung
ist vorzusehen. Positionen
und Begründungen Nach der Bundestagswahl
am 27. September 1998 hat die Bundesregierung in der Koalitionsvereinbarung
der Rehabilitation den politischen Stellenwert eines Reformvorhabens beigemessen.
Auch die "Eckpunkte zur Gesundheits-Reform 2000" der Koalitionsfraktionen vom
2. März 1999 sehen eine nachdrückliche Förderung der Rehabilitation
vor. Nach wie vor ist die umfassende Rehabilitation Behinderter und von Behinderung
bedrohter Menschen durch zwei gegenläufige Entwicklungen geprägt.
Einerseits sind im Gesamtbereich der medizinischen, beruflichen und sozialen
Rehabilitation qualitative Veränderungen dadurch zu verzeichnen, daß
die wachsende Zahl älterer, multimorbider und behinderter Menschen, die
Zunahme chronischer Erkrankungen und die rasante Entwicklung in der Arbeitswelt
im Rahmen des Systems der sozialen Sicherheit an die Rehabilitation immer höhere
Anforderungen stellt. Andererseits muß angesichts der Begrenztheit finanzieller
Ressourcen das Leistungsgeschehen in allen Sozialleistungsbereichen - und damit
auch im Bereich der Rehabilitation - hinsichtlich seiner Effizienz auf den Prüfstand
gestellt werden. 1. Ausrichtung von Rehabilitationsmaßnahmen
an medizinischen Kriterien Die steigende Zahl chronisch
Kranker, die Zunahme älterer und multimorbider Menschen sowie die Fortschritte
in der Akut- und Intensivmedizin führen unbestritten zu einem Mehrbedarf
an rehabilitativen Leistungen. Um den Rehabilitationsprozeß möglichst
erfolgreich zu gestalten, müssen medizinische (Akut-)Behandlung, medizinische
Rehabilitation, berufliche Eingliederung und soziale Integration als ganzheitliches
Geschehen verstanden werden und wirksam ineinandergreifen. Hierzu bedarf es
sowohl der Zusammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten verschiedener Fachgebiete
als auch der Zusammenarbeit mit den Angehörigen anderer Fachberufe in der
Rehabilitation. Den in den vergangenen
Jahren enorm gewachsenen Möglichkeiten der Eingliederung Kranker und Behinderter
in Arbeit, Beruf und Gesellschaft durch immer verbesserte Maßnahmen insbesondere
der medizinischen Rehabilitation stehen jedoch nachhaltige Einschränkungen
des Gesetzgebers vor allem durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz
sowie das Beitragsentlastungsgesetz entgegen. Durch diese "Spargesetze" wurde
1996/1997 zum einen der finanzielle Rahmen für Rehabilitationsleistungen
der Kranken- und Rentenversicherung drastisch beschnitten, zum anderen wurde
durch eine Begrenzung der Leistungsdauer und eine Verlängerung der Intervalle
für Wiederholungsbehandlungen die Rehabilitationsleistung in beträchtlichem
Ausmaß bürokratisch reglementiert und eingeschränkt. Zu begrüßen
und nachhaltig einzufordern ist daher eine Ende 1998 erfolgte Gesetzesinitiative
des Freistaates Bayern (Bundesrats-Drucksache 846/98), nach welcher zukünftig
ausschließlich wieder medizinische Kriterien für die Bewilligung
von Rehabilitationsmaßnahmen ausschlaggebend sein sollen. Danach soll
die bisherige zeitliche Begrenzung von Rehabilitationsmaßnahmen auf drei
Wochen sowie die Regelung, daß diese Maßnahmen nur alle vier Jahre
in Anspruch genommen werden können, entfallen. Die Beurteilung zur Erforderlichkeit
medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen soll mithin nicht mehr durch den
Gesetzgeber vorgegeben werden, sondern wieder allein dem Arzt obliegen. Der Gesetzgeber wird aufgefordert,
diesen Gesetzesantrag - neben weiteren, dringend erforderlichen gesetzgeberischen
Maßnahmen - zum Erhalt und zur Sicherung eines auch zukünftig leistungsfähigen
Rehabilitationssystems schnellstmöglich zu beraten und zu verabschieden.
2. Schlüssel- und
Leitfunktion des Arztes bei der Einleitung und Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen Bei der medizinischen Rehabilitation,
die am Beginn eines jeden Rehabilitationsweges steht, hat der Arzt - gleich
ob in niedergelassener Praxis oder im Krankenhaus tätig - eine Schlüsselfunktion.
Er hat nicht nur den Patienten unter dem Gesichtspunkt einer vorausplanenden
Rehabilitation zu beraten, er muß auch in Kooperation mit Ärzten
verschiedener Fachgebiete sowie anderen Berufen den Rehabilitationsprozeß
einleiten und steuern. Damit es in der Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen
zu keiner Zeitverzögerung kommt, muß der Arzt wegen seiner Leitfunktion
bereits zu Beginn einer Erkrankung prüfen, welche Maßnahmen zur Rehabilitation
erforderlich sind und wann sie eingeleitet werden sollen. Zwischen der Behandlung
durch niedergelassene Ärzte oder durch Krankenhausärzte und dem Beginn
von Rehabilitationsmaßnahmen darf keine "therapeutische Lücke" entstehen.
Dies gilt insbesondere für die fachübergreifende Frührehabilitation
im Akutkrankenhaus. Die herausgehobene
Bedeutung insbesondere des niedergelassenen Arztes für die Einleitung von
Rehabilitationsmaßnahmen ergibt sich nicht zuletzt daraus, daß dieser
den Patienten und dessen familiäre und berufliche Situation besonders gut
kennt, so daß sein Urteil und seine Einschätzung bei der Anregung
einer Rehabilitationsmaßnahme für den Ablauf der Rehabilitation von
besonderem Gewicht sein müssen. Deshalb sind vertragliche Bestimmungen
abzulehnen, nach denen Versicherungsträger den Hausarzt bei der Einleitung
von Rehabilitationsmaßnahmen ausgrenzen. Neben einer stärkeren
Berücksichtigung der Rehabilitation in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung
ist es daher unter diesem Aspekt eine wesentliche Aufgabe der Weiterentwicklung
der medizinischen Rehabilitation, durch spezielle Fortbildungsmaßnahmen
die Ärzte in Praxis und Krankenhaus sowie die Betriebs- und Werksärzte
zu einer qualifizierteren Erfassung und Bewertung der Rehabilitationsbedürftigkeit
durch standardisierte Diagnose-Verfahren zu befähigen. In Problemfällen
ist die Rehabilitationsbedürftigkeit durch eine gezielte Rehabilitationsdiagnostik
(Assessment-Verfahren) zu erfassen, welche in einen konkreten Rehabilitationsplan
münden muß. 3. Vorrangigkeit ambulanter
vor stationärer Rehabilitation Der Grundsatz "So viel
ambulant wie möglich, so viel stationär wie nötig" gilt auch
für den Bereich der medizinischen Rehabilitation, d. h. ambulante Rehabilitationsmaßnahmen
haben - wenn medizinisch begründet - grundsätzlich Vorrang vor einer
stationären Rehabilitation. Diese Vorrangigkeit ist derzeit jedoch im Zuständigkeitsbereich
sowohl der gesetzlichen Krankenversicherung wie auch der gesetzlichen Rentenversicherung
infolge eines nur unzureichenden Angebotes an ambulanter Rehabilitation nicht
in erforderlichem Maße realisiert. Der Auf- und Ausbau ambulanter, möglichst
wohnortnaher Versorgungsstrukturen wird deshalb zukünftig hohe Bedeutung
haben. So hebt folgerichtig auch der derzeit im Bundesausschuß der Ärzte
und Krankenkassen in der Diskussion befindliche Entwurf der "Richtlinien über
die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rehabilitation nach § 92 Abs. 1 Satz 2
Nr. 8 SGB V" ausdrücklich auf die Vorrangigkeit ambulanter vor stationärer
Rehabilitation ab. 4. Integration von kurativer
und rehabilitativer Medizin Die medizinische Rehabilitation
hat sich in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen eines vom kurativen Bereich
getrennten eigenständigen Sektors mit unterschiedlichen organisatorischen
und finanziellen Zuständigkeiten entwickelt. In Anbetracht des zunehmend
fließenden Erkrankungs- und Gesundungsprozesses insbesondere bei chronisch
Kranken erweist sich diese Trennung als immer problematischer. Dies gilt vor
allem für chronisch Kranke und Behinderte, bei denen bereits im Hochleistungsbereich
des ambulanten und stationären Sektors nicht mehr starr zwischen kurativer
und rehabilitativer Versorgung unterschieden werden darf. Ziel einer Neuausrichtung
der Rehabilitation muß es daher auch sein, die im ambulanten und stationären
Akutbereich tätigen Ärzte verstärkt in das Rehabilitationsgeschehen
einzubeziehen. Eine engere Verzahnung
von kurativer und rehabilitativer Medizin erfordert darüber hinaus eine
klarere Definition beider Bereiche im Sinne einer Aufgabenzuweisung. Ziel ist
dabei nicht eine Abgrenzung, sondern eine bessere Abstimmung beider Versorgungsbereiche.
Erst wenn Inhalt und Ziel einer ambulanten oder stationären Akutbehandlung
unter Einschluß frührehabilitativer Maßnahmen eindeutig festgelegt
sind, können Fragen der Integration und Kooperation beider Bereiche sowie
deren Zuständigkeiten geklärt werden. Eine engere Verbindung von Kuration
und Rehabilitation muß somit dazu dienen, Diagnostik und Therapie beider
Zweige untereinander abzustimmen. In diesem Zusammenhang ist es ferner zweckmäßig,
auf den zu Mißverständnissen führenden, leistungsrechtlichen
Begriff "Kur" zu verzichten und statt dessen auf der Grundlage einer Änderung
des Sozialgesetzbuches V zukünftig nur noch zwischen Vorsorge-, Kurations-
und Rehabilitationsleistungen zu unterscheiden. Durch eine bessere Zusammenarbeit
aller Beteiligten bei der Planung, Konzeptionierung und Steuerung von Rehabilitationsleistungen
muß sichergestellt werden, daß die notwendigen Rehabilitationsleistungen
frühzeitig, nahtlos und kontinuierlich durchgeführt werden. Eine engere
Kooperation und Koordination sind nicht nur eine Basis für die Überwindung
der Schnittstellen, sie ermöglichen zugleich auch eine effiziente Nutzung
der begrenzten Ressourcen und führt durch Synergieeffekte zu mehr Wirtschaftlichkeit
in der rehabilitativen Versorgung. 5. Gemeinsame Qualitätssicherungsanforderungen
und indikationsspezifische Therapiekonzepte in der Rehabilitation Je differenzierter, flexibler
und vielfältiger die Angebotsstrukturen der jeweiligen Leistungsträger
der medizinischen Rehabilitation werden, um so mehr gewinnen allgemein verbindliche,
für die Bereiche aller Träger geltende Qualitätsanforderungen
für das Rehabilitationsverfahren und den Rehabilitationserfolg an Bedeutung.
Dies erfordert, daß die Rehabilitationsträger unter Einbezug der
nach den Kammer- und Heilberufsgesetzen der Länder für die Qualitätssicherung
ärztlicher Berufsausübung zuständigen Ärztekammern gemeinsame
Qualitätskriterien und Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der
Rehabilitation festlegen und in der Rehabilitationspraxis schnellstmöglich
realisieren. Der Rehabilitationsforschung kommt hierbei eine wachsende Bedeutung
zu. Der je nach Art und Umfang
der verschiedenen Krankheits- und Behinderungsspektren unterschiedliche Bedarf
an Rehabilitationsleistungen erfordert eine flexible Ausrichtung der medizinischen
Rehabilitation. Als Grundlage hierfür müssen bedarfsgerechte, detaillierte
indikationsspezifische Rehabilitationskonzepte und Rehabilitationsleitlinien
geschaffen werden, die von den Rehabilitationsträgern gemeinsam mit den
Ärztekammern erarbeitet werden müssen. Diese Leitlinien müssen
sowohl für die Art und Dauer der Maßnahmen als auch für die
Entscheidung über die Maßnahmeform "Handlungskorridore" eröffnen.
6. Stärkung und Verbesserung
des gegliederten Systems der Rehabilitation Nach geltendem Recht sind
für die Finanzierung medizinischer Rehabilitationsleistungen vor allem
die gesetzliche Kranken-, Renten- und Unfallversicherung zuständig. Diese
unterschiedlichen Zuständigkeiten führen für einen großen
Teil der Versicherten, die bei mehreren Sozialleistungsträgern versichert
sind, zu z. T. beträchtlichen Verzögerungen im Rehabilitationsverlauf.
Trotz aller bisheriger Vereinbarungen und Empfehlungen zur Zusammenarbeit zwischen
diesen Leistungsträgern ist es bis heute immer noch nicht gelungen, eine
zeitnahe und nahtlose Rehabilitation durchgängig sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund
sind daher weniger Art und Umfang erforderlicher Rehabilitationsleistungen,
sondern deren zielgerichteter Einsatz, die Harmonisierung und Koordinierung
der Leistungen sowie ein nahtloser Rehabilitationsverlauf die wesentlichen Probleme
unseres Rehabilitationssystems. Nur unter der Voraussetzung zielgerichteter
und effizienter Zusammenarbeit der Leistungsträger auf der Grundlage harmonisierter
Rechtsvorschriften und eines gemeinsamen Verständnisses von Rehabilitation
kann das gegliederte System Menschen mit einer eingetretenen oder drohenden
Behinderung weitgehende und wirkungsvolle Möglichkeiten der Eingliederung
schaffen und sichern. Der Deutsche Ärztetag
appelliert daher an die verantwortlichen Finanzierungsträger, im Rahmen
einer verstärkten Kooperation bestehende Schnittstellen zu minimieren und
die Verzahnung notwendiger Rehabilitationsprozesse zu optimieren. Eine verstärkte
Kooperation zwischen den Rehabilitationsträgern durch den Abschluß
von gemeinsam getragenen Vereinbarungen ist dringend erforderlich. Die notwendige
Voraussetzung hierfür muß der Gesetzgeber durch eine Weiterentwicklung
des Rehabilitationsrechts mit dem Ziel einer Kodifizierung des Sozialgesetzbuches
IX schaffen. Dieses muß durch eine Vereinheitlichung der Begriffe und
der Abgrenzungskriterien vor allem dazu beitragen, die Rehabilitationsverfahren
der verschiedenen Bereiche möglichst nahtlos ineinander greifen zu lassen.
2. Rehabilitation psychosozialer Erkrankungen
Auf Antrag von Dr. Eisenkeil (Drucksache III-2) faßt der 102. Deutsche Ärztetag folgende Entschließung:
Schädigungen, Fähigkeitsstörungen und Behinderungen als Folge von Krankheiten aus dem psychosozialen Formenkreis wie z.B. psychovegetative Überlastungssyndrome mit körperlichen und/oder vegetativen Symptomen und Fähigkeitsstörungen in der familiären und/oder beruflichen Rolle werden in der Rehabilitation gleich gewichtet wie Schädigungen, Fähigkeitsstörungen und Behinderungen aufgrund rein somatischer Erkrankungen.
Begründung:
Die Rehabilitation insbesondere von Frauen und Müttern, die an psychosozialen Fähigkeitsstörungen von Krankheitswert leiden, muß einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft haben. Die Folgekosten von unbehandelten und damit auch fortschreitenden Erkrankungen der Mütter und auch deren Kinder in diesem Bereich sind mittelfristig und langfristig enorm. Solche Krankheitsbilder können durch geeignete Maßnahmen wie stationäre Heilverfahren (Müttergenesungs- und Mütter-Kind-Kuren) wirkungsvoll gebessert werden. Es besteht aber die Tendenz, solche Heilverfahren von den Kostenträgern restriktiv zu handhaben mit der Begründung, daß es sich bei den genannten Beschwerden nicht um Krankheiten im Sinne der Reha-Gesetzgebung, insbesondere des Paragraphen 111 SGB V handelt.
3. Rehabilitation in der Fortbildung
Auf Antrag von Dr. M. Schulze, Dr. Fabian und Frau Dr. Wahl (Drucksache III-3) beschließt der 102. Deutsche Ärztetag:
Der 102. Deutsche Ärztetag bittet den Vorstand und den Deutschen Senat für ärztliche Fortbildung um verstärkte Berücksichtigung der medizinischen Rehabilitation in den Fortbildungsaktivitäten der Ärzteschaft auf allen Ebenen.
Auf Antrag von Prof.Dr. Grifka und Dr. Mitrenga (Drucksache III-4) faßt der 102. Deutsche Ärztetag folgende Entschließung:
Der Deutsche Ärztetag sieht in dem Konzept der fachübergreifenden Frührehabilitation einen vielversprechenden innovativen Ansatz zur besseren Eingliederung rehabilitativer Aufgaben in die Versorgungsstruktur von Akutkrankenhäusern. Als Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen müssen für diese Form der Frührehabilitation zusätzliche Mittel in ausreichender Höhe zur Verfügung gestellt werden. Der Deutsche Ärztetag hält es für geboten, daß solche Krankenhäuser auf die Mitarbeit von rehabilitationsqualifizierten Ärzten, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und einen sozialen Dienst zugreifen können. Frührehabilitation kann die Qualität und Effektivität der Behandlung steigern, da kurative und rehabilitative medizinisch-therapeutische Maßnahmen unmittelbar aufeinander abgestimmt sind und in engem zeitlichen Zusammenhang stehen.
5. Empfehlungen zur Rehabilitation
Auf Antrag von Frau Dr. Kraemer (Drucksache III-5) faßt der 102. Deutsche Ärztetag folgende Entschließung:
Der Deutsche Ärztetag fordert eine gesetzliche Verpflichtung der Pflegekassen, Empfehlungen zur Rehabilitation den behandelnden Ärzten zur Kenntnis zu geben.
Begründung:
Die Empfehlungen des MDK zur Rehabilitation im Rahmen der Pflegebegutachtung haben das Ziel, die Bewältigung von Krankheitsfolgen zu erleichtern und eine Integration in das Lebensumfeld zu ermöglichen. Der behandelnde Arzt erhält darüber keine Informationen.
Dieses Verfahren führt zu unkoordinierten, therapeutischen und rehabilitativen Maßnahmen, die ihr Ziel verfehlen und Ressourcen verschenken.
Eine Vernetzung von Kostenträgern und Beteiligten in der Rehabilitation muß den behandelnden Arzt einschließen.
6. Rehabilitation - Versorgungskette wohnortsnah schließen
Auf Antrag von Herrn Zimmer (Drucksache III-6) faßt der 102. Deutsche Ärztetag folgende Entschließung:
Der Deutsche Ärztetag hält es für unverzichtbar, Möglichkeiten der ambulanten Rehabilitation auf- und weiter auszubauen. Soweit ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht, um drohende Krankheiten zu verhüten, die Verschlimmerung von Krankheiten zu vermeiden, und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder zu mindern, sind ambulante Vorsorge/Rehaleistungen sinnvoll.
Der Deutsche Ärztetag hält es aber für problematisch, daß diese Leistungen nach dem Willen der Bundesregierung nur in Kurorten möglich sein sollen.
Der Ärztetag begrüßt die Entwicklung neuartiger Formen komplexer Rehabilitation, die nach präziser Definition durchgeführt werden können und für die eine sozialrechtliche Normierung möglich ist (SGB IX).
Der Ärztetag hält die vorgesehene Beschränkung dieser Leistungen auf bestehende stationäre Rehabilitationsleistungen für völlig verfehlt, weil es so in der Mehrzahl der Fälle ausgeschlossen ist, diese Leistungen wohnortsnah zu erbringen.
Außerdem wird durch diese Beschränkung der Aufbau ambulanter Rehabilitationsstrukturen bei niedergelassenen Ärzten, bei Versorgungskrankenhäusern und die Verzahnung zwischen beiden Bereichen stark beeinträchtigt bzw. unmöglich gemacht.
7. Rehabilitation - Klare Kostenregelung
Auf Antrag von Herrn Zimmer (Drucksache III-7) faßt der 102. Deutsche Ärztetag folgende Entschließung:
Der Deutsche Ärztetag fordert den Gesetzgeber auf, die Zuständigkeit für die Rehabilitation bei eingetretener Pflegebedürftigkeit so zu klären, daß es nicht zu fruchtlosen Zuständigkeitsstreitereien kommt. Ziel muß eine möglichst hohe Lebensautonomie auch pflegebedürftiger Menschen sein, nicht die kurzfristige Kostenvermeidung bzw. Kostenverlagerung in andere Bereiche der sozialen Absicherung.
8. Pflegeversicherung / Rehabilitation
Auf Antrag von Dr. Streibl (Drucksache III-9) faßt der 102. Deutsche Ärztetag folgende Entschließung:
Der Deutsche Ärztetag fordert eine gesetzliche Einbindung der behandelnden Ärzte (Hausarzt und Klinikarzt) in die Betreuung der Patienten im Rahmen der Pflegeversicherung.
Begründung:
Täglich werden in allen Praxen Probleme aus dem Kreis "Betreuung, Verordnung, Koordination" im Zuständigkeitsbereich der Pflegeversicherung geleistet, ohne daß bisher eine rechtliche (vertragliche) Regelung hierfür besteht.