Top I: Gesundheits- und Sozialpolitik

Dr. Müller-Dannecker, Berlin:

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe Herrn Hoppe eben schon persönlich erklärt, dass ich für sein Referat ausgesprochen dankbar bin. Ich gebe zu, dass er Frau Fischer rhetorisch deutlich überlegen war. Frau Fischer hat immerzu Gesprächsbereitschaft signalisiert, auch wenn dies rhetorisch nicht besonders gut rüberkam, und deutlich gemacht - das war mein sicheres Gefühl -, dass sie die Hilfe von kompetenten Beratern benötigt.

Herr Hoppe auf der anderen Seite hat in seiner sachlichen Art und Weise Gesprächsbereitschaft von unserer Seite aus signalisiert. Das macht mir Hoffnung. Ich finde es ausgesprochen wichtig, dass die Einnahmenproblematik angegangen wird. Hier spielen die Arbeitslosigkeit und niedrige Löhne eine Rolle. Wir können darauf hoffen, dass hier der wirtschaftliche Aufschwung Änderungen bringt. Es darf bei den Kassen nicht zu einer Risikoselektion kommen, die dazu führt, dass Höchstrisiken, die nicht mehr zu finanzieren sind, irgendwo versichert sind. Wenn vielfach über die Betriebskrankenkassen geschimpft wird, muss ich sagen: Es wundert mich ein wenig, dass gar nicht über die PKV nachgedacht wird. Auch hier ist die gesetzliche Krankenversicherung tangiert, denn immerhin haben sich fast 10 Prozent diesbezüglich aus der Solidargemeinschaft herausgeschlichen.

Ich bin der Meinung, wir benötigen ein System, bei dem alle Berufstätigen einzahlen. Es muss bei den verschiedenen Versicherungsformen eine solide Grundversicherung geben. Es kann durchaus Wettbewerb geben. Darüber hinaus kann man sich gegen entsprechende Bezahlung einen individuellen Leistungskatalog zusammenstellen. Es kann nicht sein, dass die gesetzliche Krankenversicherung zunehmend ausgehungert wird.

Ein Wort zum Budget. Auch meine Haushaltskasse - ich weiß nicht, wie das bei Ihnen ist - ist nicht unbegrenzt. Auch ich möchte mir einen Rolls- Royce oder einen Mercedes vor die Haustür stellen, aber wenn ich mir das nicht leisten kann, geht das eben nicht. Wir müssen als Realität akzeptieren, dass in unserer Gesellschaft die Mittel nun einmal begrenzt sind. Insofern muss darüber diskutiert werden, wie wir mit den begrenzten Mitteln umgehen. Auch innerhalb der Familie muss man das tun.

Wenn wir ehrlich sind und lernen, diese Verantwortung zu übernehmen, werden wir uns fragen: Wie kommt es, dass wir 8 Prozent für die zahnärztliche Behandlung bei Kindern ausgeben, weil wir die Ideologie der weißen und geraden Zähne verfolgen? Damit will ich nichts gegen die Zahnärzte sagen, sondern ich möchte nur die Fragestellung betonen: Was können und was wollen wir uns leisten?

Neben der Einnahmenproblematik müssen wir auch ehrlich miteinander über die Ausgabenproblematik diskutieren. Es trifft sicher zu, dass wir unsere ärztlichen Handlungen Qualitätsgesichert überdenken und uns stärker an Leitlinien orientieren müssen. Wir dürfen uns aber nicht aus der Verantwortung stehlen, indem wir immer nur erklären: Wir brauchen mehr Geld, mehr Geld, mehr Geld! Dann haben wir verspielt. Nur im Dialog mit den Kassen und der Politik werden wir es schaffen, die Probleme zu lösen.

Danke schön.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Schönen Dank, Frau Müller-Dannecker. - Als nächster Redner bitte Herr Dr. Lichte, Niedersachsen.


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