Top I: Gesundheits- und Sozialpolitik

Dr. Huber, Berlin:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schilling hat mich angesprochen. Ich bin nicht der Meinung, dass der Arzt ein guter Samariter sein sollte, der sich ständig für Gottes Lohn einsetzt und die Menschen pflegt und heilt. Ich sehe im Arzt vielmehr einen fachlich kompetenten und menschlich engagierten Träger sozialer und individueller Gesundheit, also eine Leistungskraft, die für die Erfüllung dieser Aufgabe ordentlich bezahlt werden muss. Mein Angebot ist seit Jahren: 200 000 DM vor Steuern, damit das Gejammere über die sinkenden Punktwerte endlich aufhört.

Im Gegenzug, Herr Baumgärtner, müssen die Ärzte bereit sein, im Einzelfall vernünftige und sinnvolle Versorgungsprozesse zu gestalten. Das Morbiditätsrisiko trägt nicht der Arzt, sondern die Bevölkerung.

(Zuruf: Nein, wir!)

Die Situation, dass es eine Grenze gibt zwischen Kassen und Dienstleistungserbringern, ist anachronistisch. Sie wird beseitigt werden. Das erleben Sie tagtäglich in den Auseinandersetzungen. Die KVen zerbrechen und die integrierte Versorgung wird für viele Kolleginnen und Kollegen zum neuen Hoffnungssignal, auch wenn es jetzt noch abgewehrt wird.

Wir erkennen an den ärztlichen Netzwerken zwei Dinge: zum einen Kolleginnen und Kollegen, die genug haben von der entwürdigenden Situation der jetzigen Rahmenbedingungen, die eine neue Versorgung in der Gemeinde auf einer anderen Organisationsbasis wollen; zum anderen Kolleginnen und Kollegen, die den Zug nicht verpassen wollen. Manches Ärztenetz ist heute zu einem Akquisitionskartell für Pharma-Bimbes entartet.

(Widerspruch)

Es gibt Licht und Schatten.

(Zurufe)

- Als Arzt bin ich mitten im Leben tätig.

(Lachen)

Ich bin oft näher an den Problemen, als mancher hier im Raum zu denken wagt.

(Erneute Zurufe)

Die Steuerungskrise, in der wir uns befinden, kann nur gelöst werden, wenn wir eine Pflichtversicherung für alle mit Wahlmöglichkeiten für jeden kombinieren, wenn neue Finanzierungsquellen außerhalb der Lohneinkünfte ermöglicht werden und wenn - das ist die Aufgabe der Ärzteschaft - die Steuerungsverantwortung für den Mitteleinsatz in den Versorgungsprozessen ordnungsgemäß getragen wird. Wenn die Ärzteschaft dies übernimmt, wird

sie auch wieder ordentlich bezahlt werden. Solange sie sich dem verweigert, darf sie sich nicht beklagen, dass sie zu wenig Geld besitzt.

(Zurufe)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Vielen Dank. - Es gibt jetzt den Geschäftsordnungsantrag auf Schluss der Debatte. Er stammt von einem Redner, der zuvor gesprochen hat. Ein solcher Antrag kann daher so nicht gestellt werden. Das möchte ich hier nur feststellen.

Wir fahren also in der Debatte fort. Das Wort hat jetzt Herr Dr. Benninger aus Baden-Württemberg.


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