Top I: Gesundheits- und Sozialpolitik

Dr. Lang, Hessen:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich möchte die Situation aus rechtlicher Sicht vereinfachend darstellen, um klarzumachen, wie verfrüht es aus meiner Sicht ist, dass sich die Ärzteschaft bereits jetzt mit Richtlinien empfehlend an die Öffentlichkeit wendet.

Hier werden sowohl der Abtreibungsparagraph als auch das Embryonenschutzgesetz tangiert. Wenn sich heute ein Paar dazu bekennen würde und es erlaubt wäre, dann müsste der durch die Präimplantation diagnostizierte genetisch kranke Embryo nach dem Embryonenschutzgesetz transferiert werden. Nach dem Embryonenschutzgesetz kann man bei Verstößen mit bis zu sechs Jahren Freiheitsentzug bestraft werden. Das heißt, ein solches Paar hätte, wenn es die Bestimmungen des Embryonenschutzgesetzes einhalten will, gar keine Möglichkeit, den kranken Embryo nicht transferieren zu lassen. Das bedeutet, dass die Frau erst einmal die "Schwangerschaft auf Probe" erdulden muss, wohl wissend, dass sie ein krankes Kind transferiert bekommen hat.

Der Abtreibungsparagraph hingegen schützt die Frau davor. Sie kann sich von diesem kranken Kind zu jedem Zeitpunkt trennen.

Dieses Paar müsste, wenn es sich nicht strafbar machen will, dieses Kind annehmen, um sich später straffrei von ihm trennen zu können. Meine persönliche Auffassung ist: Die Ärzteschaft sollte sich mit Richtlinien und klaren Stellungnahmen zur Bedeutung und zum Segen einer Präimplantationsdiagnostik erst dann äußern, wenn der Gesetzgeber bereit ist, rechtliche Grundlagen zu schaffen, die einen solchen Irrsinn nicht möglich machen.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Vielen Dank. Deshalb habe ich ja auch zum Schrecken der Ministerin gesagt: Man muss das gesamte Themenfeld diskutieren; man darf keine isolierte Diskussion über einen Teil führen. - Als nächster Redner bitte Herr Mörlein, Bayern.


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