Top I: Gesundheits- und Sozialpolitik

Dr. Mörlein, Bayern:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Gynäkologe und berufs- und standespolitisch mit den Problemen der IVF Befasster bin ich vielleicht nicht ganz ein medizinischer Laie, wenn ich zum Themenkomplex Präimplantationsdiagnostik spreche. Herr Hepp hat diese Thematik im letzten "Deutschen Ärzteblatt" sehr differenziert juristisch und ethisch aufgearbeitet - Herr Montgomery eher etwas pragmatisch - und kam zu dem Schluss, er plädiere für ein Verbot.

Ich meine, es ist etwas schwierig, herzuleiten, woher die deutlich höhere Schutzwürdigkeit des Embryos im Achtzellstadium gegenüber dem Fetus in der 16. Schwangerschaftswoche herrührt, bei dem im Rahmen der Amniozentese ohne Zugangskriterien die Pränataldiagnostik in jeder Beziehung freigestellt ist - und das auch noch zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Das heißt, wenn man sich entschließen sollte, die Präimplantationsdiagnostik sehr stringent zu regeln, wofür ja einiges spricht, dann muss man sich am anderen Ende aber auch mit den Bereichen der Pränataldiagnostik wie der Amniozentese beschäftigen; sonst wird das Ganze unglaubwürdig. Man kann den von einer solchen Problematik betroffenen Eltern nur sehr schwer den Unterschied zwischen dem Embryo im Achtzellstadium und dem Fetus in der 16. Woche vermitteln.

Ich bin ebenso wie Herr Lang der Meinung, dass es sich hier um ein sehr schwieriges und differenziertes Thema handelt. Mein Antrag mag vielleicht etwas früh kommen, aber ich glaube, die Entscheidung zum Thema Präimplantationsdiagnostik ist eine Entscheidung, die auch gesellschaftspolitisch getroffen werden muss. Als ein relevanter Teil unserer Gesellschaft sind wir auf dem Deutschen Ärztetag dazu aufgerufen, darüber nachzudenken und zu diskutieren, wie man dieses Problem regeln kann. Wenn Sie sich mit diesen Fragestellungen befassen, denken Sie bitte daran, dass es um zwei unterschiedliche Problemkreise geht. Es geht zum einen um die klassische IVF. Es geht um ein Paar, das auf anderem Wege keine Kinder bekommt. Hier fällt - salopp ausgedrückt - ohnehin ein diagnostizierbarer Embryo an.

Der zweite Problemkreis betrifft Elternpaare mit schwerwiegenden genetischen Problemen. Hier erfolgt die IVF allein deshalb, um einen diagnostizierbaren Embryo zu erzeugen. Meiner Meinung nach muss das extrem stringent geregelt werden. Sie wissen: In zehn von 13 europäischen Ländern gibt es eine ganz liberale Regelung.

Wir müssen uns damit befassen. Anderenfalls bekommen wir das Problem, dass wir zwar eine Zeugung auf Probe praktisch ablehnen, aber den Eltern eine Schwangerschaft auf Probe bis zur 16. Woche zumuten. Das ist nur schwierig zu vermitteln.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Schönen Dank. - Jetzt bitte Herr Montgomery.


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