TopIV: Eckpunkte zur Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Meine Damen und Herren! Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort. Ich rufe Tagesordnungspunkt IV: Eckpunkte zur Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung auf.

Wir haben über die Weiterbildungsordnung bereits auf den Ärztetagen 1996 und 1998 diskutiert. Die Weiterbildungsgremien haben sich unter dem Vorsitz von Herrn Dr. Koch, dem Präsidenten der Bayerischen Landesärztekammer, in vielen Sitzungen Gedanken darüber gemacht, wie die Vorgaben der Ärztetage realisiert werden können.

Herr Schagen aus Berlin hat in einem Brief an mich die Bitte geäußert, aus Anlass des abgelehnten Antrags Thierse/Pickerodt zur (Muster-)Berufsordnung möge jemand vom Vorstand oder der Geschäftsführung der Bundesärztekammer zu bestimmten Fragen Antworten geben, die das Verhältnis von Heilberufsgesetz, Weiterbildungsordnung und Berufsordnung betreffen. Herr Schagen hat darum gebeten, man möge dies vor Eintritt in den Tagesordnungspunkt IV tun. Herr Schagen, ich bitte Sie um Ihr Einverständnis, dass wir zunächst das einführende Referat von Herrn Koch hören. Anschließend werden Frau Wollersheim oder Herr Schirmer zu den von Ihnen gestellten vier Fragen Stellung nehmen. Sind Sie zufrieden, wenn wir so verfahren? Dann kann eine sorgfältige Vorbereitung erfolgen.

Ich bitte jetzt Herrn Dr. Koch um sein Referat zu den Eckpunkten zur Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung.

Dr. Koch, Referent:

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die jetzt gültige (Muster-)Weiterbildungsordnung hat der Deutsche Ärztetag im Jahre 1992 beschlossen. Sie wurde bereits im Jahre 1993 von einigen Landesärztekammern in lokales Länderrecht umgesetzt, konnte allerdings von manchen Ärztekammern aufgrund langer Diskussionen mit ihren Aufsichtsbehörden erst im Jahre 1997 umgesetzt werden.

Ich habe - lassen Sie mich dies bereits jetzt sagen - sehr großes Verständnis dafür, dass von diesen Landesärztekammern Probleme hinsichtlich der Aufsichtsbehörden befürchtet werden, wenn wir nach nur drei Jahren schon wieder über eine Novellierung oder Weiterentwicklung der Weiterbildungsordnung nachdenken und diskutieren. 1992 liegt acht Jahre zurück. Sie wissen, dass sich das medizinische Wissen innerhalb von fünf Jahren verdoppelt. Sie wissen auch, dass die Bedingungen, unter denen wir ärztlich tätig werden, sich in diesen acht Jahren sehr gewandelt haben. Es besteht also Grund genug und ist dringend erforderlich, sich mit einer Weiterentwicklung der Weiterbildungsordnung zu befassen.

Sie haben den zuständigen Gremien der Bundesärztekammer einen entsprechenden Auftrag erteilt. Ich bitte um Ihr Einverständnis, dass ich einleitend die Beschlusslage darstelle, die zu den heutigen Vorschlägen geführt hat.

Das Ganze begann auf dem 100. Deutschen Ärztetag 1997. Damals wurde von diesem hohen Hause ein Beschluss gefasst, dessen wesentlicher Satz lautete: Es soll eine wesentliche Vereinfachung der (Muster-)Weiterbildungsordnung vorbereitet werden.

Auf dem 101. Deutschen Ärztetag 1998 kam es zu verschiedenen Beschlüssen bezüglich einer Änderung der (Muster-)Weiterbildungsordnung. Die Bundesärztekammer und damit ihre Gremien, die sich mit Weiterbildungsfragen befassen, erhielten den Auftrag, eine überarbeitete Entwurfsfassung vorzulegen. Es war genau festgelegt worden, was überprüft werden soll, nämlich zum einen die Weiterbildungsbezeichnungen, ferner die Frage, ob Zusatzbezeichnungen, fakultative Weiterbildungen und Fachkunden in die RegelWeiterbildung übernommen werden sollen und ob eine Zusammenführung von Weiterbildungsbezeichnungen erfolgen soll. Zugleich wurde der Auftrag erteilt, eine Klärung der Frage zur Festlegung der Gebietsgrenzen herbeizuführen.

Ein weiterer Beschluss aus dem Jahre 1998 befürwortet eine Überarbeitung des Paragraphenteils, damit alle Begriffe klar definiert werden. Ich werde im Rahmen meines Referats kurz auch auf diese Problematik eingehen.

Ein weiterer Antrag forderte die Einführung eines neuen Qualifizierungsinstruments im Sinne eines Ärztekammerzertifikats. Es sollte auch festgestellt werden, ob ein solches neues Qualifizierungsinstrument im Rahmen der Fortbildung oder im Rahmen der Weiterbildung angesiedelt werden sollte. Auch dies ist zwischenzeitlich juristisch geprüft worden. Es ist festgestellt worden, dass es sinnvoller ist, eine zusätzliche Qualifizierung unter rechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen der Weiterbildung anzusiedeln und nicht im Bereich der Fortbildung.

Im Jahre 1998 wurden auch einige Anträge an den Vorstand überwiesen: Anträge zur Vereinfachung der Struktur, zu der Frage, welche Weiterbildungsbezeichnungen entfallen können, was in die Fortbildung übernommen werden kann; auch der Antrag, dass zusammengehörige Gebiete und Subspezialisierungen eine gemeinsame BasisWeiterbildung haben sollen.

Eine weitere Vorstandsüberweisung hatte zum Ziel, die Zahl der Qualifizierungsmöglichkeiten deutlich zu reduzieren. Es sollten alle Berufsfachverbände, die freien Verbände und die Gesellschaften an den Beratungen beteiligt werden. Ferner sollte die Möglichkeit der berufsbegleitenden Weiterbildung in der Weiterbildungsordnung geschaffen werden.

Aus allen diesen Anträgen heraus wurden Ziele definiert. Seit 1998 haben sich sowohl die Ständige Konferenz "Ärztliche Weiterbildung" als auch deren Ständiger Arbeitsausschuss mit dieser Problematik befasst.

Die Ziele, die definiert wurden, beinhalten zum einen eine einheitliche Bildungsordnung. Selbstverständlich hat eine Weiterbildungsordnung auch Auswirkungen auf die praktische Tätigkeit, auf das Sozialrecht. Dies sollte sekundär im Paragraphenteil geregelt werden, wenn wir uns über den Inhalt der Bildungsordnung klar geworden sind.

Ferner soll eine transparente Struktur hergestellt werden. In der Vergangenheit wurde vielfach beklagt, dass die derzeit gültige Weiterbildungsordnung von vielen nicht mehr verstanden wird, und zwar nicht nur von den Weiterbildungsbefugten und von den Weiterzubildenden, sondern auch in manchen Kammern gibt es Auslegungsprobleme hinsichtlich der (Muster-) Weiterbildungsordnung oder der jeweiligen lokalen Weiterbildungsordnungen.

Die Begriffe müssen klar definiert werden, sodass jedem klar ist, was sich hinter einem bestimmten Begriff verbirgt. Es sollten keine Verwechslungs- oder Interpretationsmöglichkeiten bestehen.

Die Weiterbildungsordnung sollte flexibler werden. Sie sollte in gleicher Weise sowohl für den stationären als auch für den ambulanten Bereich geeignet sein. Sie wissen, dass das Arbeitszeitgesetz und das Weiterbildungsbefristungsgesetz Schwierigkeiten bereiten, eine Weiterbildung sinnvoll ableisten zu können. Auf diese gesetzlichen Vorgaben sollten wir durch entsprechende flexible Lösungen reagieren, damit diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die derzeit am Beginn ihrer Weiterbildung stehen, diese sinnvoll abschließen können.

Schließlich dürfen alle Maßnahmen, über die wir diskutieren, nicht zu einer Qualitätsminderung führen. Sie sollen im Gegenteil zur Qualitätssteigerung in der Weiterbildung führen.

Wir dürfen nie vergessen, dass es der Sinn der Weiterbildung ist, Ärztinnen und Ärzte letztendlich so zu qualifizieren, dass die Patienten optimal diagnostiziert und behandelt werden können. Dies muss unser oberstes Ziel sein.

Wir haben jede Bezeichnung in der (Muster-)Weiterbildungsordnung unter dem Gesichtspunkt geprüft, wie die Beschlüsse von 1997 und 1998 sinnvoll umgesetzt werden können.

Zum einen gibt es die Bezeichnung "Facharzt". Daneben gibt es in einem Gebiet den Schwerpunkt, ferner die Fachkunden, also kleinere Teile, die man fakultativ erwerben kann, und es gibt die so genannte fakultative Weiterbildung, die spezielle Inhalte aufweist und eingeführt wurde, um eine nicht führungsfähige Bezeichnung zu haben.

Ferner gibt es die Zusatzbezeichnungen, also die Bereiche, die etwas außerhalb angesiedelt sind und nicht direkt etwas mit einem Gebiet zu tun haben. Darüber hinaus gibt es - dadurch entsteht eine gewisse Verwirrung - Fachkunden außerhalb der Weiterbildungsordnung. Denken Sie beispielsweise an die Fachkunde für Strahlenschutz oder an die Fachkunde Rettungsmedizin. Diese Fachkunden haben mit der Weiterbildungsordnung selbst nichts zu tun. Deren Namen können wir durch die Weiterbildungsordnung nicht beeinflussen.

Mit der Fachkunde außerhalb der Weiterbildungsordnung brauchen wir uns hier und heute nicht zu befassen. Sie liegt außerhalb unseres Kompetenzbereichs. Darüber müssen wir nicht diskutieren.

Zu den anderen Bezeichnungen, die es in der Weiterbildungsordnung gibt, möchte ich Ihnen kurz die Beschlusslage erläutern. Ich denke, es ist unbestritten, dass es in einem Gebiet weiterhin die Bezeichnung eines Facharztes geben muss. Darüber gab und gibt es sicherlich keine Diskussionen.

Ich meine, es wird auch keine Diskussion bezüglich des Schwerpunkts geben. Es wird allgemeines Einverständnis darüber bestehen, dass auch weiterhin ein Schwerpunkt bestehen bleiben muss.

Ich komme jetzt zu den Fachkunden. Eine Fachkunde sind beispielsweise die Bronchoskopie, in der Gynäkologie die Exfoliativzytologie, die Sigmoideokoloskopie oder in der Augenheilkunde die Laserchirurgie. Es handelt sich also um einzelne kleine umschriebene Qualifikationen, die man zusätzlich zum Facharzt erlernen kann.

Wir haben bei unserer Überprüfung festgestellt, dass man diese verschiedenen Teile, die in den Fachkunden geregelt sind, in der Weiterbildungsordnung auch anderweitig darstellen kann. Wenn wir die Weiterbildung zum Facharzt als das Obligatorische in einem Gebiet betrachten, könnten diese Fachkunden als nicht obligatorische Anteile bei einem Facharzt mit angesiedelt sein. Wir würden also in der Weiterbildungsordnung definieren, welche Inhalte beim Facharzt gegeben sein müssen. Darüber hinaus würde formuliert: Daneben gibt es noch die Möglichkeit des fakultativen Erwerbs. Dann könnten die Inhalte fortexistieren, aber die Bezeichnung Fachkunde würde nicht mehr benötigt. Es wäre also die Fachkunde als Bezeichnung nicht mehr erforderlich; erforderlich wären aber wohl die Inhalte.

Wir haben dazu vom Vorstand der Bundesärztekammer den Antrag IV-5 vorgelegt. Er beinhaltet, dass der Entfall von Fachkunden beschlossen werden soll, dass aber nach wie vor entsprechende Qualifikationen in der Weiterbildungsordnung enthalten sind. Wir wollen also, wie gesagt, die Bezeichnung entfallen lassen, nicht aber die dahinter stehenden Qualifikationen. Sie können an anderen Stellen der Weiterbildungsordnung angesiedelt werden.

Ich möchte hier einfügen, dass sämtliche Beschlussvorlagen, die Ihnen von der Ständigen Konferenz und vom Vorstand vorgelegt werden, mit überwiegender Mehrheit von der Ständigen Konferenz beschlossen wurden. Bedenken Sie bitte auch, dass die Ständige Konferenz "Weiterbildung" das Fachgremium für Weiterbildungsfragen bei der Bundesärztekammer ist. Dort sitzen die Fachleute aus den Landesärztekammern zusammen. Auch der Ausschuss der Ständigen Konferenz ist sowohl mit Fachleuten für Weiterbildungsfragen als auch mit hauptamtlichen Mitarbeitern der Landesärztekammern besetzt, sodass gewährleistet ist, dass die funktionale Umsetzung in den Landesärztekammern erfolgt, damit nicht etwas beschlossen wird, was nicht praktikabel ist.

Hinsichtlich des Wegfalls der Fachkunden war die Abstimmungsmehrheit nicht so deutlich. Insofern und auch unter dem Gesichtspunkt der Diskussion von heute Vormittag müssen wir bei diesem Tagesordnungspunkt darüber diskutieren, ob wir eine Fachkunde wollen, die führungsfähig ist, oder nicht.

Ich komme zur fakultativen Weiterbildung. Sie wurde, wie ich bereits erklärte, geschaffen, um eine nicht führungsfähige Bezeichnung zu haben. Das ist ein Grund mehr, darüber nachzudenken, ob man dies als Bezeichnung nicht auch streichen kann. Sie hat zu erheblicher Verwirrung auch bei den Weiterbildungsbefugten und den Weiterzubildenden geführt. Beispiele für die fakultative Weiterbildung sind die Spezielle Intensivmedizin, die Spezielle Geburtshilfe, die Perinatalmedizin, die Spezielle Operative Chirurgie, die Urologische Chirurgie und die Molekularpathologie. Die Weiterbildungsgremien waren der Meinung, dass auch diese Inhalte, wenn sie sinnvoll sind, erhalten werden sollen, aber an anderer Stelle der Weiterbildungsordnung angesiedelt werden können, und zwar unterschiedlich je nach ihrer Bedeutung. Die Spezielle Intensivmedizin muss mit Sicherheit erhalten bleiben. Man könnte sie bei den nicht obligatorischen Anteilen oder bei den Zusatzbezeichnungen einfügen. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, die wir heute aber nicht diskutieren müssen. Sie sollten nur wissen: Es gibt Möglichkeiten, diese Punkte unter anderen Bezeichnungen zu erhalten oder sie in die RegelWeiterbildung zu überführen. Denken Sie beispielsweise an die Molekularpathologie, die ursächlich zum Gebiet gehört.

Wir schlagen also vor, die Bezeichnung "fakultative Weiterbildung" entfallen zu lassen, aber nicht die Inhalte. Diese sollten an anderer Stelle, soweit erforderlich, ihren Platz finden. Dazu liegt der Antrag IV-3 vor. Danach wird der Entfall der bisher nicht führungsfähigen fakultativen Weiterbildung befürwortet, allerdings mit dem Zusatz, dass die Inhalte erhalten bleiben sollen, dass der Entfall der Bezeichnung nicht bedeutet, dass alle Inhalte gestrichen werden.

Der nächste Punkt betrifft die Zusatzbezeichnungen, also den Bereich. Hierüber haben wir uns intensive Gedanken gemacht, vor allem auch aufgrund der Erfahrungen jener Landesärztekammern, die die neue (Muster-) Weiterbildungsordnung schon seit vielen Jahren übernommen haben. Dort gibt es einige Probleme. Dazu muss ich etwas ausholen.

Beispiele einer Zusatzbezeichnung sind Allergologie, Spezielle Schmerztherapie, Sportmedizin, Rehabilitationswesen. Dem einen oder anderen von Ihnen wird auffallen, dass es die Spezielle Schmerztherapie als Zusatzbezeichnung in seiner Kammer nicht gibt. Einige Landesärztekammern haben wegen der Probleme mit den Zusatzbezeichnungen manche in der (Muster-)Weiterbildungsordnung stehende Zusatzbezeichnungen nicht übernommen. Ich meine, das sollten wir ändern.

Das Problem bei den Zusatzbezeichnungen liegt im Verhältnis zu den Gebieten. In § 7 Abs. 3 der (Muster-)Weiterbildungsordnung steht:

Neben einer Gebietsbezeichnung darf eine Zusatzbezeichnung jedoch nur geführt werden, wenn der betreffende Bereich in das Gebiet fällt, dessen Bezeichnung der Arzt führt.

Bezweckt werden soll, dass die Gebietsgrenzen nicht erweitert werden.

Lassen Sie mich die Auswirkungen an drei Beispielen verdeutlichen, die - ich gebe es zu - etwas exemplarisch sind. Wenn neben dem Gebiet der Arbeitsmedizin die Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin geführt wird, ist vollkommen klar, dass die Inhalte der Betriebsmedizin in das Gebiet der Arbeitsmedizin fallen. Hier können das Gebiet Arbeitsmedizin und die Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin nebeneinander geführt werden.

Ich komme jetzt zu dem Beispiel Innere Medizin und Handchirurgie. Es ist klar, dass die in der Handchirurgie erworbenen Kenntnisse nichts mit dem Gebiet der Inneren Medizin zu tun haben. Es kann nicht beides nebeneinander geführt werden. Wenn ein Internist den Bereich Handchirurgie erwirbt, darf er das nicht ausüben und die Bezeichnung nicht führen.

Der dritte Fall ist der Problemfall: das Gebiet Innere Medizin und die Zusatzbezeichnung Schmerztherapie. Die Schmerztherapie enthält auch operative Anteile. Der Internist müsste diese operativen Anteile erlernen - das liegt außerhalb seines Gebiets -, dürfte sie aber nicht umsetzen. Es gibt aber einen gewissen Überschneidungsbereich von Inhalten, die auch in das Gebiet Innere Medizin fallen. Da beginnt die Diskussion: Wie groß muss dieser Überschneidungsbereich sein, damit beides geführt werden kann? Müssen es 50 Prozent sein, reichen 10 Prozent aus?

Das Problem scheint unlösbar zu sein. Das ist es aber in Wirklichkeit nicht. Die Lösungsmöglichkeit heißt: Menüsystem. Diesen Begriff haben die Ständige Konferenz und der Ausschuss nicht erfunden. Es gibt bereits eine Landesärztekammer, die ihre Weiterbildungsordnung nach diesem System gestaltet hat. Sie berichtet, dass es hervorragend funktioniert. Sie sehen auf der Leinwand bezüglich der Schmerztherapie die Punkte, die man erlernen muss, um diese Qualifikation zu erwerben. Es gibt zwei Möglichkeiten der Definition. Man kann sagen: Der Internist braucht die Punkte 1, 2, 3 und 10, der Neurochirurg braucht die Punkte 1, 6, 7 und 9, der Anästhesist braucht die Punkte 1, 3, 4 und 8. Die Grundkenntnisse der Schmerztherapie muss allerdings jeder erlernen; es kommen diejenigen Anteile hinzu, die für das jeweilige Fachgebiet relevant sind. Die bereits angesprochene Landesärztekammer hat das Problem etwas einfacher gelöst: Es gibt neun Punkte, die erworben werden können. Man hat festgelegt, dass sechs der aufgeführten Verfahren erworben werden müssen, die in das jeweilige Fachgebiet fallen. Auch dies wäre eine Lösung.

Wir sind der Meinung, dass der Bereich, die Zusatzbezeichnung unbedingt erhalten werden muss, aber mit einem Menüsystem bei den Zusatzbezeichnungen, bei denen es gebietsübergreifende Probleme gibt, weil so eine Problemlösung möglich ist. Das ist Berufsrechtlich sinnvoll handhabbar und steigert die Qualität der Weiterbildungsordnung. Dieses Verfahren ist auch sinnvoll, um im Sinne einer Vereinheitlichung alle Begriffe klar zu definieren. Dann wäre in allen Kammern die gleiche Praxis bezüglich der Führungsfähigkeit gegeben.

Dazu liegt Ihnen der Antrag IV-4 vor, der beinhaltet, dass die Zusatzbezeichnungen als solche bestehen bleiben sollen, dass sie eine gebietsübergreifende Qualifikation darstellen und dass bei solchen Zusatzbezeichnungen, bei denen es ein Problem hinsichtlich der Zuordnung zum jeweiligen Gebiet gibt, eine Menülösung gefunden werden soll.

Sie erinnern sich: Der Deutsche Ärztetag 1998 befürwortete die Überprüfung der Einführung eines neuen Qualifizierungsinstruments. Sie erinnern sich auch an das Ergebnis der juristischen Prüfung, dass dies im Bereich der Weiterbildung angesiedelt werden sollte. Ständige Konferenz und Ausschuss schlagen Ihnen vor, einen so genannten Befähigungsnachweis einzuführen. Beispiele eines solchen Befähigungsnachweises sind die suchtmedizinische GrundVersorgung, die Verkehrsmedizin, ärztliches Qualitätsmanagement. Weiteres ist mit der KV abzusprechen. Es wurde ja angemahnt, dass die Kammern schnell agieren sollen. Hier wäre ein Instrument dafür.

Die einzelnen Punkte, die einzelnen Qualifikationen beim Befähigungsnachweis müssten nicht expressis verbis in der Weiterbildungsordnung stehen. Sie könnten im Anhang aufgeführt werden. In der Weiterbildungsordnung selbst muss allerdings ausgeführt sein, dass es einen solchen Befähigungsnachweis gibt und wie die Grundzüge in diesem Zusammenhang aussehen.

Hierzu legt der Vorstand den Antrag IV-6 vor. Er beinhaltet die Einführung eines solchen Befähigungsnachweises, der definiert ist als fakultative, theoretische und berufsbegleitend zu erwerbende Qualifikation. Im Regelfall ist zum Erwerb der Erkenntnisse ein Weiterbildungsbefugter Arzt nicht erforderlich. Man könnte jedoch auch festlegen, dass dies erforderlich ist. Dann müsste man allerdings beispielsweise Kursleiter mit einer Weiterbildungsbefugnis versehen.

Meine Damen und Herren, dieser Vorschlag ist nicht etwas ganz Neues. Bei einzelnen Landesärztekammern wurde es vom Prinzip her bereits in der (Muster-)Weiterbildungsordnung oder in angrenzenden Regelungen eingeführt, wenn auch mit unterschiedlichen Begriffen: Zertifikat, Qualifikationsnachweis, Ärztekammerzertifikat, Diplom. Bei all diesem geht es im Prinzip um den Befähigungsnachweis. Ich denke, wenn so viele Kammern etwas in dieser Art bereits eingeführt haben, macht das deutlich, dass ein dringender Bedarf besteht. Insofern sollten wir das in die (Muster-)Weiterbildungsordnung aufnehmen und für einen einheitlichen Namen sorgen, um so zu einer möglichst einheitlichen (Muster-)Weiterbildungsordnung zu kommen.

Wir wurden auch beauftragt, uns Gedanken zur Festlegung der Gebietsgrenzen zu machen. In der gültigen Weiterbildungsordnung steht, dass das Gebiet die Prophylaxe, die Erkennung, die Behandlung und die Rehabilitation umfasst. Es ist aufgeführt, um welche Krankheiten es sich im Großen und Ganzen handelt. Ferner ist enthalten, welche Qualifikationen es bei einem Gebiet gibt: Facharzt, Schwerpunkt, Fachkunden, fakultative Weiterbildungen.

Als Beispiel nehme ich die Innere Medizin. Der Einfachheit halber beschränke ich mich auf den Facharzt und die drei Schwerpunkte Nephrologie, Endokrinologie und Kardiologie. Alles ist unter der Überschrift "Gebiet Innere Medizin" beschrieben. Wenn eine Kollegin oder ein Kollege den "Facharzt für Innere Medizin" und den Schwerpunkt Endokrinologie erwirbt, ist doch jedem klar, dass auch die Schwerpunkte Nephrologie und Kardiologie zum Gebiet Innere Medizin gehören. Das wird wohl nicht bestritten. Durch das, was man subjektiv erwirbt, kann man ja die objektiv vorhandenen Gebietsgrenzen nicht verändern. Um bei dem Beispiel zu bleiben: Im Gebiet Innere Medizin hat man die Kompetenz "Facharzt für Innere Medizin" und den Schwerpunkt Endokrinologie erworben, wobei es in dem Gebiet Innere Medizin Weiteres gibt, das aktuell noch nicht erworben wurde, was aber jederzeit möglich wäre.

Ich denke, mit dieser Definition ist es problemlos möglich, die Gebietsgrenzen exakt zu definieren. Das, was ich bisher erklärt habe, steht in der jetzt gültigen (Muster-)Weiterbildungsordnung. Wir sehen überhaupt keinen Grund, bezüglich der Gebietsdefinition und der Gebietsgrenzen die jetzt gültige Weiterbildungsordnung in irgendeiner Weise zu ändern. Es gilt die grundsätzliche Beschränkung auf das Gebiet. Es darf also nur das getan werden, was in das jeweilige Gebiet fällt. Das ist vollkommen klar. Die Gebietsgrenzen dürfen nicht überschritten werden, auch nicht bei Vorliegen einer Zusatzbezeichnung. Sowohl für die Weiterbildungsordnung als auch für das Berufsrecht gilt, dass nur das ausgeübt werden darf, was erlernt wurde. Dazu gibt es inzwischen massenweise Gerichtsentscheidungen. Wenn man in einem Gebiet eine bestimmte Kompetenz erworben hat, darf man aus Berufsrechtlicher Sicht und von der Weiterbildungsordnung her gesehen auch nur im Rahmen dieser Kompetenz tätig werden.

Zu dieser Thematik legt Ihnen der Vorstand den Antrag IV-2 vor. Er beinhaltet, dass das Gebiet wie in der jetzt gültigen (Muster-)Weiterbildungsordnung abschließend definiert wird. Die Definition soll das umfassen, was ich Ihnen eben vorgetragen habe.

Ein weiterer Punkt, über den wir diskutieren müssen, bezieht sich auf den "common trunk". Eigentlich bin ich gegen englische Ausdrücke im deutschen Sprachgebrauch, aber es gibt dafür im Deutschen keinen ganz sinnvollen Ausdruck. Wenn wir von "BasisWeiterbildung" sprechen, ist das etwas anderes als der "common trunk". Mit dem Begriff "StammWeiterbildung", der sicher sinnvoll wäre, habe ich als Bayer etwas Probleme.

"Common trunk" bedeutet die gemeinsame Weiterbildung in einem Gebiet. Der Ständigen Konferenz und dem Ausschuss wurde die Aufgabe der Prüfung übertragen, ob zusammengehörige Gebiete und Subspezialisierungen eine gemeinsame BasisWeiterbildung haben können. Wir haben festgestellt, dass man eine Möglichkeit finden kann, als gemeinsame Weiterbildung einen "common trunk" von zwei bis drei Jahren zu haben, worauf eine Spezialisierung aufbaut, die jeweils mit dem Erwerb des Facharztes endet.

Es klingt alles sehr theoretisch und viele von Ihnen können sich darunter nichts vorstellen. Ich bin mir sicher, dass zum Thema "common trunk" Ihnen die Chirurgen, die Unfallchirurgen und Vertreter anderer chirurgischer Fächer sowie die Orthopäden in einem Redebeitrag demonstrieren wollen, was man darunter versteht und welche Möglichkeiten es gibt. Die Chirurgen sind nämlich schon sehr weit mit ihren Überlegungen gediehen, wie eine Ausgestaltung aussehen könnte.

Zu dieser Thematik legt Ihnen der Vorstand den Antrag IV-7 vor. Er sieht die Möglichkeit einer Strukturierung der Weiterbildung über einen "common trunk" als weitgehend identische Weiterbildung vor. Wir wollen aber nicht festlegen, für welche Gebiete dies gelten soll; denn hierzu müssen von den jeweiligen Gebieten erst einige Voraussetzungen nachgewiesen werden. Wir können als Ärztetag erst dann endgültig darüber beschließen, wenn die Inhalte für die BasisWeiterbildung definiert worden sind und wenn wir uns klargemacht haben, dass eine solche BasisWeiterbildung sinnvoll vermittelbar ist. Wir wollen ja nicht etwas konstruieren, was theoretisch schön klingt, aber in der Praxis nicht umsetzbar ist. Mit diesem Antrag soll also nur ausgedrückt werden, dass es so etwas im Prinzip geben kann.

Wir benötigen hierüber dringend einen positiven Beschluss, damit viele Fachgebiete, die mit einem "common trunk" liebäugeln, eine entsprechende Grundlage haben, um dann darüber nachdenken zu können, ob so etwas für sie sinnvoll wäre oder nicht. Ein solches System ist immer dann sinnvoll, wenn es in der Weiterbildung zum Facharzt eine große Schnittmenge gibt. Außer den Chirurgen denken auch andere Fachgebiete darüber nach, ob so etwas für sie möglich wäre. Deshalb sollten wir vom Prinzip her heute so etwas ermöglichen, um uns im nächsten oder im übernächsten Jahr darüber zu unterhalten, für welche Gebiete so etwas sinnvoll sein kann.

Ein weiteres Problem stellen die MindestWeiterbildungszeiten dar. Es gibt in Europa wenige Dinge, die verbindlich festgelegt sind. Dazu gehört aber beispielsweise die Festlegung, dass für die Spezialisierung drei Jahre vorzusehen sind. Wenn wir in Deutschland für die Spezialisierung nur zwei Jahre vorsehen, haben wir Probleme hinsichtlich anderer Staaten, weil dort drei Jahre gefordert sind. Wenn wir beispielsweise in der Inneren Medizin den Schwerpunkt Kardiologie auf drei Jahre erweitern, kann dieser Schwerpunkt in Frankreich problemlos in den Facharzt für Kardiologie umgewandelt werden. Damit erleichtern wir die Migrationsfähigkeit unserer Kolleginnen und Kollegen in Europa sehr. Insofern sollte die Spezialisierung oberhalb des "common trunk" unbedingt drei Jahre umfassen.

Es wäre natürlich auch die Regelung denkbar, dass die GesamtWeiterbildungszeit sechs Jahre nicht übersteigt. Das lässt sich sicher nicht in jedem Fall realisieren. Darüber kann man erst diskutieren, wenn man die Inhalte kennt, über die wir heute ja nicht sprechen wollen. Deshalb haben wir auch nur einen Antrag bezüglich der drei Jahre vorbereitet.

Das Gleiche gilt natürlich auch für den Schwerpunkt. Hinsichtlich des Schwerpunkts müssen drei Jahre vorgesehen werden.

Der Antrag des Vorstands auf Drucksache IV-8 beinhaltet deshalb nur, dass die Mindestzeiten der SchwerpunktWeiterbildungen drei Jahre betragen sollen, um deutschen Ärztinnen und Ärzten die Migration innerhalb der Europäischen Union zu erleichtern. Ich denke, das ist im Sinne unserer Kolleginnen und Kollegen.

Meine Damen und Herren, mit Eckpunkten, wie eine zukünftige Weiterbildungsordnung von der Struktur her aussehen könnte, ist es natürlich nicht getan. Wir müssen intensiv weiterarbeiten, um alle Punkte, die die Deutschen Ärztetage 1997 und 1998 beschlossen haben, umzusetzen und eine schlagkräftige und moderne Weiterbildungsordnung zu kreieren. Dazu gehört die Reduzierung der Qualifikationen, die sich hinter einer Bezeichnung verbergen. Wir haben es überprüft. Von den derzeit 128 Qualifikationen könnten wir auf knapp 70 herunterkommen, wenn wir in dieser Richtung weiterarbeiteten.

(Beifall)

Es geht um die Frage, ob es sinnvoll ist, neue Qualifikationen einzuführen, und wenn ja, welche es sein sollten. Im nächsten oder übernächsten Jahr wird uns sicher das Thema Akupunktur beschäftigen.

Zwingend erforderlich ist, dass wir die Spiegelstriche bearbeiten, beispielsweise auch in den Richtlinien, um alles, was derzeit nicht oder nicht mehr sinnvoll vermittelbar ist, herauszunehmen. So können Zeugnisse kreiert werden, die alles beinhalten, was ein Facharzt aufweisen muss. Mehr möchte ich an dieser Stelle dazu nicht sagen.

Es ist die Frage zu beantworten, ob wir nicht eine gewisse Strukturierung benötigen. Die Anästhesisten haben uns das mit ihrem Weiterbildungsbuch vorgemacht. Es ist zu fragen, ob es nicht sinnvoll ist, so etwas für die Gebiete generell einzuführen.

Wenn es um die Qualität geht, müssen wir uns auch um das Fachgespräch und um die Prüfung kümmern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man die gesamte Innere Medizin in einem Gespräch von einer halben Stunde Dauer sinnvoll abhandeln kann. Auch in dieser Beziehung müssen wir über sinnvolle Regelungen nachdenken.

Auch der Paragraphenteil muss überarbeitet werden, um einen sinnvollen Bezug zwischen der Weiterbildungsordnung als einer Bildungsordnung und dem Berufs- und Sozialrecht herzustellen. Auch hierzu haben wir einen Antrag, der allerdings sehr allgemein gehalten ist, vorbereitet. Danach sollen Ständige Konferenz und Ausschuss beauftragt werden, auf der Basis der Beschlüsse dieses Ärztetags in dieser Richtung weiterzuarbeiten.

Meine Damen und Herren, die Anträge des Vorstands enthalten alle denselben Vorspann. Ich habe am Anfang meiner Ausführungen darauf hingewiesen, dass in der Ständigen Konferenz die Fachleute vertreten sind, die sich in unserem Lande mit der Weiterbildung befassen. Der Vorstand der Bundesärztekammer war der Meinung, dass das, was die Fachleute kreieren, Ihnen, dem höchsten Organ der deutschen Ärzteschaft, zur freien Entscheidung vorgelegt werden soll, ohne dass etwas durch einen Vorstandsbeschluss präformiert ist.

Ich möchte ganz kurz zusammenfassen. Das Gebiet bleibt nach wie vor als Gebiet bestehen. Wir haben dem nur eine Definition hinzugefügt, die der jetzt gültigen (Muster-)Weiterbildungsordnung entspricht. Auch der Facharzt bleibt als solcher bestehen, ebenso der Schwerpunkt als Schwerpunkt, wobei hier die Weiterbildungszeit drei Jahre betragen sollte.

Alternativ zu dem System Facharzt mit Schwerpunkt sollte die Möglichkeit vorgesehen werden, auch über einen "common trunk" zum Facharzt zu gelangen. Fachkunden und fakultative Weiterbildungen sollten als Bezeichnung entfallen. Die Inhalte sollten allerdings an anderer Stelle in der (Muster-)Weiterbildungsordnung erhalten bleiben.

Der Bereich als solcher, die Zusatzbezeichnung sollten in einem Menüsystem an den Punkten bestehen bleiben, wo es Probleme mit der Gebietsdefinition gibt.

Schließlich sollte als berufsbegleitende Möglichkeit der Weiterbildung ein Befähigungsnachweis eingeführt werden.

Ich darf mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken.

(Anhaltender Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Vielen Dank, Herr Koch, für diese gelungene klare und übersichtliche Einführung, die es ermöglicht, die Diskussion so zu strukturieren, dass wir uns Punkt für Punkt vorwärts arbeiten können, um schließlich zu entscheiden, welche Vorstellungen der Ärztetag mit Ihnen teilt und wie er sich die weitere Entwicklung der Weiterbildungsordnung und die Ausdifferenzierung vorstellt.

Wir schlagen vor, die Themen in folgender Reihenfolge abzuhandeln: allgemein zur Weiterentwicklung der (Muster-)Weiterbildungsordnung; Gebietsdefinition; fakultative Weiterbildung; Zusatzbezeichnung/Bereich; Fachkunde; Befähigungsnachweis; "common trunk"; EU-Konformität.

Wenn Sie mit dieser Aufgliederung einverstanden sind, rufe ich zunächst das Thema Weiterentwicklung der (Muster-)Weiterbildungsordnung im Sinne einer allgemeinen Aussprache auf. Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Emminger aus Bayern. Bitte schön.


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