Anhang A: Beschlüsse und Entschließungen

Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG I – 1

Auf Antrag des Vorstandes der Bundesärztekammer (Drucksache I-1) fasst der 103. Deutsche Ärztetag folgende Entschließung:

Ein freies und soziales Gesundheitswesen
ist der beste Patientenschutz

Die Gesundheitsreform 2000 bleibt inakzeptabel

Der 103. Deutsche Ärztetag 2000 stellt fest: Das vom Deutschen Bundestag Ende letzten Jahres verabschiedete Rumpfgesetz zur GKV-Gesundheitsreform 2000 führt in seiner Konsequenz zu Risikoselektion und weiterer Rationierung in der medizinischen Versorgung. Sektorale Budgets, willkürliche Kostendämpfung, monopolartige Einkaufsmodelle und staatlicher Dirigismus aber sind untaugliche Rezepte für ein modernes, patientengerechtes Gesundheitswesen.

Die rigide begrenzten sektoralen Budgets für die ambulante und stationäre Versorgung sowie für Arznei- und Heilmittel sind rein ökonomisch festgelegt und verhindern so eine bedarfsgerechte Versorgung. Sie sind unflexibel und führen durch die willkürliche Mittelverknappung zu einer Benachteiligung von vorwiegend chronisch und schwer Kranken. Die gleichzeitige Verlagerung des Rationierungsdruckes auf die Ärzteschaft gehört zu den besonderen Tücken des Reformgesetzes.

Auch die im Gesetz angelegte Struktur einer so genannten integrierten Versorgung dient nur der Profilierung der im Wettbewerb stehenden Krankenkassen, nicht jedoch einer besseren medizinischen Versorgung; denn sie wird nicht das Versorgungsniveau erhöhen, sondern gute von schlechten Versorgungsrisiken trennen – zu Lasten der Kranken.

Die von der Regierung proklamierte "Stärkung der Selbstverwaltung" wird damit ad absurdum geführt. Das ärztliche Verhandlungsmandat wird faktisch aufgelöst. Die lediglich fakultative Beteiligung der verfassten Ärzteschaft an der Vertragsgestaltung zur integrierten Versorgung macht den verbleibenden Sicherstellungsauftrag zur Farce.

Die angemessene und qualitativ hochwertige Behandlung und Betreuung der Patienten muss Ziel aller Bemühungen bleiben

Die öffentliche Debatte - insbesondere ausgelöst durch das Bündnis für Gesundheit 2000 - über die Konsequenzen der Gesundheitsreform hat vielen Patienten und Versicherten die Gefahr drohender Rationierung deutlich vor Augen geführt. Wenn auch das Globalbudget und ein grundlegender Systemwechsel verhindert werden konnten, so bleibt auch das sog. Rumpfgesetz ein von Kostendämpfungen geprägter Torso, der an den tatsächlichen Bedürfnissen der Patienten vorbeigeht. Denn es behindert Ärzte in Praxis und Klinik bei ihrer Patientenbetreuung.

Der 103. Deutsche Ärztetag 2000 bekräftigt deshalb seine Forderungen für den Erhalt einer flächendeckenden, qualitativ hochstehenden Versorgung für die Bevölkerung:

Damit Patienten von ihren Ärzten sachgerecht behandelt werden können, müssen die Bedingungen stimmen

Krankenkassen im Wettbewerb können eine flächendeckende und Qualitätsvolle Versorgung ohne Mitwirkung der ärztlichen Selbstverwaltung nicht gewährleisten. Selektive Verträge ohne Mitwirkung ärztlichen Selbstverwaltung gefährden die ärztliche Freiberuflichkeit und die vorrangig an den Notwendigkeiten der PatientenVersorgung orientierte ärztliche Berufsausübung.

Soziale Gestaltung und Wirtschaftlichkeit sind im Gesundheitswesen keine Gegensätze

Die solidarische Absicherung des Krankheitsrisikos muss auch in Zukunft elementarer Bestandteil unserer sozialen Sicherung sein.

Der 103. Deutsche Ärztetag 2000 fordert deshalb von Regierung und Parlament für den Erhalt eines sozialen und solidarisch finanzierten Gesundheitswesens:

Der Wettbewerb ist Qualitätsorientiert zu gestalten: Wenn Wettbewerb zukünftig zum Maßstab der Verteilung im Gesundheitswesen werden soll, brauchen wir eine soziale und Qualitätsorientierte Wettbewerbsordnung.


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