TOP I : Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik
1. Tag: Dienstag, 22. Mai 2001 Nur Nachmittagssitzung

Dr. Caplan, Bayern:

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Frau Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hat sicherlich Bewegung in die Gesundheitspolitik gebracht. Das hat sie auch durch die heutige Rede bewiesen. Sie hat auch Gesprächsbereitschaft gezeigt, indem sie den Runden Tisch installiert hat, bei dem die Vertreter der beiden Körperschaften der Ärzteschaft vertreten sind.

Ich bin der Meinung, dass der 104. Deutsche Ärztetag den Gesundheitspolitikern aufzeigen sollte, wie wir uns eine essentielle Reform des Gesundheitswesens, die wohl nach der Bundestagswahl 2002 anstehen wird, vorstellen. Alle Gutachter, ob Professor Beske oder Professor Henke, haben festgestellt, dass eine solidarisch finanzierte Vollkaskoversicherung nicht mehr finanzierbar ist. Der heutige durchschnittliche Beitragssatz von 13,6 Prozent wird zukünftig wohl auf 25 bis 30 Prozent steigen. Dies würde zu einer für unsere Patientinnen und Patienten unzumutbaren Rationierung von Gesundheitsleistungen führen und wäre gerade das Ende einer solidarisch finanzierten Krankenversicherung. Frau Schmidt hat heute Vormittag ja gerade eine solidarisch finanzierte gesetzliche Krankenversicherung eingefordert.

Deshalb kommen wir langfristig nicht umhin, die gesetzliche Krankenversicherung grundsätzlich zu reformieren und ein gegliedertes Krankenversicherungssystem einzuführen mit einer Begrenzung des GKV-Leistungskatalogs auf Solidarleistungen im Rahmen einer solidarisch finanzierten Krankenversicherung, basierend auf dem Prinzip des Umlageverfahrens, und einer privaten Zusatzversicherung für Individualleistungen, beruhend auf dem Kapitaldeckungsprinzip. Um den Versicherungsbeitrag für die Absicherung der Solidarleistungen, also für die Basisversicherung, möglichst gering zu halten, muss bei sinkender Lohnquote die Finanzierungsgrundlage verbreitert werden. Ich denke hier an Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Einkünfte aus Aktiengewinnen usw. Jeder einzelne Bürger und jede einzelne Bürgerin muss die Möglichkeit haben, Eigenverantwortung zu übernehmen. Das heißt, mittels Selbstbeteiligung muss jeder die Möglichkeit haben, ein zumutbares Teilrisiko zu übernehmen, um dadurch den Versicherungsbeitrag zu reduzieren.

Auch in punkto Lohnfortzahlung sollte jede Versicherte und jeder Versicherte selbst entscheiden können, ab dem wievielten Tag und in welcher Höhe die Lohnfortzahlung abgesichert sein soll.

Nur durch die Schaffung eines gegliederten Krankenversicherungssystems und durch die Förderung der Eigenverantwortung und die Liberalisierung des Versicherungsumfangs haben wir eine Chance, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Finanzierung unserer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung aufrechtzuerhalten und letztendlich die Zweiklassenmedizin zu verhindern. Ich meine, diese Erkenntnis sollte der 104. Deutsche Ärztetag den Gesundheitspolitikern nahe bringen. Deswegen bitte ich Sie, meinen Antrag, der die Forderung nach einer gegliederten Krankenversicherung enthält, positiv zu bescheiden. Der Antrag wird derzeit umgedruckt.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Vielen Dank, Herr Kollege Caplan. Der Antrag, der derzeit noch umgedruckt wird, erhält die Nummer I-5. - Der nächste Redner ist Herr Kollege Ruebsam-Simon. Bitte sehr.

© 2001, Bundesärztekammer.