TOP II: Ausbeutung junger Ärztinnen und Ärzte

2. Tag: Mittwoch, 23. Mai 2001 Nachmittagssitzung

Dr. Hoffert, Berlin:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprechen hinsichtlich der Ausbeutung hauptsächlich von den Weiterbildungsassistenten. Wir sollten diese Diskussion für eine Analyse nutzen. Das Weiterbildungssystem in Deutschland leidet an den folgenden vier Krankheiten:

Erstens. Die Weiterbildungsbefugnis wird zeitlich unbegrenzt erteilt. Es fehlen Trainingsprogramme für Weiterbilder. Nicht jeder gute Arzt ist auch ein guter Lehrer.

Zweitens. Der Weiterbilder in der Klinik kann eine unbegrenzte Zahl von Assistenten haben. Es drängt sich oft der Eindruck auf: Es geht nicht um die Weiterbildung, sondern um die Verhinderung von Planstellen am Arbeitsrecht vorbei.

Drittens. Die Verpflichtung zur Evaluation fehlt. Das ist bemerkenswert, weil die Evaluation längst ein Kriterium für die Qualitätssicherung ist.

Viertens. Bei der Weiterbildung fehlt der gesellschaftliche Bezug.

Ist es vernünftig, ohne Kenntnis des Bedarfs weiterzubilden? Ich nenne Ihnen ein Beispiel aus Berlin. 1998 haben wir in Berlin noch mehr Anästhesisten als Allgemeinmediziner weitergebildet. Daraus ergibt sich ein weiteres Problem: Nicht der Bedarf der Gesellschaft bestimmt die Struktur der ambulanten Versorgung, sondern der Versorgungsbedarf der Ärzte. Eine Weiterbildung am Bedarf vorbei ist aber nicht nur verantwortungslos gegenüber der Gesellschaft, die dafür schließlich zahlt, sondern auch verantwortungslos gegenüber den jungen Kollegen, die zum Teil für die Arbeitslosigkeit ausgebildet werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Vielen Dank, Herr Hoffert. Ich glaube, einige Ihrer Anmerkungen zur Multimorbidität des Weiterbildungswesens werden unter dem Tagesordnungspunkt "Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung" aufgegriffen. - Jetzt bitte Herr Knauer aus Nordrhein.

© 2001, Bundesärztekammer.