TOP II: Ausbeutung junger Ärztinnen und Ärzte

2. Tag: Mittwoch, 23. Mai 2001 Nachmittagssitzung

Dr. Windhorst, Westfalen-Lippe:

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema scheint ausgelutscht zu sein, scheint in allen Facetten bereits dargestellt zu sein. Die Tatsache, dass noch so viele Delegierte anwesend sind, ist gut und stellt einen Beweis dafür dar, dass das gesamte Plenum der Ärzteschaft diese Problematik lösen will.

(Beifall)

Die heile Welt von Ulla Schmidt wird in Bezug auf die Beitragssatzstabilität sicher einen Sprung bekommen, wenn wir uns dieses Themas mit großer Geschlossenheit widmen. Die nun 20 Jahre dauernde Kostendämpfungspolitik zulasten der Ärzte kann nicht fortgesetzt werden. Wir müssen das durch unsere Beschlüsse hier und heute beenden. Die Entwicklung der letzten 20 Jahre bedeutet die große Gefahr, dass es zukünftig nicht mehr möglich ist, die gute Qualität der ärztlichen Leistungen aufrechtzuerhalten. Ob dies illegal oder kriminell oder gar beides wäre, das ist völlig gleichgültig.

Ich möchte Sie im Besonderen auf den Antrag II-20 verweisen, der aus drei Teilen besteht. Alle drei Teile sind gut. Im ersten Teil wird die Abschaffung des AiP gefordert. Ich fordere Sie auf, das zu unterstützen. Der AiP ist das beste Beispiel für Ausbeutung. Es gibt keine andere Arztgruppe, die so sehr mit dem Rücken an der Wand steht!

(Beifall)

Der zweite Punkt des Antrags 20 fordert die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes und die Umsetzung des EuGH-Urteils. Hier wird ganz klar gefordert: Bewegt euch!

Der dritte Punkt betrifft die Qualitätssicherung der Weiterbildung. Darauf komme ich gleich zurück.

Ich habe fünf Botschaften, die fordern, dass diese Misere nicht mehr geduldet werden soll. Das muss man sich einmal vorstellen: Eine solche Situation wird von allen Stellen geduldet, die Verantwortung tragen, besonders von der Politik!

Die erste Botschaft geht an die Betroffenen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sie betroffen sind, nehmen Sie ebenso wie die beiden Gastreferenten, die wir gehört haben, Ihren Mut zusammen, klagen Sie gegen Ihr Haus! Führen Sie Musterprozesse, schließen Sie sich Sammelklagen an, wenden Sie sich an den Marburger Bund, wenn Sie an Ihrem Krankenhaus leider keinen Kollegen haben, der so unangreifbar ist wie beispielsweise ich als Chefarzt, der ich so etwas jederzeit unterstützen würde. Ich bin auch nicht der Meinung meines Kollegen Chefarzt aus Berlin, der heute Vormittag geredet hat. So können wir uns nicht aus der Affäre ziehen; auch wir tragen Verantwortung.

(Beifall)

Die zweite Botschaft richtet sich an die Arbeitgeber. Im März 2000 sind die Verhandlungen über die Manteltarifverträge für gescheitert erklärt worden. Die VKA muss diese Gespräche wieder aufnehmen, aber zu Bedingungen, die rechtens sind, nicht in Richtung einer weiteren Duldung der Missstände.

Die dritte Botschaft geht an die Politik. Sie ist für mich der wichtigste Ansprechpartner. Die Gewerbeaufsichtsämter müssen aktiv werden, damit objektiv festgestellt wird, was man uns vielleicht nur als Larmoyanz oder Inkompetenz unterstellt. Wir haben nichts zu verbergen; die Situation an den Krankenhäusern kann ganz offen dargestellt werden.

Die Staatsanwälte habe ich bereits angesprochen.

Die Empfänger der fünften Botschaft sind die Bürger. Was erwarten die potenziellen Patienten von morgen von den Krankenhäusern? Können sie eine qualitätsgesicherte Versorgung von einem Kollegen erwarten, der schon 30 Stunden im Dienst ist und in jedem Patienten den Gegner sieht, als jemanden, den man im Nahkampf eliminieren muss? Das kann es doch nicht sein!

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Vielen Dank, Herr Windhorst. - Der nächste Redner ist Herr Dr. Kuhnigk. Er ist geladener Gast. Ich begrüße ihn herzlich. Er kommt vom Arbeitskreis "Junge Ärztinnen und Ärzte" der Ärztekammer Berlin. Bitte schön, Herr Kuhnigk.

© 2001, Bundesärztekammer.