TOP II: Ausbeutung junger Ärztinnen und Ärzte

2. Tag: Mittwoch, 23. Mai 2001 Nachmittagssitzung

Dr. Dietz, Bayern:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wohl alle Ärztinnen und Ärzte, ob jünger oder älter, haben höchsten Arbeitsdruck, Idealismusverbrauch und -missbrauch in der Weiterbildung und in den Klinikabschnitten hinnehmen müssen. Ich möchte an die Situation vor 20, 25 Jahren erinnern: Nachtdienst ohne anschließende Ruhezeiten.

Im Unterschied zu heute gab es eine gewisse Hoffnung, dass Ausbeutung und Repression wie ein vorübergehendes Fegefeuer für die spätere Qualifikation und eventuell für spätere Kompensation der finanziellen Opfer als Kassenarzt, als Oberarzt und als Chefarzt hingenommen werden können.

Was empfängt die jungen Kolleginnen und Kollegen draußen in der Praxis, falls überhaupt noch ein Vertragsarztsitz frei ist? Repressionen durch das Budget in Form der Honorarrichtgrößen, Pflicht zur Erbringung auch nicht wirtschaftlich zu erbringender Leistungen, Arbeitszeiten von mehr als 60 Stunden, Erfüllung des Sicherstellungsauftrags durch Tagdienst, Nachtdienst, Notdienst und Haftungsdruck, der ins Unerträgliche steigt, bei steigendem Qualitätsdruck. Das alles geschieht unter dem Motto - Herr Thomas hat es bereits gesagt -: volles freiberufliches Risiko, unter Zwangsbewirtschaftung staatlich verordnet, da und dort unter Bankaufsicht. Einige Anträge fordern - nicht der Leitantrag -, dass wir unsere Leistungen gegen tarifliche Bezahlung erbringen sollen. Diesen schwarzen Peter können wir nicht übernehmen. Wenn wir in der überwiegenden Mehrzahl angemessen bezahlen wollen, ist die Frage zu stellen, ob unter diesen Bedingungen die Weiterbildung aus den immer geringer werdenden Ressourcen des Gesundheitswesens überhaupt noch zu finanzieren ist oder ob wir diese Aufgabe nicht dem Staat zurückgeben müssen. Er soll das dann managen, bezahlen und eventuell Referendariate gründen. Das wäre eine der Konsequenzen.

Es ist wirklich höchste Zeit - insofern bin ich allen dankbar, die diesen Punkt auf die Tagesordnung gesetzt und ausgefüllt haben -, dass wir gemeinsam solidarisch und mit allem legalen Druck uns dagegen wehren, dass das Arztsein immer mehr unattraktiv und zerstörend für Ärztinnen und Ärzte wird. Wir müssen gemeinsam mit allem Druck und solidarisch in der Öffentlichkeit deutlich machen, was auf uns zukommt, bevor der Gesundheitsmarkt zusammenbricht. Die Greencard wird es nämlich nicht richten.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Schönen Dank, Herr Dietz. - Als nächster Redner bitte Herr Kollege Ungemach aus Baden-Württemberg.

© 2001, Bundesärztekammer.