TOP II: Ausbeutung junger Ärztinnen und Ärzte

2. Tag: Mittwoch, 23. Mai 2001 Nachmittagssitzung

Dr. Jonitz, Vorstand der Bundesärztekammer:

Genau darum geht es: Wir müssen uns wehren. Es ist bereits ein wichtiger Punkt, dass wir heute darüber diskutieren. Ich möchte einem meiner Vorredner widersprechen, der erklärt hat: Wir kommen zehn Jahre zu spät. Der Deutsche Ärztetag hat sich nämlich 1972, 1989 und vor drei Jahren mit dem Thema Arzt im Krankenhaus beschäftigt. Wir befinden uns moralisch gesehen ganz klar auf der Seite der Guten. Jedem Patienten ist mühelos zu vermitteln, dass der jetzige Zustand unhaltbar ist.

Wir Ärzte sitzen alle in demselben Boot, ob niedergelassen oder im Krankenhaus, ob jung oder alt. Wir saufen alle ab, wenn unsere jungen Ärztinnen und Ärzte absaufen. Dies geschieht derzeit. Deshalb kämpfen wir hier gemeinsam für die Durchsetzung der Anliegen unserer jungen Kolleginnen und Kollegen.

Man kann sehr viel tun. Als Kammerpräsident möchte ich zwei Instrumente anführen. Wir haben in Berlin mindestens einem leitenden Arzt die Befugnis wegen mangelnder persönlicher Eignung vorenthalten. Er hat unmissverständlich zugegeben, dass er einige seiner Assistenten herausboxen will, weil er sie nicht gebrauchen kann. Mittlerweile ist für diesen Fall ein Moderationsverfahren eingeführt worden. Man hat sich mittlerweile zwischen dem Chefarzt und den nachgeordneten Ärzten insofern einigen können, als die nachgeordneten Ärzte inzwischen damit einverstanden sind, dass der Chefarzt die Befugnis bekommt.

Wie geht man mit dem Zustand um, dass ein Krankenhausträger einen leitenden Arzt erpresst? Die von Herrn Koch angeführten Beispiele waren schlagend. Vielleicht kann man sie auch in gedruckter Form zur Verfügung gestellt bekommen, damit man entsprechend zitieren kann. Natürlich kann eine Kammer, weil sie sachkundig ist und einen öffentlich-rechtlichen Status hat, entsprechend politisch tätig werden und mit dem Krankenhausträger sowie der Aufsichtsbehörde reden. Wenn das nichts fruchtet, kann sich die Kammer auch an die Öffentlichkeit wenden und auf diese Art und Weise politischen Druck erzeugen. Dieser Instrumente müssen wir uns bedienen.

Ich appelliere an alle Kolleginnen und Kollegen: Nehmen Sie bitte Ihre Kammern ernst, nehmen Sie die Kammern in die Pflicht!

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die "Ärztlichen Nachrichten" des Marburger Bunds richten. Exemplare dieser Zeitschrift liegen im Foyer aus. Dort ist eine Stellenanzeige aus dem Ausland veröffentlicht, die mich mit großer Hoffnung erfüllt, dass wir solche Zustände eines Tages auch in Deutschland erleben werden. Es werden Fachärzte für Radiologie, Kinderheilkunde, Urologie, Kardiologie und Psychiater gesucht. Geboten werden: Arbeiten im Team, 40 Urlaubstage, sehr attraktive und hervorragende Vergütung, 38-Stunden-Woche, Facharztausbildung während der Arbeitszeit und ein Firmenfahrzeug.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hoffe, wir erleben dies eines Tages hier in Deutschland auch noch.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Schönen Dank, Herr Jonitz. Interessiert sich jemand noch näher für diese Anzeige? Möchte er vielleicht die Chiffrenummer haben? - Als nächster Redner bitte Herr Schröder aus Berlin.

© 2001, Bundesärztekammer.