TOP V: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer
4. Tag: Freitag, 25. Mai 2001 Nur Vormittagssitzung

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Wir kommen jetzt zu dem großen Themenblock Vergütungsfragen, insbesondere GOÄ. Ich brauche die einzelnen Nummern der Anträge nicht vorzulesen, da Sie dies hier auf der Leinwand sehen können.

Wir beginnen mit dem Antrag des Vorstands auf Drucksache Nr. V-9. Herr Thomas möchte gegen den Antrag sprechen. Bitte schön.

Dr. Thomas, Westfalen-Lippe:

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich erinnere mich, dass Sie in diesem hohen Hause immer wieder die Diskussion über die GOÄ geführt haben und dass wir früher über die Vertragsgebührenordnung gesprochen haben. Ich spreche gegen den Antrag V-9 ab dem zweiten Abschnitt. Der erste Abschnitt ist in Ordnung. Ihn sollten wir annehmen. Ich spreche gegen die Weiterentwicklung des Vorschlagsmodells, das Verhandlungen mit der privaten Krankenversicherung, dem Gesetzgeber und den Ländern vorsieht. Der Antrag des Vorstands drückt die Hoffnung aus, dass man die politische Zusage erhält, dass diese Vereinbarung auch umgesetzt und durchgesetzt wird.

In § 11 der Bundesärzteordnung steht, dass die Bundesregierung ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats die Entgelte für die ärztlichen Tätigkeiten in einer Gebührenordnung zu regeln, wobei Mindest- und Höchstsätze für die ärztlichen Leistungen festzusetzen sind und den berechtigen Interessen der Ärzte und der zur Zahlung Verpflichteten Rechnung zu tragen ist.

Meine Damen und Herren, dort ist alles ausgedrückt. Wir dürfen den Staat aus seiner Verpflichtung, eine offizielle Gebührenordnung zu erlassen, nicht entlassen. So etwas gehört zu seinen Aufgaben. Alle Verhandlungen werden denselben Schiffbruch erleiden, wie das bei der gesetzlichen Krankenversicherung der Fall war.

Es wird uns das Totschlagargument entgegengehalten, wenn wir die entsprechenden Vorschläge nicht annehmen, blockieren wir. Ich behaupte: Wir müssen es blockieren, wir müssen den Staat immer wieder auffordern, die Gebührenordnung zu ändern, denn nach zehn Jahren ist es dafür höchste Zeit!

Bitte kein Vorschlagsmodell und kein Vertragsmodell. Deshalb bitte ich Sie, dem Antrag des Vorstands auf Drucksache Nr. V-9 ab dem zweiten Absatz nicht zuzustimmen, den ersten Absatz aber anzunehmen. Dazu habe ich den Änderungsantrag 20 eingebracht. Ich bitte Sie, diesem Antrag 20 zuzustimmen, denn er beinhaltet genau das, was wir nicht wollen.

Vielen Dank.

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Danke schön. Hier geht es um eine Grundphilosophie. - Herr Möhrle spricht jetzt für den Vorstand.

Dr. Möhrle, Vorstand der Bundesärztekammer:

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Obwohl wir über das Thema GOÄ schon mehrere Male auf dem Ärztetag gesprochen haben, scheint die Materie doch recht schwierig und schwer zu verstehen zu sein. Deshalb versuche ich, Ihnen noch einmal das jetzige Verfahren zu erläutern.

Wie funktioniert jetzt eine Novellierung der GOÄ? Die Bundesärztekammer erarbeitet mit den Fachleuten aus den verschiedenen Disziplinen einen Vorschlag und geht damit zum Bundesministerium für Gesundheit. Dort wird mit den Kostenträgern gemeinsam verhandelt, unter der Aufsicht der BMG und unter einer vorgefassten Meinung des BMG. Dann geht alles seinen gesetzgeberischen Weg. Vor allem der Bundesrat muss zustimmen. Daran führt kein Weg vorbei.

Als die letzte Novellierung der GOÄ 1996 durchgeführt wurde, hatten wir die Zusage des damaligen Gesundheitsministers, dass auch die noch nicht novellierten Teile der GOÄ nun zügig in Angriff genommen würden. Wir haben in der Bundesärztekammer unsere Vorschläge erarbeitet und dem BMG auf den Tisch gelegt. Dann geschah nichts mehr. Warum war das so? - Weil die alte Legislaturperiode zu Ende ging und mit der neuen Bundesregierung zunächst Anlaufschwierigkeiten bestanden. Sie alle kennen die Probleme, die Frau Fischer zu Beginn ihrer Amtszeit im Ministerium hatte.

Nun hören wir, obwohl wir ständig anmahnen, dass eine Novellierung der GOÄ überfällig sei, die lakonische Antwort: Es tut uns schrecklich Leid, wir haben keine personellen Ressourcen, in dieser Legislaturperiode wird sich nichts mehr tun!

Das Vertragsmodell ist an Bedenken gescheitert, die zwei andere Ministerien wegen europarechtlicher und kartellrechtlicher Fragen hatten. Man hat uns vorgeschlagen, entweder das Beitrittsmodell - das können wir gleich beiseite legen - oder das Vorschlagsmodell zu akzeptieren. Was bedeutet das? Es ändert sich am bisherigen Verfahren nur eine einzige Sache, nämlich dass der Verhandlungstisch nicht mehr im Bundesgesundheitsministerium steht, sondern dass vorher, außerhalb des Bundesgesundheitsministeriums, verhandelt wird und wir dann mit einem gemeinsamen Vorschlag ins Bundesgesundheitsministerium gehen. Wir haben die Zusage des BMG, dass man daran dann nicht mehr viel herumkritteln wird und dass auch der Bundesrat das quasi nur abnicken wird. Das waren zwei der Voraussetzungen, die ja auch in Ihrem Antrag dargestellt sind.

Eine weitere essentielle Voraussetzung für uns wäre, dass für den Fall, dass man sich am Verhandlungstisch nicht einigt, eine für uns akzeptable Schiedslösung festgelegt wird. Wenn diese beiden Forderungen erfüllt wären, also Schiedslösung und kein Herumbasteln durch das BMG oder durch den Bundesrat, dann, so finde ich, sollten wir diesen Versuch wagen. Wenn wir ihn nicht wagen - Herr Thomas hat es bereits ausgeführt -, dann wird mit der GOÄ zumindest bis nach der Bundestagswahl und wahrscheinlich auch noch ein oder zwei Jahre später nichts geschehen. Wir werden weiter mit einer total veralteten GOÄ arbeiten müssen.

Meine Damen und Herren, es ist immer gefährlich, aus Angst vor dem Tode Selbstmord zu begehen. Wenn wir die Vorschlagslösung ablehnen, ist das ein solches Verfahren. Geben Sie bitte dem Antrag 9 Ihre Stimme. Ermöglichen Sie es uns bitte, mit der GOÄ endlich voranzukommen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Schönen Dank. - Zur Geschäftsordnung hat sich jetzt Herr Ikonomidis aus Bayern gemeldet. Bitte schön.

Dr. Ikonomidis, Bayern:

Ich habe mich deshalb zu Wort gemeldet, weil ich einfach nicht verstehe, warum uns die Bundesärztekammer eigene Anträge vorlegt, die wir lange vor diesem Ärztetag hätten bekommen sollen. Die Arbeit, die wir zu Hause geleistet haben, erweist sich als überflüssig. Ich bitte darum, uns zukünftig diese Anträge rechtzeitig zuzuleiten. Es geht hier um den Willen des Ärztetages und nicht um den Willen der Bundesärztekammer. Letzteren können Sie im Vorstand formulieren.

Danke schön.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Danke schön. Herr Fuchs wird gleich dazu etwas ausführen. Mir fallen dazu spontan zwei Dinge ein. Wir veröffentlichen einen Tätigkeitsbericht, in dem alles steht, was wir bisher getan haben, und der Sie auf den Ärztetag einstimmen soll. Er dokumentiert die Arbeit, die nach den Beschlüssen des vorangegangenen Ärztetages und auf dieser Basis stattgefunden hat. Des Weiteren können Sie dem Tätigkeitsbericht entnehmen, wie sich die politische Entwicklung dargestellt hat und was wir Ihnen aus diesen Erfahrungen heraus vorlegen möchten. Das wird manchmal in letzter Minute erarbeitet. Denken Sie nur an die Themen Arzneimittelbudget, RSA oder Runder Tisch. Das sind Dinge, die nur wenige Tage vor dem Beginn des Ärztetages auf den Tisch kamen. Wir müssen also manchmal relativ spontan agieren. Das machen wir jetzt schon seit 1947.

Herr Fuchs wird das noch ergänzen. Bitte schön.

Prof. Dr. Fuchs, Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer:

Meine Damen und Herren! Es wird Sie nicht überraschen, wenn meine Ausführungen nicht über die spontanen Einfälle des Präsidenten hinausgehen. Nicht selten werden die Anträge noch in der Vorstandssitzung am Sonntag vor dem Beginn des Ärztetages geändert. Es gäbe ein heilloses Durcheinander, wenn Ihnen vorab Anträge zugeschickt worden wären, die am Sonntag vor dem Ärztetag noch geändert werden. Deshalb haben wir davon Abstand genommen. Wir verteilen die Anträge zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu Beginn des Ärztetages. Aber der Vorstand muss noch die Möglichkeit haben, am Sonntag vor Beginn des Ärztetages eine Endredaktion durchzuführen.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Danke schön. Ich glaube, es gehört zum Wesen des ärztlichen Berufs, flexibel und schnell zu entscheiden und sich auf neue Situationen einzustellen.

(Beifall)

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag 9. Dazu liegt auf Drucksache Nr. V-9 a ein Änderungsantrag vor, der darauf abzielt, dass die gesamten Abschnitte nach Abs. 1 des Antrags 9 gestrichen werden sollen. Nur der erste Absatz soll erhalten bleiben. Wer möchte diesem Änderungsantrag zustimmen? - Wer ist dagegen? - Das ist die Mehrheit. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den unveränderten Antrag auf Drucksache Nr. V-9. Wer möchte zustimmen? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist der Antrag mit großer Mehrheit angenommen. Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall)

© 2001, Bundesärztekammer.