Dr. Thomas, Westfalen-Lippe:
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich
hatte einen Traum: Ich glaubte, wir brauchten nicht gleich am Anfang
eines Deutschen Ärztetages eine Redezeitbegrenzung einzuführen,
sondern hätten die Möglichkeit, die Themen in aller Ruhe
sachlich anzugehen. Das ist leider nicht der Fall, bedingt durch
den Beitrag von Herrn Dietrich, der offensichtlich auf einer völlig
anderen Veranstaltung war oder eine völlig andere Sichtweise
von den Dingen hat.
(Beifall)
Es besteht die Möglichkeit, auf das, was Herr Dietrich vorgetragen
hat, nicht einzugehen. Das will ich tun. Ich fand Ihre Rede, Herr
Hoppe, ausgezeichnet.
(Beifall)
Sie haben ohne Polemik, in aller Sachlichkeit, die Knackpunkte,
die uns zurzeit im Gesundheitswesen beschäftigen, angesprochen.
Sie haben sehr subtil auf die geäußerten Meinungen der
Ministerin geantwortet und ihr klar gemacht, dass es im medizinischen
Bereich auch eine andere Sichtweise gibt.
Ich danke Herrn Hoppe für seine Äußerungen auch
vor diesem Ärztetag. Er hat auf eine Medizin aufmerksam gemacht,
die eine andere ist als jene, die wir gelernt haben und die wir
ausüben wollen, die auch für unsere jungen Kollegen Platz,
Raum und Freude schafft. Herr Professor Lasch hat heute Morgen gesagt:
Man muss das Ärztliche wieder in den Mittelpunkt stellen. Genau
das droht bei einer Medizin, die nur noch verbürokratisiert
ist, verloren zu gehen. Die Kritik an den Leitlinien, die Herr Hoppe
immer wieder übt, wird von vielen, so neulich auch vom Vorsitzenden
der AOK, Herrn Kirch, zurückgewiesen. Herr Hoppe wehre die
Leitlinienmedizin als auf dem Niveau homöopathischer Experimente
befindlich ab. Ich weiß gar nicht, ob die Erwähnung homöopathischer
Experimente eine Abwertung darstellt. Von Herrn Kirch ist etwas
völlig anderes gemeint.
Herr Lauterbach hat die Berufsbezeichnung von Herrn Hoppe mit der
Bemerkung abgewertet: "Ach, ein Pathologe hat das gesagt!"
Meine Damen und Herren, dieser Pathologe ist unser Präsident.
Wir haben ihn gewählt. Er vertritt unsere Meinung in der Öffentlichkeit.
Ihm gebühren Beifall und Unterstützung. Wir müssen
uns vor ihn stellen und ihm den Rücken stärken!
(Beifall)
Meine Damen und Herren, auf der einen Seite verspricht die Ministerin,
Bürokratie abzubauen, aber zehn Sätze weiter gibt sie
zu, dass durch die Disease-Management-Programme natürlich eine
zusätzliche Verwaltung erforderlich ist. Wenn sie vom Ende
des Zutrauens zu den Expertokraten spricht, dann sagt sie kurz danach,
dass sie neue Institute ins Leben rufen will, damit sich dort die
Expertokraten betätigen können.
Hier wird Überschriftenpolitik betrieben. Wenn man diese Überschriften
liest, meint man, es handele sich um etwas Vernünftiges. Das
war schon in den letzten Jahren so. Wenn man sich den Inhalt anschaut,
erkennt man, dass er völlig anders ist, als die Überschrift
glauben macht. Wir müssen uns wieder auf das Ärztliche
besinnen. Ärztliches hat mit Freiberuflichkeit zu tun. Ohne
Freiberuflichkeit ist die ärztliche Aufgabe nicht zu erfüllen.
Die Freiberuflichkeit nützt nicht den Ärzten, sondern
den Patienten, den Versicherten, die sich nämlich darauf verlassen
können, dass der Arzt in ihrem Auftrag und in ihrem Sinne alles
Erforderliche für sie tut.
Vielen Dank.
(Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank, Herr Thomas. - Als nächster Redner Herr
Dr. Calles aus Bayern. Herr Calles, bitte schön.
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