Michaelis, Thüringen:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich
hier nicht sprechen, denn ich denke, ein normaler Facharzt kann
diesem Gremium nichts sagen. Ich habe mich durch das Referat des
Herrn Präsidenten heute Vormittag sehr gut vertreten gefühlt.
Der ethische Anspruch, dem wir Ärzte gerecht werden wollen,
kam dort sehr gut zum Ausdruck.
Dennoch hat mir eine Spur von Selbstkritik gefehlt. Wir haben vorhin
die Daten bezüglich der Ärzte in der Bundesrepublik erhalten.
Da zeigt sich ganz deutlich, dass von 1995 bis 2001 der Anteil der
unter 35-Jährigen kontinuierlich gesunken ist, jedes Jahr erneut.
Ich war als Delegierter dabei, als vor drei Jahren der Marburger
Bund von der Ärzteschwemme sprach.
Diese Daten zeigen eindeutig, dass das Problem lange Zeit verkannt
wurde und eine qualifizierte Auswertung dieser Daten nicht stattfand.
Der Qualitätsmangel bei der Aufarbeitung dieser Daten ist offenkundig
und wurde von diesem Gremium nicht hinreichend zur Kenntnis genommen.
Es gibt - das weiß jeder tätige Arzt - viele Defizite
in der Verwaltung und in der Struktur. Eines der in der Struktur
begründeten Defizite besteht vielleicht auch darin, dass in
den zentralen Gremien beispielsweise Vertreter der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung sitzen. Sie bringen ihren ärztlichen Sachverstand
dort ein und verdienen bei dem, was sie tun, unser Vertrauen. Aber
in ihrer Aufgabenstellung sind sie natürlich den Vertragsärzten
gegenüber verpflichtet. Das ist eigentlich nicht immer gegeben.
Auch innerhalb der Selbstverwaltung sind Strukturveränderungen
erforderlich, die genutzt werden müssen, um derartige offenkundige
Defizite zu beseitigen. Sie kennen aus Ihrer täglichen Arbeit
ebenfalls viele Defizite. Dass jüngere Ärzte im Krankenhaus
fehlen und die Stellen schon seit längerer Zeit nicht besetzt
werden, hat andere Ursachen. Ich bitte Sie, selbstkritisch zu handeln
und nach den wirklichen Ursachen zu fragen. Man sollte nicht immer
nur den Ärztemangel für etwas verantwortlich machen.
Danke.
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank, Herr Michaelis. - Die nächste Rednerin ist
Frau Kollegin Müller-Dannecker aus Berlin.
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