TOP I : Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

1. Tag: Dienstag, 28. Mai 2002 Nur Nachmittagssitzung

Michaelis, Thüringen:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich hier nicht sprechen, denn ich denke, ein normaler Facharzt kann diesem Gremium nichts sagen. Ich habe mich durch das Referat des Herrn Präsidenten heute Vormittag sehr gut vertreten gefühlt. Der ethische Anspruch, dem wir Ärzte gerecht werden wollen, kam dort sehr gut zum Ausdruck.

Dennoch hat mir eine Spur von Selbstkritik gefehlt. Wir haben vorhin die Daten bezüglich der Ärzte in der Bundesrepublik erhalten. Da zeigt sich ganz deutlich, dass von 1995 bis 2001 der Anteil der unter 35-Jährigen kontinuierlich gesunken ist, jedes Jahr erneut. Ich war als Delegierter dabei, als vor drei Jahren der Marburger Bund von der Ärzteschwemme sprach.

Diese Daten zeigen eindeutig, dass das Problem lange Zeit verkannt wurde und eine qualifizierte Auswertung dieser Daten nicht stattfand. Der Qualitätsmangel bei der Aufarbeitung dieser Daten ist offenkundig und wurde von diesem Gremium nicht hinreichend zur Kenntnis genommen. Es gibt - das weiß jeder tätige Arzt - viele Defizite in der Verwaltung und in der Struktur. Eines der in der Struktur begründeten Defizite besteht vielleicht auch darin, dass in den zentralen Gremien beispielsweise Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sitzen. Sie bringen ihren ärztlichen Sachverstand dort ein und verdienen bei dem, was sie tun, unser Vertrauen. Aber in ihrer Aufgabenstellung sind sie natürlich den Vertragsärzten gegenüber verpflichtet. Das ist eigentlich nicht immer gegeben.

Auch innerhalb der Selbstverwaltung sind Strukturveränderungen erforderlich, die genutzt werden müssen, um derartige offenkundige Defizite zu beseitigen. Sie kennen aus Ihrer täglichen Arbeit ebenfalls viele Defizite. Dass jüngere Ärzte im Krankenhaus fehlen und die Stellen schon seit längerer Zeit nicht besetzt werden, hat andere Ursachen. Ich bitte Sie, selbstkritisch zu handeln und nach den wirklichen Ursachen zu fragen. Man sollte nicht immer nur den Ärztemangel für etwas verantwortlich machen.

Danke.

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank, Herr Michaelis. - Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Müller-Dannecker aus Berlin.

© 2002, Bundesärztekammer.