Dr. Ottmann, Bayern:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf den Beginn des Ärztemangels
lenken, nämlich auf die Studienabbrecher. Es gibt zum Glück
jetzt eine hervorragende statistische Arbeit der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung über die verschiedenen Facetten des Versorgungsproblems.
In ihr steht, dass 20 Prozent unserer Studienanfänger das Studium
vor ihrem Examen beenden. Diese Zahl ist im Steigen begriffen, aber
die Ursache ist unbekannt. Ich habe den Antrag gestellt, dass eine
Analyse erstellt werden muss. Wir müssen wissen, warum das
Studium abgebrochen wird.
Es gibt Studenten, die Numerus-clausus-Fächer studieren, weil
sie so gute Abiturnoten haben. Vielleicht sind das die Studienabbrecher.
Andere absolvieren ein Parkstudium. Vielleicht sind sie die Studienabbrecher.
Niemand kennt die Motive der Studienabbrecher.
Selbst wenn das Studium abgeschlossen wurde, verschwinden 20 Prozent
und werden nicht einmal AiP. So kommen wir schon auf insgesamt 40
Prozent. Vorhin hat ein Kollege - er kommt offensichtlich aus den
neuen Bundesländern - von 62 Prozent gesprochen. Das ist ja
katastrophal; ich kann mir das kaum vorstellen.
Fakt ist, dass wir nicht wissen, warum das Studium abgebrochen wird.
Wenn es stimmt, dass ein Medizinstudium bis zu 500 000 DM kostet,
kann man sich ausrechnen, wie viele Millionen hier in den Sand gesetzt
werden. Wenn es stimmt, dass der Numerus clausus zum Medizinstudium
geführt hat, dann hat Herr Professor Lob Recht, wenn er sagt:
weg mit dem Numerus clausus! Dann müssen sich die Universitäten
ihre Studenten eben selber aussuchen.
Es gibt nach wie vor 12 000 Studienbeginner pro Jahr. Die Bewerbungsquote
beläuft sich auf 1,7 : 1. Der große Abgang, der zu diesem
Problem beiträgt, findet also in einem sehr frühen Stadium
statt. Das hat noch nichts mit Frust im Klinikum zu tun oder mit
Hierarchien und dergleichen.
Ich darf Sie herzlich bitten, in die Analyse einzusteigen, sonst
kommen wir nicht weiter. Dort müssen wir ansetzen, damit wir
wissen, was eigentlich mit unseren Studenten geschieht.
Vielen Dank, Herr Präsident.
(Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Ebenfalls vielen Dank, Herr Ottmann. - Als nächste Rednerin
bitte Frau Dr. Trittmacher aus Hessen.
|