TOP I : Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

1. Tag: Dienstag, 28. Mai 2002 Nur Nachmittagssitzung

Dr. Hansen, Nordrhein:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich melde mich zu einem Antrag zu Wort, den Frau Haus im Kontext mit den Themen Arzneimittelbonus und Ethik eingebracht hat. Ich stehe jetzt vor der unlösbaren Aufgabe, Ihnen in drei Minuten klar zu machen, um welche Probleme es im Einzelnen geht. Hoffentlich wird eine Sonder-Kammerversammlung, die am 15. Juni in Düsseldorf stattfinden wird, hier zu einer Klärung beitragen. Ich würde Sie im Zweifelsfalle einladen, dort hinzukommen, bevor Sie, ohne die ge-samtstrategischen Überlegungen dazu zu kennen, hier einen Beschluss fassen.

Es geht darum, in unserem Tun die Kombination von ärztlichem Honorar und Arzneimittelausgaben neu zu überdenken, und zwar nicht im Sinne eines unethischen Handelns, sondern in der Anerkennung, dort, wo es sinnvoll ist, Einsparungen vornehmen zu müssen. Ich nenne hier die Stichworte Generika und Analogpräparate. Nichts anderes spricht der angegriffene Vertrag an, der in Nordrhein im 19-köpfigen Vorstand mit einer Gegenstimme akzeptiert wurde, der auch vom Vertragsausschuss akzeptiert worden ist, der von der Mehrheit der Berufsverbände akzeptiert worden ist. Aus vielen Briefen der Basis geht hervor, dass er auch dort akzeptiert wird. Zwar werden einige Dinge auch beklagt, aber das Thema Ethik kommt dabei nicht vor. Dieser Aspekt sensibilisiert mich in höchstem Maße. Vom Einstieg in kombinierte Budgets zu reden - liebe Frau Haus, es wäre schön, wenn es so wahr wäre. Diese haben wir längst. Es war bis zur Ablösung des Arzneimittelbudgets im ABAG so, dass wir mit unserem Honorar für Arzneimittelüberschreitungen haften. Im Einzelfall ist das immer noch so.

Jetzt können wir endlich von einem Malus zu einem Bonus kommen. Das halte ich für einen gewaltigen Fortschritt.

Sie müssen wissen: Es gibt kein Junktim zu den Arzneimittelausgaben direkt, sondern es soll die Mehrarbeit der Kolleginnen und Kollegen in der Informations- und Beratungsarbeit belohnt werden. Das Geld fließt - lieber Herr Schreiber, dies in Erwiderung auf den Leserbrief im "Medical Tribune" - unbedingt: Unabhängig von der Höhe der Überschreitung wird, wenn der Versorgungsbedarf es verlangt, das Honorar gezahlt.

Noch ein Wort zur Ethik. Ich frage diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die in diesen Tagen das Arzt-Patient-Verhältnis wie neu erfunden hoch halten, was sie die ganzen Jahre über in dieser Hinsicht unter Stichworten wie IGEL-Leistungen, Budgetferien, Terminverschiebungen und Reduktion der ärztlichen Leistungen gemeint haben. Ich persönlich empfinde es so, dass mit solchen Maßnahmen das Arzt-Patient-Verhältnis mit Füßen getreten wird.

Was die Ethik angeht, habe ich im Gegensatz zu Ihnen, Frau Haus, den Glauben, dass sie alle Regelungen so handhaben, wie es gedacht ist, dass sie den Patienten keine Leistungen verweigern, sondern dass ausschließlich ein Incentive gesetzt wird, dass dort gespart wird, wo gespart werden kann. Studien haben gezeigt, dass dies sinnvoll möglich ist, ohne dass für die Patienten auch nur der geringste qualitative Leistungsverlust in der Versorgung eintritt. Ich habe den Glauben an die Kolleginnen und Kollegen in dieser Beziehung noch nicht verloren.

Deshalb bitte ich Sie ganz herzlich, nicht aus der Hüfte schießend, einem solchen Antrag zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank, Herr Kollege Hansen. - Als nächster Redner bitte Herr Dr. Jungmann aus dem Saarland.

© 2002, Bundesärztekammer.