Dr. Jungmann, Saarland:
Sehr geehrter Herr Professor Hoppe, dass Ihre Rede sehr gut war,
haben Sie heute schon einige Male gehört. Das stimmt auch.
Aber das, was Sie zu den Disease-Management-Programmen gesagt haben,
hat mir nicht gefallen. Überhaupt fehlte mir in Ihrer Rede
der Aspekt der Qualitätskontrolle. Es muss so etwas wie die
"good clinical practice" geben. Das muss von der Ärztekammer
garantiert werden. Es muss Möglichkeiten geben, gegen mangelhafte
Qualität vorzugehen, bevor ein Kunstfehlerprozess geführt
wird. Es muss auch Möglichkeiten geben, Behandlungen exemplarisch,
modellhaft darzustellen und daraus eine Kostenkalkulation abzuleiten,
beispielsweise für den Diabetes. Erst dann kann man sagen:
Ein Diabetes kostet so viel, ein Mammakarzinom kostet so viel, das
Krankenkassensystem braucht für eine solche Krankheit durchschnittlich
soundso viel Euro. Es gibt Kollegen, die nichts von einem HbA1C
bei der Diabetesbehandlung wissen. Die Tatsache, dass man in Frankreich
weniger Diabetikerfüße amputiert, haben wir uns von Herrn
Lauterbach sagen lassen müssen. Das muss einen Zusammenhang
mit der Qualitätskontrolle haben.
Zusätzliche Auslandsversicherungen gelten wohl auch nicht für
reiche Länder wie Frankreich oder Schweden, sondern für
die armen Länder. Wenn jemand nach Kenia oder Uganda fährt,
möchte er natürlich nicht dort behandelt werden und mit
Aids zurückkommen. Das sollten wir auseinander halten.
Außerdem sollten wir anerkennen, dass Patienten beispielsweise
aus England nicht nur in Deutschland behandelt werden, sondern auch
in Frankreich und vergleichbaren Ländern.
Wir brauchen also eine bessere Qualität. Das wird uns auch
im Ausland vorgehalten, indem man erklärt, in Deutschland gibt
es eine hervorragende Medizin, aber auch nur punktuell. Sie ist
oft unzureichend, weil es keine Qualitätskontrolle gibt und
auch keine Qualitätsanreize, auch nicht für die Kliniken,
die ausbilden. Etwa die Hälfte der europäischen Ausbildungsinstitute
haben "visitations", aber in Deutschland sträubt
man sich dagegen und ist unfähig, so etwas durchzuführen
und festzustellen, wie gut die Ausbildung in Deutschland ist. Sie
ist sehr unterschiedlich, sowohl sehr gut als auch sehr schlecht.
In diesem Sinne brauchen wir die zertifizierte "continuous
medical education". Nicht jeder will sich spontan und bestens
ausbilden. Wir brauchen einen vorgeschriebenen Standard.
Zu viel Selbstgefälligkeit führt zu PISA und zu Lauterbach-Äußerungen,
die uns am Ende doch nicht gefallen. Ich möchte die Bundesärztekammer
ermutigen, im Sinne der Qualitätsverbesserung hinsichtlich
der Kontrolle sowohl der Behandlung als auch der Diagnostik und
der Ausbildung der Assistenten etwas zu tun.
(Vereinzelt Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank, Herr Kollege Jungmann. Der Tagesordnungspunkt
II wird sich auch noch mit diesem Thema befassen, wie Sie sicher
wissen. Da werden die Disease-Management-Programme ganz speziell
angesprochen. Wir haben also Gelegenheit, darüber noch sehr
ausführlich zu diskutieren. Es geht auch um ein ganz zentrales
Thema.
(Zuruf: Geschäftsordnungsantrag!)
- An sich müssen auch Geschäftsordnungsanträge schriftlich
vorgelegt werden. Aber wir sind ja großzügig. Um was
geht es bitte?
(Zuruf: Ich möchte den Geschäftsordnungsantrag
auf Schluss
der Rednerliste stellen!)
- Das gibt es bei uns nicht. Bei uns gibt es nur Ende der Debatte.
Darüber muss dann abgestimmt werden. Ende der Rednerliste steht
deshalb nicht in der Geschäftsordnung - wenn ich etwas Falsches
sage, möge man mich korrigieren -, weil es möglich sein
muss, dass ein Redner, der einem anderen im Plenum etwas sagt, die
Replik ertragen muss, damit die Gegenmeinung hergestellt werden
kann. Deshalb haben wir dieses Instrument nicht. Es ist nur der
Antrag auf Schluss der Debatte möglich. Bei Annahme eines solchen
Antrages werden alle Redner, die auf der Rednerliste stehen, gestrichen.
Sie dürfen dann nicht mehr sprechen.
(Erneuter Zuruf)
- Hat sich erledigt.
Dann als nächster Redner bitte Herr Oberschelp aus Westfalen-Lippe.
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