TOP II : Individualisierung oder Standardisierung in der Medizin?

2. Tag: Mittwoch, 29. Mai 2002 Nachmittagssitzung

Bodendieck, Sachsen:

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Entschuldigen Sie bitte, wenn ich schon wieder spreche, aber im Rahmen der Disease-Management-Programme möchte ich von der allgemeinen Diskussion kurz auf ein Thema überleiten, das wir in Sachsen seit langer Zeit verfolgen. Dank der Initiative unseres Präsidenten und den einzelnen Berufsverbänden und den Fachgesellschaften in Sachsen war es zusammen mit unseren Patientinnen und Patienten möglich, Leitlinien zur Behandlung des Diabetes mellitus in Sachsen zu schaffen. Sie sind in kurzer und prägnanter Form in acht Bänden niedergelegt und akzeptiert von allen ostdeutschen Landesärztekammern und der Bremer Landesärztekammer sowie allen ostdeutschen KVen und der KV Bremen.

Diese Leitlinien sehen eine zwischen Hausarzt und Schwerpunktpraxis abgestimmte Behandlung vor. Der Hausarzt überweist bei Problemen in die Schwerpunktpraxis. Die kontinuierliche Betreuung des Patienten bleibt allerdings immer in der Hand des Hausarztes.
Um eine gewisse Evaluierung durchzuführen, hat man sich auf eine ganz kurze Dokumentation geeinigt. Was wir heute im "Deutschen Ärzteblatt" lesen können, ist ein abstruses Konstrukt. Ich möchte nicht wissen, wie die Zettel aussehen, die ausgefüllt werden müssen. Unter Zuhilfenahme von Computerprogrammen geht das alles noch viel einfacher. Das ist alles, was dokumentiert werden muss, für jeden Patienten in jedem Quartal. Das wird an eine unabhängige Stelle gemeldet, geht also nicht an die Kassen, nicht an die KV, nicht an die Landesärztekammer. Die Daten verwertet bei uns eine Stelle an der Technischen Universität Dresden in hervorragender Art und Weise. So werden Evaluationen des Programms durchgeführt. Im März 1999 beteiligten sich circa 50 Prozent der Hausarztpraxen an den Diabetes-Vereinbarungen. Mittlerweile sind es fast 75 Prozent aller Praxen. Die Zahl der betreuten und beobachteten Patienten beträgt mittlerweile 275000 Diabetiker. Das sind fast 6 Prozent aller Patienten in Sachsen.

Im Januar 2000 fanden wir noch 15 Prozent undokumentierte Fälle und circa 60 Prozent der Patienten, die einen HbA1C-Wert von unter 7,5 Prozent hatten. Im fünften Quartal 2001 gab es kaum noch undokumentierte Fälle. Es gibt mittlerweile fast 70 Prozent mit einem HbA1C-Wert unter 7,5 Prozent.

Ähnliche Werte gibt es hinsichtlich des Blutdrucks. Auch das wird mit erfasst. Wir haben eine Risikoreduzierung von 16 Prozent im Januar 2000 auf 9 Prozent im Januar 2001.

Die sächsischen Diabetes-Verträge sind eine gemeinsam erarbeitete Leitlinie. Es gibt keine Einstiegshürden. Die Patientendaten sind pseudoanonymisiert. Ein unabhängiges Institut kontrolliert dies. Ein Disease-Management-Programm allein für den Diabetes oder daneben noch für die koronare Herzerkrankung und für die Hyptertension geht nicht. Wir müssen ein ärztlich konstruiertes Disease-Management-Programm schaffen, bestimmte Krankheitsgruppen übergreifend.

Danke schön.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank, Herr Kollege Bodendieck. - Als nächste Rednerin bitte Frau Kollegin Schleu aus Bayern.

© 2002, Bundesärztekammer.