Dr. Buchmann-Barthel (als geladener
Gast):
Sehr geehrte Damen und Herren des Präsidiums! Sehr geehrte
Ministerin Bulmahn! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin gebeten
worden, einmal aus der Sicht einer Assistenzärztin die Probleme
zu schildern, die beim alltäglichen Spagat zwischen Beruf und
Familie auftreten können. Gestatten Sie mir, dabei zunächst
einmal meine Lage zu skizzieren. Ich bin 31 Jahre alt und Assistenzärztin
am Ende des dritten Ausbildungsjahres für Anästhesie an
der Universitätsklinik für Anästhesie hier in Rostock.
Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder im Alter von sieben und
anderthalb Jahren. Die Betreuung meiner Kinder habe ich zum Teil
durch einen Schulhort und zum Teil durch eine Tagesmutter, die etwas
flexiblere Betreuungszeiten anbietet, sogar bis 18 Uhr realisiert.
Nach der Geburt meines zweiten Kindes habe ich ein Erziehungsjahr
in Anspruch genommen und wollte dann nach Beendigung dieser Erziehungszeit
gern eine Teilzeittätigkeit von sechs Stunden täglich
beginnen, um mir und meinen Kindern den Wiedereinstieg in die volle
Berufstätigkeit zu erleichtern. Leider konnte diese Möglichkeit
an meiner Klinik nicht verwirklicht werden. Meine Chefin, selbst
erste Ordinaria für Anästhesie, konnte diesen Wunsch nicht
berücksichtigen.
Inzwischen arbeite ich wieder voll. Nur mithilfe der Familie, also
meines Mannes und meiner Mutter, die als niedergelassene Zahnärztin
selbst voll berufstätig ist, ist dies überhaupt möglich.
Das nächste Problem, das auf mich zukommen wird, ist die im
Rahmen meiner Facharztausbildung notwendige Beschäftigungszeit
auf der Intensivstation. Diese wird in unserem Hause im Dreischichtsystem
betrieben. Auch hier muss ich sagen: Nur mithilfe der Familie ist
es mir möglich, am Schichtsystem teilzunehmen. Ich könnte
mir nicht vorstellen, als alleinerziehende Mutter so etwas durchzuziehen.
Wenn eines meiner Kinder erkrankt und die Schwere der Erkrankung
eine Betreuung durch mich oder meinen Mann zwingend erforderlich
macht, muss ich eine zusätzliche Betreuung für meine Kinder
organisieren, dies gegen Entgelt. So wird also ein guter Teil der
ohnehin spärlichen BAT-Ost-Einnahmen für die Betreuungskosten
abgezweigt. Warum ist eine volle steuerliche Absetzbarkeit solcher
Kosten nicht möglich?
Ich denke, andere Frauen sind in einer ähnlichen Situation.
Mein Appell lautet: Wir sind gut ausgebildete Arbeitskräfte
mit einer hohen Motivation zu arbeiten. Wenn eine Ärztin mit
kleinen Kindern eine Teilzeittätigkeit wünscht, sollte
man ihr diese Möglichkeit nicht nur auf dem Papier, sondern
auch in der Praxis gewähren;
(Beifall)
denn eine Frau, die eine Teilzeittätigkeit ausübt und
ab und zu wegen einer Erkrankung der Kinder fehlen muss, ist doch
sicherlich besser als eine, die wegen mangelnder Flexibilität
ihrer Arbeitgeber jahrelang zu Hause bleiben muss, um ihre Kinder
zu betreuen.
Die momentan viel diskutierte Situation eines drohenden Ärztemangels
und eines Versorgungsengpasses in der Medizin sollten die Verantwortlichen
zum Anlass nehmen, die Stellung der Frau in unserem Beruf zu überdenken
und eventuell sozial verträglichere Bedingungen zur Ausübung
unseres Berufs zu schaffen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Vielen Dank. - Eingeladen haben wir auch Frau Kollegin Oberfeld
aus Münster. Sie hat jetzt das Wort.
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