TOP III : Ärztinnen: Zukunftsperspektive für die Medizin

3. Tag: Donnerstag, 30. Mai 2002 Vormittagssitzung

Dr. Eberle (als geladener Gast):

Sehr geehrter Herr Professor Hoppe! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Auch ich bedanke mich ganz herzlich für die Einladung. Wie wir bereits mehrfach gehört und gelesen haben: Der derzeitige Ärztemangel stellt für uns Ärztinnen eine Chance dar, unserem prozentualen Anteil entsprechend in allen beruflichen Bereichen vertreten zu sein. Wir Ärztinnen, heißt es, stellen ein Potenzial dar, dessen differenzierte Erfahrungen und vielfältige Qualifikationen sowie die biopsychosoziale Kompetenz im Gesundheitswesen unverzichtbar sind.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, es kann doch nicht sein, dass dies erst in der Situation des Mangels ins Bewusstsein kommt und möglicherweise nach Beseitigung des Mangels wieder in Vergessenheit gerät!

(Beifall)

Erst wenn Sie, meine lieben Kollegen, wirklich dahinterstehen, dass wir Ärztinnen genauso in der Patientenversorgung, der Forschung und Lehre gebraucht werden, und zwar in entsprechendem Anteil, gibt es für uns eine Chance, da Sie ja die Mehrheit haben, unseren prozentualen Anteil dort zu erhöhen.

Ich glaube, wir müssen zum einen gegenseitig zu einer anderen Wertschätzung der Arbeit kommen. Eine Familie zu managen ist gleich schwierig und wertvoll, wie eine Klinik oder eine Praxis zu managen.

(Beifall)

Das Wort Babypause ist unsinnig; von Pause kann da überhaupt nicht die Rede sein.

(Beifall)

Wenn wir dies erreichen, werden auch unsere Kollegen, die in Vereinbarkeit von Familie und Beruf Kindererziehungszeiten zu Hause nutzen, nicht mehr belächelt, wie wir vorhin gehört haben. Aber wir wollen auch nicht, dass der Karriereknick die männlichen Kollegen betrifft; denn wir wollen ja, dass überhaupt niemand einen Karriereknick erleiden muss, wenn er die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erreicht.

Deshalb stehen wir heute hier, um zu versuchen, die Rahmenbedingungen zu verbessern, die, wie wir gehört haben, geregelte Arbeitszeit, gesicherte Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeitmodelle und auch eine abgeschlossene Weiterbildung beinhalten, die für jede weitere Karriere Voraussetzung ist.

Die derzeitige Stellensituation gibt uns nicht nur die Chance, dies zu fordern, sondern unsere Forderungen auch wirklich durchzusetzen.

Wie Sie wissen, bin ich im Bundesvorstand des Marburger Bundes für die Ärztinnenbelange zuständig. Ich bin froh, dass der Marburger Bund mit seinen 30 000 Ärztinnen uns den großen Vorteil bietet, dass wir eingebunden sind mit unseren männlichen Kollegen. Es gibt gemeinsame spezifische Ziele und Erfolge. Aber wir müssen natürlich auch, um die Erwartungen zu erfüllen, an uns selbst arbeiten. Der Marburger Bund bietet Mentoring-Programme an. Ich denke, es ist wichtig, dass wir uns nicht verschließen, dass wir Netze bilden und dass wir unsere eigenen Qualitäten herauszuarbeiten und zu fördern versuchen.

(Beifall)

Für alle Erfolge brauchen wir aber auch Sie, meine lieben Kollegen, vor allem diejenigen, die unsere Sichtweise teilen. Sie haben, wie gesagt, die Mehrheit in den beruflichen Bereichen. Helfen Sie mit, dass hierarchisches Denken und Mobbing bald der Vergangenheit angehören, für eine gemeinsame Zukunftsperspektive der Medizin.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank, Frau Eberle. Frau Eberle ist auch stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses "Ärztinnen" der Bundesärztekammer, also ständige Vertreterin von Frau Dr. Bühren. - Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Dr. Machnik aus Schleswig-Holstein, Vizepräsidentin der dortigen Ärztekammer.

© 2002, Bundesärztekammer.