TOP III : Ärztinnen: Zukunftsperspektive für die Medizin

3. Tag: Donnerstag, 30. Mai 2002 Vormittagssitzung

Dr. Drexler-Gormann, Hessen:

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Bühren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Referentinnen haben eindrucksvoll vor Augen geführt, unter welchen Schwierigkeiten Ärztinnen ihre berufliche Laufbahn planen und umsetzen, aber auch, welche Leistungen Ärztinnen im Gesundheitswesen erbringen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird im Alltag immer noch als privates Problem angesehen. Hier und heute ist es erstmals als gesellschaftliches Problem auf einem Ärztetag formuliert worden.

Lösungsansätze des Staates sind die eine Sache; aber ich glaube, dass die Landesärztekammern hier in Zukunft eine wichtige Rolle übernehmen müssen. Unter welchen Bedingungen die Weiterbildung stattfindet, eben auch für Ärztinnen, ist ein Schwerpunkt der Kammerarbeit. Bisher wurde zu wenig im Sinne der Ärztinnen darauf geschaut, welche Probleme und welcher Bedarf existieren.

Das Mentoring ist angesprochen worden. Hierzu liegen mehrere Anträge vor. Darüber freue ich mich sehr. Die Landesärztekammer Hessen hat ein konkretes Mentoring-Projekt gestartet, das auf einem Modellprojekt aus dem naturwissenschaftlichen Bereich fundiert aufbaut. In Hessen hat sich gezeigt, dass enorme Erfolge für die betroffenen jungen Kolleginnen erreichbar sind.

Mentoring soll unter anderem helfen, die berufliche Laufbahn zu strukturieren, beispielsweise auch Teilzeitarbeitsplätze für junge Kolleginnen mit Familie durchzusetzen, männliche Strukturen in Kliniken mithilfe einer Mentorin anzuknacken und Mobbing oder andere Probleme zu lösen. Es soll helfen, Weiterbildungskataloge zu erfüllen und das Klima zwischen Kollegen und Kolleginnen zu verbessern.

Wir haben in Hessen übrigens, was die Teilzeitarbeit angeht, im Jahre 2000 - die Zahlen wurden hier angemahnt - 596 Krankenhausärzte in Teilzeit gehabt. Von diesen 596 waren 460 Ärztinnen, also mehr als zwei Drittel. Das zeigt, welche Bedeutung den vorliegenden Anträgen zur Teilzeitarbeit und zur Umsetzung flexibler Arbeitszeitmodelle zukommt.

Die Frage der Gleichberechtigung für Ärztinnen ist die eine Seite. Ein echtes Anliegen ist mir als Allgemeinmedizinerin die Frage, welche Bedeutung Ärztinnen für unser Gesundheitswesen haben. Viele Patientinnen wenden sich inzwischen bewusst an Ärztinnen - das tun natürlich auch Männer, aber vorwiegend Patientinnen - und suchen dort ganz gezielt Einfühlungsvermögen, sensibles Verständnis für ihre Lebenssituation. Das sind vor allem Patientinnen, die aufgrund ihres niedrigen Bildungsstatus und ihrer sozialen Herkunft Schwierigkeiten haben, sich in einem männerstrukturierten System zurechtzufinden. Sie erwarten hier mit Recht, dass ihnen geholfen wird.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Wir Ärztinnen werden gebraucht. Ich appelliere an die Bundesärztekammer, diesen Weg, der heute eingeschlagen wurde, zu verstärken und uns nicht nur als Lückenbüßerinnen zu betrachten, die man in ein paar Jahren, wenn vielleicht wieder genügend Arbeitskräfte vorhanden sind, wieder rausschmeißt.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Danke sehr. - Jetzt Frau Schlang aus Hessen.

© 2002, Bundesärztekammer.