Dr. Thielemann (als geladener Gast):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und
Kollegen! Meine Oberärztin haben Sie gerade erlebt. Ich möchte
jetzt aus der Sicht des Assistenzarztes sprechen.
Ich habe in meiner bisherigen Weiterbildung ausgesprochen positive
Erfahrungen mit weiblichen Ausbildern gemacht. Ich möchte das
jedoch nicht verallgemeinern, da die Eigenschaften, die ich an meinen
Ausbildern besonders zu schätzen gelernt habe, in erster Linie
auf deren individuelle Persönlichkeit und erst in zweiter Linie
sicherlich auch auf geschlechtsspezifische Momente zurückzuführen
waren. Trotzdem möchte ich erwähnen, dass Eigenschaften
wie Toleranz, Kontinuität und auch ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein
gerade sicher auch mit Frauen verbunden waren. Als besonders wertvoll
an meinen weiblichen Ausbildern empfand ich deren soziale Kompetenz.
So hatte ich als Assistenzarzt nie das Gefühl, ausschließlich
Befehlsempfänger zu sein. Vielmehr bestand von meinen Ausbildern
her, insbesondere auch von meiner Oberärztin her, die kontinuierliche
Bereitschaft, sich auch mit meinen Fragen, Problemen und Ansichten
auseinander zu setzen.
Durch eine derartige Harmonisierung eines eigentlich asymmetrischen
Dienstverhältnisses lässt sich in meinen Augen für
alle Beteiligten - Assistenzärzte, Oberärzte und Chefärzte
- eine ausgesprochen produktive Arbeitsatmosphäre herstellen.
Das eben Gesagte setzt jedoch voraus, dass der Auszubildende die
Chance zur kontinuierlichen Kommunikation mit den leitenden Personen
der Station, der Abteilung und vielleicht auch der Klinik erhält.
Das wird in unserem Krankenhaus gewährleistet durch regelmäßig
stattfindende und strukturierte Mitarbeitergespräche mit den
Abteilungsleitern, also mit den Oberärzten und den Oberärztinnen
der Station. Die Oberärztin sorgt in diesen Gesprächen
immer für eine ausgesprochen freundschaftliche Atmosphäre,
in der man auch über eigene Fehler lachen kann. Es gibt nützliche
Hinweise für das berufliche und in seltenen Fällen auch
für das private Leben. Ich denke, dass ich der Oberärztin
im Namen aller Assistenten unserer Station für die Zeit, die
sie in uns zusätzlich investiert, und die Mühe, die sie
damit mit uns zweifellos auch hat, danken möchte.
Bei der Ausbildung im Operationssaal und vor allem der Station konnte
ich lernen, dass die Chirurgie nicht ausschließlich medizinische
Probleme beinhaltet. Durch das reine Beobachten der Kollegen auf
der Station lernte ich, wie wichtig es ist, sich Zeit zu nehmen
für die medizinischen und auch die persönlichen Probleme
der Patienten. Bei der Vielzahl unterschiedlicher Persönlichkeiten,
die das Patientenklientel einer chirurgischen Klinik ausmacht, bedarf
das eben Gesagte eines hohen Maßes an Verantwortungsbewusstsein,
an Lebenserfahrung und vor allem auch an Einfühlungsvermögen.
Meinen Ausbildern ist es gelungen, mir in den letzten fünf
Jahren das Gefühl zu vermitteln, kontinuierlich in der Weiterbildung
voranzukommen.
In diesem Zusammenhang lernte ich auch, Schritt für Schritt
selbst Verantwortung zu übernehmen. Diese Verantwortung erstreckt
sich natürlich nicht nur auf die zu betreuenden Patienten,
sondern schließt auch die Kollegen mit ein, mit denen man
Tag für Tag und Nacht für Nacht zusammenarbeitet.
Ich denke, dass ich nun auch wieder im Namen aller Assistenten unserer
Station spreche, wenn ich sage, dass wir uns auch in der Chirurgie
mehr Frauen als Ausbilder wünschen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank, Herr Kollege Thielemann. - Als nächster
Redner bitte Herr Calles aus Bayern.
|