TOP III : Ärztinnen: Zukunftsperspektive für die Medizin

3. Tag: Donnerstag, 30. Mai 2002 Vormittagssitzung

Dr. Berendes, Westfalen-Lippe:

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe im Vorfeld dieses Ärztetages viele Gespräche geführt, gerade im Hinblick auf diesen Tagesordnungspunkt III, sehr fruchtbar, sehr gut. Man kann sozusagen von einem intensiven Gender-Training sprechen. Ich möchte Frau Professor Henne-Bruns sehr danken. Solche Vorbilder finde ich einfach Klasse, weil das Erreichen einer solchen Position sicher sehr aufwendig, aber auch interessant ist. Ich möchte insbesondere auch den beiden jungen Kolleginnen danken, die den Mut hatten, hier ihre Situation zu schildern und sie transparent zu machen.

40 Prozent der gesamten Ärzteschaft besteht aus Ärztinnen. Ich finde, das ist ein Glück. Es gibt Unterschiede zwischen Männern und Frauen; auch das ist ein Glück, weil wir uns damit gegenseitig bereichern und ergänzen können.

Aber Ärztinnen sind oftmals nicht entsprechend ihrer Qualifikation eingesetzt. Das ist kein Glück! Ich denke, wir alle sind sehr daran interessiert, dies zu ändern.

Die Ursachen für diese Situation sind sicher primär struktureller Natur. Wir haben schon vielfach die Auflistung gehört: fehlende Kindertagesstätten, ungünstige Arbeitszeiten. Ich denke, die Ursachen sind sicherlich auch in Sozialisierungsprozessen zu suchen, in Rollenvorstellungen, Vorbildfunktionen, Erwartungen und Einstellungen und sicher auch im individuellen Bereich. Die Ärztekammer Westfalen-Lippe hat als erste Ärztekammer den Ausschuss "Gender Mainstreaming" eingerichtet. Ich denke, dass wir damit der Ursachenanalyse etwas näher kommen. Ich freue mich darauf, dass ich mich bald mit entsprechenden Ausschüssen in anderen Bundesländern diesbezüglich austauschen kann.

Ich möchte nunmehr auf den speziellen Punkt der flexiblen Arbeitszeiten eingehen, weil die Arbeitszeiten eines der strukturellen Probleme sind, die zu beseitigen sind. Ich bitte Sie, den Antrag 3 und sicherlich auch den Antrag 2 zu unterstützen. Flexible und familienfreundliche Arbeitszeiten kommen nicht nur Ärztinnen, sondern auch Ärzten zugute. Dem ärztlichen Arbeitsmarkt stehen Kolleginnen und Kollegen nur dann zur Verfügung, wenn familiäre Gegebenheiten berücksichtigt werden. Dieses familien- und gesellschaftspolitische Anliegen muss in das Bewusstsein der ärztlichen Arbeitgeber rücken. Das seit dem 1. Januar 2001 gültige Teilzeitgesetz darf nicht nur Makulatur bleiben. Das bedeutet insbesondere, dass Teilzeitstellen nicht verkappte Vollzeitstellen sein dürfen.

Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind gerade in der Weiterbildungsphase, aber auch beim beruflichen Wiedereinstieg kreative Lösungen gefragt, die sicher vor Ort zu suchen sind und nicht generell ausgeteilt werden können. Hier sind einfach nur Empfehlungen zu geben. Aber diese Lösungen sollen nicht nur Einzelfälle bleiben, sondern sie sollen dann als selbstverständlich angeboten werden. Damit steigern wir die Motivation der Erziehenden, bewahren die Anbindung ans Krankenhaus - ein ganz wichtiger Aspekt - sowie erhalten und fördern damit die Qualifikation.

Ich denke, eine Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen erlaubt Ärztinnen und Ärzten, das Berufsleben auch mit Elternzeit durchgängiger zu gestalten, und erlaubt damit auch Ärzten, eher eine Elternzeit in Anspruch zu nehmen, die sie sich oftmals wünschen und von der sie sehr profitieren können.

Für mich kann ich nur sagen: Ich bin gern Mutter, Ehefrau, auch Hausfrau, Frau und Ärztin, Berufspolitikerin und würde durchaus von besseren Rahmenbedingungen profitieren.

Ich danke.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank, Frau Berendes. - Als nächste Rednerin bitte Frau Dr. Müller aus Mecklenburg-Vorpommern.

© 2002, Bundesärztekammer.