Dr. Berendes, Westfalen-Lippe:
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich
habe im Vorfeld dieses Ärztetages viele Gespräche geführt,
gerade im Hinblick auf diesen Tagesordnungspunkt III, sehr fruchtbar,
sehr gut. Man kann sozusagen von einem intensiven Gender-Training
sprechen. Ich möchte Frau Professor Henne-Bruns sehr danken.
Solche Vorbilder finde ich einfach Klasse, weil das Erreichen einer
solchen Position sicher sehr aufwendig, aber auch interessant ist.
Ich möchte insbesondere auch den beiden jungen Kolleginnen
danken, die den Mut hatten, hier ihre Situation zu schildern und
sie transparent zu machen.
40 Prozent der gesamten Ärzteschaft besteht aus Ärztinnen.
Ich finde, das ist ein Glück. Es gibt Unterschiede zwischen
Männern und Frauen; auch das ist ein Glück, weil wir uns
damit gegenseitig bereichern und ergänzen können.
Aber Ärztinnen sind oftmals nicht entsprechend ihrer Qualifikation
eingesetzt. Das ist kein Glück! Ich denke, wir alle sind sehr
daran interessiert, dies zu ändern.
Die Ursachen für diese Situation sind sicher primär struktureller
Natur. Wir haben schon vielfach die Auflistung gehört: fehlende
Kindertagesstätten, ungünstige Arbeitszeiten. Ich denke,
die Ursachen sind sicherlich auch in Sozialisierungsprozessen zu
suchen, in Rollenvorstellungen, Vorbildfunktionen, Erwartungen und
Einstellungen und sicher auch im individuellen Bereich. Die Ärztekammer
Westfalen-Lippe hat als erste Ärztekammer den Ausschuss "Gender
Mainstreaming" eingerichtet. Ich denke, dass wir damit der
Ursachenanalyse etwas näher kommen. Ich freue mich darauf,
dass ich mich bald mit entsprechenden Ausschüssen in anderen
Bundesländern diesbezüglich austauschen kann.
Ich möchte nunmehr auf den speziellen Punkt der flexiblen
Arbeitszeiten eingehen, weil die Arbeitszeiten eines der strukturellen
Probleme sind, die zu beseitigen sind. Ich bitte Sie, den Antrag
3 und sicherlich auch den Antrag 2 zu unterstützen. Flexible
und familienfreundliche Arbeitszeiten kommen nicht nur Ärztinnen,
sondern auch Ärzten zugute. Dem ärztlichen Arbeitsmarkt
stehen Kolleginnen und Kollegen nur dann zur Verfügung, wenn
familiäre Gegebenheiten berücksichtigt werden. Dieses
familien- und gesellschaftspolitische Anliegen muss in das Bewusstsein
der ärztlichen Arbeitgeber rücken. Das seit dem 1. Januar
2001 gültige Teilzeitgesetz darf nicht nur Makulatur bleiben.
Das bedeutet insbesondere, dass Teilzeitstellen nicht verkappte
Vollzeitstellen sein dürfen.
Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind gerade in der Weiterbildungsphase,
aber auch beim beruflichen Wiedereinstieg kreative Lösungen
gefragt, die sicher vor Ort zu suchen sind und nicht generell ausgeteilt
werden können. Hier sind einfach nur Empfehlungen zu geben.
Aber diese Lösungen sollen nicht nur Einzelfälle bleiben,
sondern sie sollen dann als selbstverständlich angeboten werden.
Damit steigern wir die Motivation der Erziehenden, bewahren die
Anbindung ans Krankenhaus - ein ganz wichtiger Aspekt - sowie erhalten
und fördern damit die Qualifikation.
Ich denke, eine Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen
erlaubt Ärztinnen und Ärzten, das Berufsleben auch mit
Elternzeit durchgängiger zu gestalten, und erlaubt damit auch
Ärzten, eher eine Elternzeit in Anspruch zu nehmen, die sie
sich oftmals wünschen und von der sie sehr profitieren können.
Für mich kann ich nur sagen: Ich bin gern Mutter, Ehefrau,
auch Hausfrau, Frau und Ärztin, Berufspolitikerin und würde
durchaus von besseren Rahmenbedingungen profitieren.
Ich danke.
(Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank, Frau Berendes. - Als nächste Rednerin bitte
Frau Dr. Müller aus Mecklenburg-Vorpommern.
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