Dr. Koch, Referent:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt ein
kleines technisches Problem. Ich wollte Ihnen mit Bildern demonstrieren,
wie unsere Diskussionen und unser Ergebnis ausgesehen haben. Ich
vermisse aber hier am Rednerpult und auch auf der Leinwand die PowerPoint-Demonstration.
Wir haben es natürlich auch auf diesem Feld Allgemeinmedizin/Innere
Medizin letztendlich mit der Novellierung der Weiterbildungsordnung
zu tun, heute mit dem ganz speziellen Thema "Zukunft der hausärztlichen
Versorgung". Es gab auf dem 104. Deutschen Ärztetag 2001
den Antrag III-10 von Herrn Kollegen Dietz, der beinhaltete, dass
die Felder der Allgemeinmedizin und die Felder der Inneren Medizin
für eine hausärztliche Versorgung zusammengeführt
werden sollen. Im Antrag war sogar von einer Fusionierung die Rede.
Es erfolgte auch eine Begründung mit einigen einzelnen Punkten.
Dieser Antrag wurde lange diskutiert und dann vom 104. Deutschen
Ärztetag an den Vorstand der Bundesärztekammer überwiesen.
Der Vorstand der Bundesärztekammer hat sich intensiv mit dieser
Problematik befasst und daraufhin beschlossen, eine Arbeitsgruppe
des Vorstands einzurichten, die sich bis zum 105. Deutschen Ärztetag
mit dieser Problematik befassen soll.
Ich wollte Ihnen jetzt eigentlich ein Bild vorführen, denn
ich weiß aus verschiedenen Gesprächen in den letzten
Tagen, dass viele von Ihnen gespannt sind, ob ich Ihnen vielleicht
auch in diesem Jahr wieder ein Bild aus fernen Landen zeigen werde.
Es wäre ein Bild der Shwezigon-Pagode in Burma gewesen. Ganz
besonders fasziniert hat mich in diesem Land die tiefe Gläubigkeit
in der Bevölkerung an die Lehre von Buddha. Ich konnte mich
in der Arbeitsgruppe des Eindrucks nicht erwehren, dass dort von
allen Seiten der Glaube bestand, die Problematik einer gemeinsamen
Lösung zuführen zu können.
Mitglieder der Arbeitsgruppe waren Vorstandsmitglieder der Bundesärztekammer,
der Berufsverband deutscher Allgemeinärzte und die Deutsche
Gesellschaft für Allgemeinmedizin, der Berufsverband Deutscher
Internisten und die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin,
ferner der Verband der Hausärztlichen Internisten, der Marburger
Bund und letztendlich auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung,
die wir wegen der Bedeutung auch für das Vertragsarztrecht
gebeten hatten, in der Arbeitsgruppe mitzuarbeiten.
Die Arbeitsgruppe hat im letzten Jahr einige Male getagt und hat
sich zum Ziel gesetzt, darüber zu diskutieren, welche Anforderungen
an eine Hausärztin/einen Hausarzt der Zukunft überhaupt
gestellt werden müssen. Sehr schnell konnten sich alle Beteiligten
auf die Inhalte dessen einigen, was für einen Hausarzt der
Zukunft benötigt wird.
Ich möchte an dieser Stelle allen Beteiligten - den Internisten
und den Allgemeinärzten - meine Hochachtung aussprechen, die
viele Kompromisse geschlossen und viele Hürden überwunden
haben, um zu einem gemeinsamen Inhalt zu kommen, der die Anforderungen
an die Hausärztin/den Hausarzt definiert.
(Beifall)
Nachdem die Anforderungen definiert waren und man sich klar war,
was im Prinzip geschehen muss, wurde es etwas schwierig, weil die
Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer beauftragt wurden,
das, was in dieser Arbeitsgruppe diskutiert wurde, in Vorschläge
zum Weiterbildungsrecht zu gießen. Ich denke, uns allen ist
klar, dass ein Weiterbildungsgremium wie der Ausschuss und die Ständige
Konferenz "Weiterbildung" auch noch andere Gesichtspunkte
mit berücksichtigen muss als Berufsverbände und Fachgesellschaften,
die ja isoliert nur ihr Fachgebiet und die Wissenschaft in ihrem
Fachgebiet sehen. Die Weiterbildungsgremien müssen natürlich
auch das Weiterbildungsrecht als solches berücksichtigen, müssen
EU-Regelungen berücksichtigen und müssen im Sinne der
beschlossenen Deregulierung vor allem auch die Frage beantworten:
Ist diese Umsetzung auch machbar? Ist sie in der täglichen
Praxis realisierbar, ohne dass Engpässe für die Kolleginnen
und Kollegen entstehen, die diese Weiterbildung betreiben wollen?
Wir müssen in diesen Gremien auch übergeordnete Gesichtspunkte
mit in die Diskussion einbringen, was die Arbeit oftmals etwas schwierig
macht.
Schauen wir uns zunächst einmal den Istzustand an. Wir haben
auf der einen Seite den Facharzt für Allgemeinmedizin und auf
der anderen Seite den Facharzt für Innere Medizin, der sowohl
hausärztlich als auch fachärztlich tätig ist. Die
Schwerpunkte in der Inneren Medizin kommen natürlich noch hinzu.
Das heißt, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben jetzt
ein dreistufiges System.
Der Antrag von Herrn Dietz aus dem vorigen Jahr beinhaltet, dass
wir den Facharzt für Allgemeinmedizin und den Facharzt für
Innere Medizin auf irgendeine Art und Weise - er hat, wie gesagt,
wörtlich von "fusionieren" gesprochen - zu einem
gemeinsamen Hausarzt der Zukunft zusammenfassen.
Unser Ziel muss also sein, aus dem dreistufigen System ein zweistufiges
System zu machen, das beispielsweise auf der einen Seite eine Hausärztin/einen
Hausarzt zur Folge hat und auf der anderen Seite einen Internisten
mit seinen Schwerpunkten. Hierüber haben die Gremien lange
Zeit diskutiert. Letztendlich hat der Ausschuss "Weiterbildung"
ein solches zweistufiges Modell für sehr sinnvoll erachtet
und einstimmig beschlossen. Er hat es der Ständigen Konferenz
zur Diskussion vorgelegt. Die Ständige Konferenz "Weiterbildung"
hat dieses über drei Stunden sehr intensiv diskutiert und dann
das zweistufige Modell, das ich Ihnen anschließend vorstellen
werde, ohne Gegenstimme beschlossen. Sie hat dem Vorstand der Bundesärztekammer
empfohlen, Ihnen dies heute vorzutragen.
Was beinhaltet dieses zweistufige Modell? Das Ganze beginnt mit
drei Jahren gemeinsame Inhalte. Es ist vorgesehen, dass mindestens
zwei Jahre obligat im stationären Bereich sind. Es geht also
um eine stationäre Weiterbildung in einer weiterbildungsbefugten
Klinik. Ein Jahr kann aus anderen Gebieten angerechnet werden.
Beim Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin erfolgt eine
Weiterbildung in der ambulanten hausärztlichen Versorgung,
also zwei Jahre im niedergelassenen Bereich, inklusive der für
die hausärztlich tätige Kollegin/den hausärztlich
tätigen Kollegen gültigen chirurgischen Weiterbildungshalte.
Sie wissen ja, dass wir in der fünfjährigen Weiterbildung
zum Allgemeinarzt einen Kurs von 80 Stunden vorgesehen haben. Sie
wissen auch, dass bei der dreijährigen Weiterbildung, die vorher
bestand, ein 240-Stunden-Kurs vorgesehen war.
Die Ständige Konferenz und auch der Vorstand der Bundesärztekammer
waren sich darüber einig, dass die Inhalte, die in diesen Kursen
gelehrt werden, also im Wesentlichen psychosomatische Inhalte, auf
jeden Fall erhalten bleiben müssen, dass man aber überlegen
sollte, ob dies wirklich in einem Kurssystem geschehen muss, weil
dies den jungen Kolleginnen und Kollegen ja wieder neues Geld und
weitere Zeit abverlangt, ob man den Inhalt nicht anders darlegen
kann.
Das Ganze endet mit einer Prüfung nach fünf Jahren. Diese
Prüfung muss natürlich die bisher allgemeininternistischen
Inhalte umfassen, wie sie im stationären Bereich gelehrt werden
und gelernt werden können, und muss natürlich die speziellen
Inhalte, die wir bisher unter den Begriff Allgemeinmedizin gestellt
haben, umfassen, also die speziellen Gesichtspunkte, die man benötigt,
um als Familienarzt, als Arzt, der die Ganzheit sieht und behandelt,
tätig werden zu können.
Die Kollegin/der Kollege könnte dann den Titel "Facharzt
für Innere und Allgemeinmedizin" erhalten. Das ist nur
ein Terminus technicus. Dieser Arbeitstitel muss sicher bei der
Novellierung der (Muster)-Weiterbildungsordnung im nächsten
Jahr noch angepasst werden, wenn ein entsprechender Bedarf besteht.
Für den zukünftigen "Facharzt für Innere Medizin/Schwerpunkt
..." erfolgt nach den drei Jahren der gemeinsamen Inhalte die
Vermittlung der Schwerpunktinhalte in der Inneren Medizin. Derzeit
sind es acht an der Zahl. Ob sich diese Zahl noch ändert, werden
wir im nächsten Jahr diskutieren.
Nach diesem Modell erfolgt die Prüfung nach sechs Jahren. Diese
Prüfung beinhaltet natürlich die normale internistische
Medizin und die Schwerpunkte. Das heißt, der Kandidat, der
hier zur Prüfung antritt, muss sowohl die allgemein-internistischen
Dinge beherrschen als auch seine Schwerpunktinhalte. Das alles würde
mit dem "Facharzt für Innere Medizin/Schwerpunkt ..."
enden.
Die Weiterbildungszeiten zum Hausarzt der Zukunft sind: mindestens
zwei Jahre stationär, ein Jahr wahlfrei - stationär, ambulant,
in einem anderen Fachgebiet - und mindestens zwei Jahre ambulante
hausärztliche Weiterbildung. Man kommt auf eine Gesamtzeit
von fünf Jahren, mindestens zwei Jahre stationär, mindestens
zwei Jahre ambulant, ein Jahr mit Wahlfreiheit.
Ich komme zu den Weiterbildungszeiten für den Schwerpunkt-Internisten.
Erforderlich ist eine mindestens zwei Jahre dauernde stationäre
allgemein-internistische Weiterbildung, ein Jahr wahlfrei, dann
mindestens drei Jahre Weiterbildung im Schwerpunkt. Sie wissen,
dass diese mindestens dreijährige Weiterbildung im Schwerpunkt
aus EU-rechtlichen Gründen erforderlich ist. Sie haben dies
im vorigen Jahr mit dem Paragraphenteil im Prinzip auch als Grundlage
für die weitere Diskussion beschlossen.
Welche Vorteile bietet für die Kolleginnen und Kollegen und
für die Existenz der hausärztlichen Versorgung das zweistufige
Modell, das Ihnen die Bundesärztekammer heute vorstellt? Wir
haben eine zweigliedrige Struktur in allgemeinmedizinisch-internistisch
geprägte Hausärzte und spezialisierte Internisten. Die
bisherige Diskussion, wer der bessere Hausarzt ist - der Allgemeinarzt
oder der hausärztliche Internist -, entfällt. Wir haben
klare Strukturen auch für die Patientinnen und Patienten. Die
Patientinnen und Patienten werden ganz klar sehen: Ich muss zum
Hausarzt als dem ersten Ansprechpartner gehen, wenn ich fachärztlich
allgemeinmedizinisch versorgt werden will. Wer ist der Spezialist,
der mich dann weiter betreut oder zuständig ist, wenn ich ein
ganz spezielles Problem habe?
An der bisherigen fünfjährigen Weiterbildung ändert
sich nichts. Es wird einen fünfjährig weitergebildeten
Hausarzt mit flexiblen Bildungsmöglichkeiten und soliden Mindestqualifikationen
in den Grundfächern geben. Sie wissen, dass die Forderung sowohl
von Ihnen als auch von den Weiterbildungsgremien gestellt wurde,
gerade für die Zukunft sehr flexible Möglichkeiten zu
schaffen. Die Kolleginnen und Kollegen haben sehr viele Wege, um
zu dieser Qualifikation als Facharzt/Fachärztin für Allgemeinmedizin
und Innere Medizin zu kommen. Wir haben solide Mindestqualifikationen
in den erforderlichen Grundfächern. Wir haben die Innere Medizin
als Grundfach und die chirurgischen Inhalte mit aufgenommen.
Es gibt einen großen Vorteil - und das war den Weiterbildungsgremien
ganz wichtig -: Nicht jeder Schwerpunktinternist muss das "Hausarztpaket"
durchlaufen. Nicht jeder Schwerpunktinternist muss in die niedergelassene
Praxis gehen, muss chirurgische Inhalte erlernen, muss einen Kurs
oder etwas Ähnliches absolvieren. Dies hielten die Weiterbildungsgremien
für nicht umsetzbar.
Dieses Modell der Bundesärztekammer bietet den großen
Vorteil, dass die Schwerpunktinternisten diesen Flaschenhals nicht
durchlaufen müssen, sondern auf anderem Wege zu ihrem Facharzt
für Innere Medizin und zu ihrer Schwerpunktbezeichnung kommen.
Der Umstieg für Schwerpunktinternisten mit zwei Jahren Weiterbildung
ist ohne größere Probleme möglich, wenn zwei Jahre
hausärztliche Tätigkeit in der Praxis anschließen.
Wenn er das anrechnungsfähige Jahr bereits in der hausärztlichen
Praxis absolviert hat, ist dies anrechnungsfähig. Er braucht
dann praktisch nur noch ein letztes Jahr in der hausärztlichen
Praxis zu verbringen.
Das heißt, mit der heutigen Zeit von sieben Jahren für
die Weiterbildung in der Inneren Medizin und im Schwerpunkt könnten
wir in Zukunft dahin kommen, dass wir sowohl den Facharzt für
Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung als auch den Facharzt
für Allgemeine und Innere Medizin installieren könnten.
Das ist eine sehr flexible Lösung. Das heißt, auch der
Schwerpunktinternist ist in Zukunft von der hausärztlichen
Versorgung nicht ausgeschlossen, wenn er sich entsprechend zusätzlich
qualifiziert.
Ein ganz wichtiger Grund dafür, dieses Modell so vorzustellen,
wie ich es gerade getan habe, ist die Tatsache, dass dieses Modell
mit den Heilberufsgesetzen der Länder und vor allem mit den
Europa-Richtlinien, die sich ja mit der Migration befassen, kompatibel
ist. Das heißt, das, was ich Ihnen gerade vorgestellt habe,
kann man ohne große Schwierigkeiten mit den EU-Regelungen
und den EU-Richtlinien in Einklang bringen.
Der Vorstand der Bundesärztekammer hat einen entsprechenden
Antrag beschlossen, der Ihnen heute als Entschließungsantrag
des Vorstands der Bundesärztekammer vorliegt. Er läuft
darauf hinaus, dass Sie gemäß dem Auftrag des 104. Deutschen
Ärztetages eine zweigliedrige Struktur für die Weiterbildung
zum Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin und zum Facharzt
für Innere Medizin mit einer Schwerpunktbezeichnung beschließen
als Basis für die Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung,
die wir ja im nächsten Jahr zur Beschlussfassung vorstellen
und vorlegen wollen.
Meine Damen und Herren, ich bin noch immer ganz davon überzeugt,
dass es uns auch heute gelingen wird - daran glaube ich fest -,
hier einen sinnvollen Beschluss zu fassen, der das hausärztliche
Geschehen in Zukunft sinnvoll möglich macht, und zwar auf einer
qualitativ hohen Ebene, mit vielen flexiblen Möglichkeiten
und der Erfüllung der Interessen, die alle Seiten vertreten
können.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Vielen Dank, Herr Kollege Koch, für diesen Vortrag. In einer
gemeinsamen Vorstandssitzung von KBV und Bundesärztekammer
haben wir beschlossen, dass wir diese Richtung verfolgen sollten,
wenn wir unser Ziel erreichen wollen.
Bevor wir zur Diskussion kommen, möchte ich mitteilen, dass
es zwei Geschäftsordnungsanträge gibt. Der eine Antrag
betrifft die Form der Abstimmung. Es wird beantragt, nach §
16 der Geschäftsordnung die Schlussabstimmung geheim und schriftlich
durchzuführen. Den anderen Antrag müssen wir sofort bescheiden.
Dabei geht es um die Frage, ob wir uns von vornherein auf eine Redezeit
von vier Minuten begrenzen.
(Zuruf: Drei Minuten!)
- Jetzt gibt es einen Antrag auf Begrenzung der Redezeit auf drei
Minuten. - Jetzt gibt es eine Wortmeldung von Herrn Kollegen Windau
aus Sachsen. Ich schätze, Sie möchten eine Gegenrede halten.
Bitte schön.
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