Dr. Hoffart, Berlin:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das nennt man Galgenhumor:
Kaum hat man die Allgemeinmedizin in Deutschland auf internationales
Niveau gehoben, wird sie auch schon wieder begraben. Dazu auch noch
lebendig begraben, denn seit der Ärztetag das Initiativprogramm
erzwungen hat, ist die Allgemeinmedizin aufgeblüht. In Berlin
haben wir die Zahl der Facharztprüfungen innerhalb kürzester
Zeit verdreifachen können.
Herr Professor Hoppe hat noch im letzten Jahr zugesichert, dass
die Allgemeinmedizin auf diesem Ärztetag nicht zur Disposition
steht. Der Herr Präsident ist ein ehrenwerter Mann; er muss
schon sehr gute Gründe dafür haben, dass sein Wort heute
nicht mehr gilt. Natürlich ist es so, dass die Politik der
Selbstverwaltung im Nacken sitzt; denn einen Hausärztemangel
kann sich keine Regierung leisten.
Daran, dass es so gekommen ist, sind die Ärztekammern nicht
ganz unschuldig. Die Gesellschaft hat die Hoheit der Gestaltung
der Berufsstrukturen und die Weiterbildungshoheit der Selbstverwaltung
übertragen. Das Resultat war aber, dass wir in Berlin bis vor
kurzer Zeit weit mehr Anästhesisten weitergebildet haben als
Allgemeinmediziner, dass die Weiterbilder in den Kliniken kaum Hausärzte
weiterbilden, weil sie den persönlichen Vorteil über das
Gemeinwohl stellen.
In dieser Situation werden nun Modelle entwickelt, die den Allgemeinmediziner
abschaffen wollen, denn der Arbeitstitel des Kompromissmodells der
Bundesärztekammer lautet: Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sozialrecht, Vorgaben der Gesellschaft
und Weiterbildungsrecht müssen schon kompatibel sein. Der Hausarzt
der Zukunft ist der Arzt für Allgemeinmedizin. Ich erinnere
an Beschlüsse dieses Gremiums und an Beschlüsse der Gesundheitsministerkonferenz.
Auf der anderen Seite gilt: Inhaltlich und strukturell können
wir, kann ich dieses Kompromissmodell der Bundesärztekammer
mittragen, mit viel Bauchschmerzen, aber der innerärztliche
Frieden ist uns sehr viel wert. Schaffen wir das nicht, wird uns
die Gesellschaft die Gestaltung des Weiterbildungsrechts entziehen.
(Vereinzelt Beifall)
Die KVen sind bereits sturmreif geschossen. Bewahren Sie die Kammern
vor diesem Schicksal!
Ich danke Ihnen.
(Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Vielen Dank, Herr Hoffart. Ich sehe keine Abschaffung der Allgemeinmedizin,
sondern ich sehe eine Weiterführung der Allgemeinmedizin in
einer anderen Form.
(Beifall)
Deswegen glaube ich nicht, dass man sagen kann, dass wir hier heute
die Allgemeinmedizin abschaffen. Daran würde ich mich nicht
beteiligen, nicht einmal an einer Diskussion darüber. Dabei
bleibe ich. - Jetzt bitte Herr Zimmer aus Nordrhein.
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