Zimmer, Nordrhein:
Herr Präsident!Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Als jemand, der auf dem Eisenacher Ärztetag für die Allgemeinmedizin,
in der er ja tätig ist, wirklich gezittert und gelitten hat,
möchte ich zunächst einmal erklären: Ich sehe in
dem vorgeschlagenen Kompromissmodell überhaupt nicht die Abschaffung
der Allgemeinmedizin, denn Namen sind Schall und Rauch, Inhalte
sind alles, was das Leben hinterher hergibt.
(Beifall)
Herr Dr. Koch, Sie haben es geschafft,
die zwei dicksten Ankertaue der medizinischen Versorgung überhaupt,
nämlich die Allgemeinmedizin und die Innere Medizin, wenn man
sie nach der Zahl betrachtet, durch eine Spinnmaschine hindurchzuziehen
und ein wunderbar fein gewebtes Netz herauszubekommen, mit dem man
Fallschirm springen kann und meiner Ansicht nach sicher auf dem
Boden landet, soweit man - das müssen wir uns hier einmal vor
Augen führen - sich in der Medizin jung orientiert, was man
werden will. Diejenigen, die hier sitzen, sind doch von diesem Problem
per se nicht mehr betroffen.
(Beifall)
Wir schaffen aber in einer Zeit,
in der wir uns über den Ärztemangel und über die
Orientierungslosigkeit in der Medizin beschweren, zum ersten Mal
eine Chance, jungen Menschen zu sagen: Du musst nicht am ersten
Tag anfangen zu lügen, weil du Allgemeinarzt werden willst,
aber in eine internistische Abteilung
musst;
(Beifall)
du kannst, weil du in der Universität
vielleicht nicht ganz genau weißt, was du wirklich werden
willst - ich wollte per se Unfallchirurg werden -, dich orientieren
und feststellen, dass das nicht ein Leben lang so gehen kann, dass
du damit nicht zufrieden bist, und du kannst innerhalb von zwei
- jetzt sogar drei - Jahren immer noch eine Entscheidung treffen,
bei der deine Lebenszeit bis dorthin nicht sinnlos irgendwo in einer
Klinik verbracht wurde.
(Beifall)
Wenn man am Ende einer Ausbildung
von fünf Jahren, die eine Praxistätigkeit mit beinhaltet,
wirklich meint, man müsste, obwohl chirurgisch gebildet, trotzdem
internistischer Chef in einer Klinik der Grund- und Regelversorgung
werden - wer ist daran gehindert, sich weiteres Fachwissen im stationären
Bereich anzueignen und vielleicht nach sechs oder sieben Jahren
auch Chefarzt einer Grundversorgungsklinik zu werden
(Beifall)
und damit einer der bestqualifizierten
Partner für die Zukunft zu werden, wie ich sie mir wünsche,
nämlich Chefarzt internistischer Regelversorgungseinrichtungen,
der weiß, wie das Leben draußen aussieht? Damit habe
ich eine Zukunft vor mir, die mich glücklich machen würde.
(Beifall)
Vor diesem Hintergrund bin ich
willens und bereit, für mich als Person selbst auf den Namen
zu verzichten, wenn die Allgemeinmedizin als Annex hinten herunterfällt,
wenn nur die Inhalte stimmen.
Ich möchte Sie noch auf eine
ganz gefährliche Vision hinweisen. Es geht um die im Antrag
IV-5 dargestellte hausärztliche Versorgung aus der Sicht einer
anderen Gruppierung. Dort wird der Facharzt für Allgemeinmedizin
und Innere Medizin als die Basisversorgung schlechthin, nämlich
die Vorqualifikation für richtige Ärzte mit darauf aufsetzendem
Schwerpunkt der Inneren Medizin, optiert. Das halte ich gerade für
junge Menschen für verführerisch, denn sie geraten in
die Situation, dass sie erst das eine komplett machen müssen,
um anschließend dann der bessere Arzt zu werden. Wie viel
Lebensarbeitszeit können wir eigentlich diesen jungen Ärzten,
die sowieso nicht mehr kommen wollen, abverlangen, um am Ende ein
Ziel zu erreichen, das sie von vornherein nicht wollen?
Danke.
(Lebhafter Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank, Herr Zimmer. Herr Zimmer ist - das muss ich
denen sagen, die leider nicht im Rheinland wohnen können -
(Heiterkeit)
ein beliebter Fernsehgast in WDR 3, wenn es um gesundheitspolitische
Themen geht und man einen richtigen Hausarzt braucht, der was vom
Zucker versteht, der etwas von Windeln bei alten Leuten versteht.
Da ist Herr Zimmer der Richtige; er weiß immer, woran wir
sind. Vielen Dank.
(Beifall)
Als nächster Redner bitte Herr Dr. von Römer aus Bayern.
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