TOP IV : Zukunft der hausärztlichen Versorgung

3. Tag: Donnerstag, 30. Mai 2002 Nachmittagssitzung

PD Dr. Ludwig, Nordrhein:

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heute zu treffende Entscheidung bezüglich der allgemeinmedizinischen und internistischen Weiterbildungsordnung ist für uns Internisten von erheblicher Tragweite. Die bisherige Diskussion in diesem Plenum wurde vorwiegend vom Standpunkt der Allgemeinmedizin und der Allgemeininternisten aus geführt. Gestatten Sie mir deshalb eine Stellungnahme zum Modell der Bundesärztekammer aus der Sicht des Schwerpunktinternisten.

Wenn man sich die äußere Form des Bundesärztekammermodells ansieht, kann man als Schwerpunktinternist auf den Gedanken kommen: Das ist ganz schön, die Schwerpunkte werden hier gut ausgebaut, der Facharzt für Innere Medizin bleibt bestehen. Etwas aufgewertet sind die Schwerpunkte.

Schaut man sich das Modell aber genauer an, wird man schnell feststellen, dass der Schwerpunktinternist mit dem Facharzt für Innere Medizin überhaupt nichts anfangen kann. Das ist eine Mogelpackung. Nehmen Sie einmal an, die Gewichtung des Schwerpunkts in der Inneren Medizin wird sich in der Zukunft anders entwickeln - ich meine jetzt nicht die Kardiologie und die Gastroenterologie, die großen Schwerpunkte, sondern kleinere Schwerpunkte - und der Betreffende möchte sich doch noch einmal über den Arzt für Allgemeinmedizin und Innere Medizin orientieren und er ist niedergelassen. Dann kann er seine Praxis aufgeben und als Praxisassistent weiterarbeiten, um dann überhaupt der Weiterbildungsordnung Genüge zu tun.

Das funktioniert nicht. Ich sehe in diesem Modell einen Abbau des Facharztes für Innere Medizin.
Wenn man sich die Inhalte dieses Modells genau anschaut, wird man feststellen, dass die interdisziplinäre Basisweiterbildung dem Schwerpunktinternisten fehlt. Er wird mit diesem Modell in die Sackgasse des Überspezialisten gedrängt. So fehlt beispielsweise in der Basisweiterbildung die Chirurgie. Ich beispielsweise als Angiologe bin sehr dankbar dafür, dass ich einmal die Gefäßchirurgie mit absolviert habe. Gerade die chirurgischen Fächer wirken sich positiv auf die Schwerpunkte wie Angiologie, Kardiologie und Gastroenterologie aus.

Nun könnten Sie sagen: Schön und gut, das hat es in der derzeitigen Weiterbildungsordnung ja auch gegeben; auch dort ist der Spezialist sehr eng begrenzt. Allerdings besteht ein großer Unterschied zwischen dem derzeitigen System und der Zukunft: Im derzeitigen System haben wir eine fünfjährige allgemeininternistische Weiterbildung als Basis. Im zukünftigen Modell wird diese Basis auf drei Jahre reduziert, im Ernstfall sogar auf zwei Jahre Innere Medizin. Wie soll da ein Spezialist seine medizinische Parallaxe erweitern können? - Überhaupt nicht.

Die ganzheitliche und integrierte Versorgung unserer Kranken auf hohem Niveau in Klinik und Niederlassung erfordert, dass die Weiterbildung in den internistischen Schwerpunkten auf die im Bundesärztekammermodell definierte fünfjährige Gebietsweiterbildung unbedingt aufgesetzt wird.

Wenn ich die Botschaften der vergangenen Jahre richtig verstehe, so sollte doch die fachliche Qualifikation der Ärztinnen und Ärzte verbessert werden.

Ebenso sollte die neue Weiterbildungsordnung Voraussetzungen zur Schaffung des medizinischen Weitblicks schaffen. Durch eine solche Verbesserung der Weiterbildungsordnung sollte die Versorgung von Patienten optimiert werden und es sollten Kosten eingespart werden.

Nun müssen wir uns auch dazu bekennen, meine Damen und Herren. Wir dürfen eine Abdrift in die Überspezialisierung - ich vermeide hier bewusst den Ausdruck Fachidiot - nicht zulassen.
Ich bitte Sie, den Antrag 9 anzunehmen.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Danke schön. - Als nächste Rednerin bitte Frau Kollegin Fick aus Bayern.

© 2002, Bundesärztekammer.