TOP VI : Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

4. Tag: Freitag, 31. Mai 2002 Vormittagssitzung

Dr. Montgomery, Vorstand der Bundesärztekammer:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte im Rahmen des Blocks "Ethische Fragen der Gesundheitsversorgung" zu drei Themenkomplexen zu Ihnen sprechen. Es handelt sich um die Anträge VI-1 und VI-1 a, die sich mit der Frage der Menschenrechte in Israel und Palästina und mit dem Ergebnis einer Tagung der Beauftragten für Menschenrechte der Bundesärztekammer und der Landesärztekammern in Hamburg, den ich Ihnen ans Herz legen möchte, beschäftigen. Der Änderungsantrag 1 a zielt ausschließlich darauf ab, im letzten Spiegelstrich das Wort "palästinensischen" zu streichen, sodass die gesamte Bevölkerung gemeint ist. Ich halte das für einen vernünftigen Vorschlag.

Ich möchte Ihnen gern berichten, mit welcher Mühe sich der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesärztekammer und die Menschenrechtsbeauftragten der Landesärztekammern diesem Thema genähert haben und versucht haben, einen ausgewogenen Antrag zu formulieren, welcher der Situation sowohl der israelischen Bevölkerung gerecht wird als auch das Recht der Menschen dort auf die Sicherheit des täglichen Lebens berücksichtigt wie auch die Einschränkungen, die sich aus den kriegerischen Maßnahmen für die palästinensische Bevölkerung ergeben.

Die Tatsache, dass es einen einzigen Änderungsantrag dazu gibt, bewerte ich als ein deutliches Indiz, dass der Gruppe der Menschenrechtsbeauftragten ein recht guter und vernünftiger Antrag gelungen ist. Ich bitte Sie sehr, diesen Antrag mit möglichst großer Mehrheit zu unterstützen.

(Beifall)

Der zweite Komplex, zu dem ich sprechen möchte, behandelt die Frage der Sicherung von Beweismitteln bei vermuteten Drogendealern durch Brechmitteleinsatz. Dazu liegen zwei Anträge vor. Der eine kommt vom Vorstand der Bundesärztekammer - das ist die Drucksache VI-2; er ist ebenfalls in der Gruppe der Menschenrechtsbeauftragten erarbeitet worden -, der andere kommt von meinem Freund Kahlke aus Hamburg und hat die Nr. VI-34. Es tut mir ein bisschen weh, dass ich in den beiden Anträgen konkurrierende Inhalte sehe und nun gegen meinen Hamburger Kammerdelegierten Kahlke sprechen muss. Ich muss Sie bitten, in seinem Antrag 34 eine kleine Änderung vorzunehmen, mit der das Ganze in meinen Augen rechtlich passabler und gängiger wird.

Ich will das kurz begründen. Bei der Gabe von Brechmitteln gegen Drogendealer handelt es sich in meinen Augen - so sieht es auch die Gruppe der Menschenrechtsbeauftragten - um einen legitimen Akt des Staates im Wege der Beweissicherung. Der Staat muss dabei aber § 81 a der Strafprozessordnung berücksichtigen, in dem steht, dass ein Arzt Mittel der Beweissicherung nur dann anwenden darf, wenn sicher ist, dass kein Schaden für denjenigen entstehen kann, an dem die Maßnahme vollzogen wird.

Für den Arzt, der das tun soll, ergibt sich ein Konflikt. Er bekommt von einem Staatsanwalt nach § 81 a der Strafprozessordnung die Aufforderung, dies bei einem potenziellen Delinquenten zu tun. Er muss selber den Umfang der Maßnahmen, die er ergreift, festlegen. Wenn wir heute, wie es im Antrag 34 steht, das Handeln des Arztes dann zu einem kriminellen Akt der Berufsordnung machen, geraten wir am Ende in den Konflikt, dass ein Arzt für sich selbst den Konflikt zwischen der staatlichen Anordnung nach § 81 a der Strafprozessordnung und dem zugegebenermaßen dagegen sehr viel später einsetzenden und auch nicht so dramatischen Sanktionsrahmen der Berufsordnung entscheiden muss.

Als Präsident einer Landesärztekammer, in der es diesbezüglich gravierende Probleme gegeben hat, halte ich es nicht für zielführend und für unsere Kollegen nicht für sinnhaltig, sie diesem Konflikt auszusetzen.

(Beifall)

Deswegen bitte ich Sie, den zweiten Absatz folgendermaßen zu fassen:

Das gewaltsame Einbringen von Brechmitteln mittels einer Magensonde stellt ein nicht unerhebliches gesundheitliches Risiko dar.

Dann ist der Antrag 34 in meinen Augen sehr vernünftig und steht nicht mehr im Gegensatz zu den Äußerungen in Antrag 2, den Ihnen der Vorstand vorgelegt hat.

Schließlich möchte ich mich noch zum Antrag VI-15 äußern, der die Beteiligung der Bundesärztekammer am Entschädigungsfonds für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter betrifft. Wir haben das im Vorstand der Bundesärztekammer bereits intensiv diskutiert. Das Problem ist nicht die Frage der Beteiligung der Bundesärztekammer; das Problem ist die Tatsache, dass die Landesärztekammern diese 50 000 Euro natürlich irgendwie refinanzieren müssen, denn die Bundesärztekammer wird ausschließlich von den Landesärztekammern gespeist. Deshalb wäre es in meinen Augen sinnvoller - ich wage fast zu sagen: ehrlicher -, wenn wir den Antrag umformulierten und sagten: Die Landesärztekammern werden aufgefordert, nach dem üblichen Verteilerschlüssel eine Beteiligung der Bundesärztekammer in Höhe von 50 000 Euro am Entschädigungsfonds für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter zu finanzieren. Das wäre etwas aus einem Guss. Vor allen Dingen würde auch der richtige Adressat benannt, denn die Bundesärztekammer kann nicht etwas finanzieren, wenn sich die Landesärztekammern diesem Prozedere verweigern. Deshalb lautet meine herzliche Bitte an die Antragsteller, den Antrag VI-15 in dem von mir benannten Sinne umzuformulieren.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank. - Der nächste Redner ist Herr Kahlke aus Hamburg.

© 2002, Bundesärztekammer.