Anhang A
Beschlüsse und Entschließungen

TOP II: Individualisierung oder Standardisierung in der Medizin?

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG II - 3
ÄNDERUNGSANTRAG ZUM ENTSCHLIESSUNGSANTRAG II - 3a

Auf Antrag von Prof. Dr. Kolkmann (Drucksache II-3) unter Berücksichtigung des Antrages von Dr. Windhorst (Drucksache II-3a) fasst der 105. Deutsche Ärztetag folgende Entschließung:

Disease-Management-Programme nur für die Patienten - nicht gegen sie!
Der 105. Deutsche Ärztetag stellt fest, dass eine rationale Behandlung unter angeleiteter selbstverantwortlicher Mitwirkung der Patienten und unter Anwendung einer evidenzbasierten und leitliniengestützten Medizin eine in der Regel sinnvolle Vorgehensweise darstellt.

Der Deutsche Ärztetag bedauert, dass dieses sinnvolle Instrument dazu missbraucht werden soll, eine politische Fiktion, nämlich den Wettbewerb der Krankenkassen über das Konstrukt des Risikostrukturausgleiches scheinbar zu erhalten.

Er weist daraufhin, dass hierbei ausgerechnet besonders schutzbedürftige Menschen, nämlich chronisch Kranke, für politische Manöver instrumentalisiert werden.

Der Deutsche Ärztetag vermisst die gründliche Planung der Programme und beklagt die mangelhafte Einbeziehung des stationären Sektors in die DMP-Planung.

Der Deutsche Ärztetag stellt klar:

Wenn DMPs gemeinsam mit Krankenkassen vereinbart werden,
· dürfen unter Personenbezug nur administrative Daten (einschließlich der für das Programm maßgeblichen Leitdiagnose) an die Krankenkassen weitergeleitet werden, keinesfalls dürfen Befund- oder Anamnesedaten identifizierbar an die Krankenkasse weitergeleitet werden,
· dürfen gegenüber den Patienten, die sich für ein Programm einschreiben, für die Behandlung angemessene aber nicht in den DMPs vorgesehene Verfahren und Medikamente weder verschwiegen noch - wenn der Patient dann solche wünscht - vorenthalten werden,
· dürfen Patienten, die sich nicht in Disease-Management-Programme einschreiben, nicht gegenüber anderen Patienten benachteiligt werden und
· dürfen Kassen nicht unter Umgehung der behandelnden Ärzte in die Patientenbehandlung eingreifen (Versichertenbezogene Kommunikation der Kassen).

Der 105. Deutsche Ärztetag fordert
· den Gesetzgeber auf, die gesundheitliche widersinnige Verknüpfung von Wettbewerb, Risikostrukturausgleich und DMPs umgehend aufzuheben, und die Patienten nicht weiterhin zur Manövriermasse der Krankenkasse zu machen.
· die Bundesregierung auf, der ärztlichen Selbstverwaltung ausreichend Zeit zu geben, DMPs vernünftig zu planen, zu administrieren und für eine adäquate Einbeziehung des stationären Sektors zu sorgen,
· die Krankenkassen auf, jegliche Versuche in das Patienten/Arzt-Verhältnis einzugreifen oder ein Case Management zu betreiben, strikt zu unterlassen,
· die Ärzteschaft auf, einmütig den Kassen nur pseudonymisierte arzt- und patientenbezogene Daten zu liefern, da berufsethische und berufsrechtliche (BO) Vorgaben die Freigabe sensibler Patientendaten an Dritte verbieten.

© 2002, Bundesärztekammer.