Dr. Lipp, Sachsen:
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es tut mir Leid, dass ich auf eine alte historische Kamelle zurückgreifen muss.
Ich habe aber so viel Wut über das, was in den letzten Wochen und Monaten
geschehen ist, im Bauch, dass ich nicht umhin komme, an den Mauerfall vor 14
Jahren zu erinnern. Da sind Teile der Bevölkerung aufgestanden, weil ihre
Regierung unfähig war und sie diese nicht abwählen konnten. Ich habe mich
damals gefragt, warum dieser Allmachtsstaat kaum etwas dagegen unternommen hat.
Die mussten nichts unternehmen, weil sie wussten, dass mit dieser
Sozialdemokratie in Deutschland sich das geistige Proletariat allein
durchsetzen wird! Dieses geistige Proletariat, das wir in unserer Regierung
vorfinden, besteht in Planwirtschaft,
Fünfjahresplänen und gesellschaftlicher Räsonierung.
Das, was Sie, Herr Professor Hoppe, erwähnt haben, hat
mich tief getroffen, nämlich der geplante Korruptionsbeauftragte, der uns
prüfen soll, ob wir gesellschaftskonform arbeiten. Da frage ich mich, wo wir
eigentlich sind: Gehen wir in Richtung Orwell? Oder gehen wir in Richtung DDR?
(Beifall)
Planwirtschaft bedeutet Mangel. Die meisten von Ihnen,
meine Damen und Herren, wissen nicht, was Planwirtschaft bedeutet; die meisten
können es nur akademisch durchspielen. Wir wissen es. Die Planwirtschaft hat
dazu geführt, dass die internistischen Krankenstationen in der DDR zu 50 bis 70
Prozent mit Pflegefällen vollgelaufen waren, weil die
Pflegeheime zum Teil in einem desaströsen Zustand
waren, weil sie verrottet waren. Die Kolleginnen und Kollegen in den
Krankenhäusern konnten gar nichts mehr machen, weil sie mit den Pflegefällen vollgelaufen waren, und sie haben die Patienten nicht mehr
losbekommen.
Im Gesundheitswesen lässt sich der Bedarf nicht planen.
Wenn ich etwas, was nicht planbar ist, dennoch plane, entsteht Chaos. Es gibt
bei der Planwirtschaft fünf Stadien, nämlich Stadium I: volle Begeisterung,
Stadium II: heilloses Durcheinander, Stadium III: Suche der Schuldigen, Stadium
IV: Bestrafung der Unschuldigen, Stadium V: Auszeichnung der Unbeteiligten.
(Beifall)
Die einzige Fortentwicklung, die es in der Bundesrepublik
gibt, besteht darin, dass alle Stadien durcheinander gehen und gleichzeitig
ablaufen.
Dann gibt es noch die Gewerkschaften, meine Damen und
Herren, die ständig einen Angriff auf den gesunden Menschenverstand starten,
die ständig die individuelle Freiheit einschränken. Ich sage Ihnen: Diese
Gewerkschaften sind im Deutschland des 21. Jahrhunderts so überflüssig wie ein
Rettich im Anus!
(Heiterkeit)
Eigentlich müsste man sagen, dass man keine Patienten mehr
behandelt, die in der Gewerkschaft sind, um endlich diesen endlosen und
sinnlosen Angriffen entgegenzutreten.
Meine Damen und Herren, wir stehen jetzt nicht vor der
Frage: Freiheit oder Staat? Wir stehen auch nicht vor der Frage: Freiheit oder
Rationierung? Wir stehen letztlich vor der Frage - hier will ich einen alten
Ministerpräsidenten zitieren -: Freiheit oder Sozialismus?
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank. Der nächste
Redner ist Herr Henke vom Vorstand der Bundesärztekammer.
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