Dr. Mayer, Bayern:
Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Der Zusammenbruch des Ostblocks hat zu einer Annäherung der Systeme
geführt: Im Osten, insbesondere in der ehemaligen Sowjetunion, darf es etwas
mehr Demokratie sein, im Westen macht man Tor und Tür auf, um Merkmale der
Diktatur, nämlich Überwachung und Kontrolle, zu etablieren. Blockwartdenken und
Denunziantentum werden damit Tor und Tür geöffnet.
Das tangiert nicht nur uns Ärzte, das tangiert alle Bürger
dieses Landes. Es wundert mich, dass es in diesem Lande, wenn es um solche
Dinge geht, noch immer so ruhig ist, dass insbesondere die Presse hier kein
Betätigungsfeld findet, um das den Bürgerinnen und Bürgern dieses Staates
offenkundig zu machen.
(Beifall)
Unabhängig davon stellt die Arzt-Patient-Begegnung
einen der letzten Freiräume dar, wo sich zwei Individuen unkontrolliert
beobachtet begegnen können. Der andere Bereich, nämlich der kirchliche, der
religiöse Bereich, ist weit gehend nicht mehr in Funktion. Wir brauchen ja nur
die Zahl der Kirchenaustritte und den Mangel an Priestern zu registrieren.
Kein Wunder, dass die Politik daran interessiert ist, auch
noch diesen letzten Freiraum auszuräumen, zu vernichten. Am Ende der gestrigen
Eröffnungsveranstaltung wurde ich von einem Gast gefragt, ob unser Präsident
auch noch Gespräche mit der Ministerin führen würde. Schön wär’s! Das ist
leider nicht Usus. Selbst wenn es Usus wäre, müsste man fragen: Wie kann eine
Ministerin, die sich in ihren Gesetzen wie in einem Irrgarten bewegt,
fachkundige Gespräche führen?
Herr Präsident, Präsidentinnen und Präsidenten der
Landesärztekammern, ich appelliere an Sie: Wenn das in diesem
Gesundheitsreformgesetz vorgesehene Kontrollsystem so kommen soll, wie es
angekündigt ist, müssen wir Ärzte auf die Straße gehen. Das sind wir den
Bürgern dieses Landes schuldig.
(Beifall)
Dann müssen wir auch zu dem letzten Mittel, das zur
Verfügung steht, greifen, nämlich dem Streik.
Vielen Dank.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Danke sehr, Herr Mayer. Der
nächste Redner ist Herr Massing aus Westfalen-Lippe.
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