TOP II : Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung

2. Tag: Mittwoch, 21. Mai 2003 Nachmittagssitzung

Dr. Kaplan, Bayern:

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen anhand der von Herrn Koch vorgestellten Struktur der (Muster-)Weiterbildungsordnung einige Beispiele aufzeigen, wie der Weiterbildungsgang zum Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin in seiner ganzen Flexibilität und Ausrichtung auf den Versorgungsbedarf aussehen kann.

Zunächst kurz zur Rekapitulation einige Worte zur Struktur. Wir haben eine 36-monatige Weiterbildung in der stationären internistischen Patientenversorgung als Basisweiterbildung, darauf aufbauend auf der einen Seite eine dreijährige Weiterbildung im Schwerpunkt mit Erreichen einer Schwerpunktkompetenz. Auf der anderen Seite haben wir nach einer 36-monatigen Weiterbildung in der Inneren Medizin eine zweijährige Weiterbildung in der ambulanten hausärztlichen Versorgung. Hierbei sind anrechenbar: ein Jahr Weiterbildung in einem patientennahen Gebiet, eine sechsmonatige Weiterbildung in der Chirurgie und weiterbildungsbegleitend ein 80-stündiger Kurs in der Psychosomatik. Diese Weiterbildung führt dann zum Erhalt der Facharztkompetenz.

Diese Facharztkompetenz möchte ich etwas genauer erläutern und Ihnen da­r­stellen. Zunächst bezüglich der hausärztlichen Versorgungssituation: zwei Jahre Weiterbildung in der stationären internistischen Patientenversorgung, dann ein Jahr Weiterbildung in patientennahen Fächern. Es ist möglich, hier unter vier Fächern zu wählen. Sinnvollerweise kommen nur zwei Fächer mit jeweils einem halben Jahr infrage, nämlich die Pädiatrie und die Neurologie als Beispiel. Dann 24 Monate in der ambulanten hausärztlichen Patientenversorgung mit dem Erwerb chirurgischer Inhalte.

Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass auch in diesem Weiterbildungsabschnitt natürlich internistische Inhalte vermittelt werden können. Das Berufsbild wäre dann das des Landarztes, also die hausärztliche Versorgung in einer Region mit relativ geringer Facharztdichte.

Als Pendant dazu gibt es eine dreijährige internistische Weiterbildung, dann eine zweijährige Weiterbildung in der ambulanten hausärztlichen Patientenversorgung, wiederum mit dem Erwerb der chirurgischen Inhalte. Dies wäre dann das Berufsbild des Hausarztes mehr im städtischen Bereich, also in einem Bereich mit einer hohen Facharztdichte.

Lassen Sie mich hier noch einen dritten Weiterbildungsgang erläutern, nämlich einen Weiterbildungsgang mit einem Maximum an internistischen Inhalten: 36 Monate Weiterbildung in der stationären internistischen Patientenversorgung, darauf aufbauend eine 21-monatige Weiterbildung in der ambulanten hausärztlichen Patientenversorgung in internistisch ausgerichteten Hausarztpraxen. Dies ist ein Weiterbildungsweg mit einer Dauer von 4 ¾ Jahren in der Inneren Medizin. Nachdem hier natürlich keine chirurgischen Inhalte vermittelt werden können, muss der Kollege bzw. die Kollegin noch drei Monate Weiterbildung in einer chirurgischen Praxis oder in einer chirurgischen Ambulanz absolvieren.

Dieser so weitergebildete Facharzt hat eine Vielfalt an Möglichkeiten von Tätigkeitsbereichen. Zu nennen ist zum einen die Niederlassung als Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin als stark internistisch ausgerichteter Hausarzt, entsprechend dem heutigen hausärztlich tätigen Internisten.

Infrage kommt auch die Anstellung auf einer Inneren Abteilung eines Krankenhauses, hier als Koordinator, als Klammer zwischen den Schwerpunkten oder als Konsiliarius für die anderen zum Teil operativen Abteilungen, aber auch als Arzt in der Notaufnahme oder in der Aufnahmestation. Auch eine Anstellung in einer Reha-Klinik ist möglich, und zwar mit guten Chancen, hier als Leiter tätig zu werden. Schließlich ist auch noch das Tätigkeitsfeld beim Medizinischen Dienst der Bundeswehr zu nennen oder aber in der Industrie.

Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Weiterbildungsgang schafft eine Vielzahl von Möglichkeiten, tätig zu werden. Der Vollständigkeit halber möchte ich noch ganz kurz die Säule Erreichung der Schwerpunktkompetenz ansprechen. Auf eine 36-monatige Weiterbildung in der stationären internistischen Patientenversorgung setzt sich die Weiterbildung in den acht Schwerpunkten drauf.

Ich möchte darauf hinweisen, dass in diesem Weiterbildungsabschnitt allgemeine internistische Inhalte vermittelt werden können, sodass dieses Modell eigentlich dem vorgelegten BDI-Modell entspricht, das nämlich fordert: fünf Jahre Weiterbildung in der Allgemeinmedizin und der Inneren Medizin, aufgesetzt drei Jahre im Schwerpunkt, aber zwei Jahre können versenkt werden in den fünf Jahren. Das heißt, die Inhalte sind gleich, nur ist die Verpackung anders.

Es führt also auch dieser Weiterbildungsweg zu einer Integration internistischer Inhalte in der Weiterbildung. Es kommt zu keiner Zerschlagung der Inneren Medizin, es kommt zu keiner Abschaffung dieses Fachs.

Kurz zusammenfassend: Die (Muster-)Weiterbildungsordnung erfüllt, so wie sie vorgelegt wurde, die Forderungen der vorausgegangenen Ärztetage, nämlich Beendigung des Dualismus zwischen Allgemeiner Medizin und Allgemeiner Innerer Medizin, eine Vereinfachung und Verschlankung der Weiterbildungsordnung, die Bildung von gemeinsamen Weiterbildungsinhalten und Beendigung des Wettbewerbs im fachärztlichen Bereich zwischen Schwerpunktinternist und Allgemeininternist.

Folgende Ziele werden erreicht: Sicherung des hausärztlichen Nachwuchses und somit Sicherung der hausärztlichen Versorgung, und zwar dadurch, dass ein attraktiver Weiterbildungsweg entsteht, bei dem jeder seine Schwerpunkte selber wählen kann, bei dem jeder seine Weiterbildung auf den Versorgungsbedarf vor Ort ausrichten kann, wodurch eine positive Zukunftsperspektive für unsere jungen Kolleginnen und Kollegen geschaffen wird.

Es führt zur Sicherung einer hohen Qualität sowohl in der hausärztlichen als auch in der fachärztlichen Versorgung. Es führt zur Sicherung einer Strukturierung der Versorgung mit einer klaren Definition, wie das ja auch vor zwei Tagen die Vertreterversammlung der KBV durch Annahme des Positionspapiers als Erwartung an uns ausgedrückt hat.

Die Bildungsordnung ist auch eine Arbeitsteilungsordnung. Das ist ein ganz wichtiges Faktum für die vertragsärztliche Versorgung.

Die Sicherung eines flexiblen Weiterbildungswegs mit Einstiegsmöglichkeiten aus allen patientennahen Fächern gewährleistet unseren jungen Kolleginnen und Kollegen, dass sie aus jedem patientennahen Fach in die Weiterbildung zum Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin einsteigen können, ohne Zeit zu verlieren. Letztendlich führt es auch zu einer Verkürzung der Weiterbildungszeit in den Schwerpunkten auf die notwendigen Inhalte. Last but not least führt es auch zum Erhalt des integrativ-internistischen Berufsbildes, ausgerichtet auf den zukünftigen Versorgungsbedarf unserer Bevölkerung.

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Ich bitte Sie, im Interesse unseres ärztlichen Nachwuchses, im Sinne einer Sicherung der ärztlichen Versorgung, insbesondere der hausärztlichen Versorgung, in der Zukunft und letztendlich auch im Sinne des Selbstverständnisses der ärztlichen Selbstverwaltung, diesen vorgelegten Entwurf der (Muster-)Weiterbildungsordnung für das Gebiet Innere und Allgemeinmedizin in dieser Struktur mit einem überzeugenden Votum anzunehmen. Senden auch wir wie vor zwei Tagen die Vertreterversammlung der KBV ein positives Signal an die Politik!

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Vielen Dank, Herr Kollege Kaplan. Für die Internisten spricht jetzt Herr Dr. Beyerle aus Nordrhein. Bitte schön, Herr Kollege Beyerle.

© 2003, Bundesärztekammer.