Prof. Dr. Braun, Berlin:
Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Ich möchte zu den Anträgen 58 und 59 sprechen. Die Veränderungen der
Weiterbildungsordnung, die sich mit den Rostocker Beschlüssen für die Allgemeinmedizin
ergeben, bedeuten, dass das Fachgebiet Allgemeinmedizin nicht mehr ein
selbstständiges Fach ist, das international in Europa einmalig ist, und dass
die Qualifikation des künftigen Hausarztes beschnitten wird. Wenn es nun der
gesundheitspolitische Wille ist, das Nebeneinander von Allgemeinärzten und
hausärztlichen Internisten zu beenden, dann sollte dieser Kompromiss nicht ohne
Rücksicht auf Verluste durchgedrückt, sondern so verantwortungsvoll wie nur
irgend möglich realisiert werden. Der bisherige Entwurf enthält nur noch
obligate Weiterbildungszeiten in der Inneren und der Allgemeinmedizin. Jegliche
weitere Ausgestaltung ist unstrukturiert und beliebig.
Natürlich wird es immer Kollegen
geben, die sich umfänglicher weiterbilden, als es die Weiterbildungsordnung
vorschreibt, um den Erfordernissen der Hausarztpraxis gerecht zu werden. Aber
es wird auch solche Kollegen geben, die nur das Mindestmaß absolvieren. Um das
in unserem breiten Fach zu verhindern, müssen wir zumindest einen Grundstandard
festlegen, um den Grundbedürfnissen der hausärztlichen Klientel folgen zu
können.
In einer Wochenanalyse von 25
allgemeinmedizinischen Praxen, hälftig aus Stadt und Land, haben wir
Betreuungsanlässe aufgelistet, um Hinweise auf erforderliche hausärztliche
Qualifikationen zu erhalten. Dabei fanden wir unter anderem circa
35 Prozent internistische und ungefähr 20 Prozent orthopädische und
chirurgische Krankheitsbilder, die zu versorgen waren.
Wenn wir davon ausgehen, meine
Damen und Herren, dass circa 20 Millionen Menschen pro Jahr
allgemeinmedizinische Praxen aufsuchen, bedeutet das, dass circa
4 Millionen pro Jahr orthopädisch und chirurgisch in den Hausarztpraxen zu
betreuen sind. Ich denke, es ist Ihrer aller Anliegen, die Qualität des künftigen
Hausarztes zu sichern. Ich möchte Sie bitten, im Rahmen der 60-monatigen
Weiterbildung zum Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin sechs Monate
obligate Weiterbildungszeit in der Chirurgie und/oder in der Orthopädie
festzuschreiben und damit dem Antrag 58 zuzustimmen.
Ich bitte weiter um Ihre
Zustimmung, die mögliche 36-monatige internistische Zeit zu strukturieren und
die Rotation des jungen Kollegen zu ermöglichen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wenn dieser Kompromiss der neuen Weiterbildungsordnung für alle künftigen
Hausärzte und ihre Patienten eine neue Chance werden soll, dann ist es unsere
Aufgabe, Mindestqualifikationen nicht nur dem Selbstlauf einiger
Landesärztekammern zu überlassen, sondern flächendeckend vorzusorgen.
Schließlich wird es einmal so sein, dass auch der eine oder andere von Ihnen
oder Ihren Familienangehörigen in 15 oder 20 Jahren einen guten Hausarzt
braucht.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe,
Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Danke schön, Frau Braun.
Wir nehmen den Antrag 58 mit hinzu, weil ihn die Antragstellerin selbst mit in
die Diskussion einbezogen hat. Wir haben das bei den Wortmeldungen
auch schon berücksichtigt. Der nächste Redner ist Herr Kollege
Bicker. Bitte schön.
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