TOP II : Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung

2. Tag: Mittwoch, 21. Mai 2003 Nachmittagssitzung

Prof. Dr. Braun, Berlin:

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu den Anträgen 58 und 59 sprechen. Die Veränderungen der Weiterbildungsordnung, die sich mit den Rostocker Beschlüssen für die Allgemeinmedizin ergeben, bedeuten, dass das Fachgebiet Allgemeinmedizin nicht mehr ein selbstständiges Fach ist, das international in Europa einmalig ist, und dass die Qualifikation des künftigen Hausarztes beschnitten wird. Wenn es nun der gesundheitspolitische Wille ist, das Nebeneinander von Allgemeinärzten und hausärztlichen Internisten zu beenden, dann sollte dieser Kompromiss nicht ohne Rücksicht auf Verluste durchgedrückt, sondern so verantwortungsvoll wie nur irgend möglich realisiert werden. Der bisherige Entwurf enthält nur noch obligate Weiterbildungszeiten in der Inneren und der Allgemeinmedizin. Jegliche weitere Ausgestaltung ist unstrukturiert und beliebig.

Natürlich wird es immer Kollegen geben, die sich umfänglicher weiterbilden, als es die Weiterbildungsordnung vorschreibt, um den Erfordernissen der Hausarztpraxis gerecht zu werden. Aber es wird auch solche Kollegen geben, die nur das Mindestmaß absolvieren. Um das in unserem breiten Fach zu verhindern, müssen wir zumindest einen Grundstandard festlegen, um den Grundbedürfnissen der hausärztlichen Klientel folgen zu können.

In einer Wochenanalyse von 25 allgemeinmedizinischen Praxen, hälftig aus Stadt und Land, haben wir Betreuungsanlässe aufgelistet, um Hinweise auf erforderliche hausärztliche Qualifikationen zu erhalten. Dabei fanden wir unter anderem circa 35 Prozent internistische und ungefähr 20 Prozent orthopädische und chirurgische Krankheitsbilder, die zu versorgen waren.

Wenn wir davon ausgehen, meine Damen und Herren, dass circa 20 Millionen Menschen pro Jahr allgemeinmedizinische Praxen aufsuchen, bedeutet das, dass circa 4 Millionen pro Jahr orthopädisch und chirurgisch in den Hausarztpraxen zu betreuen sind. Ich denke, es ist Ihrer aller Anliegen, die Qualität des künftigen Hausarztes zu sichern. Ich möchte Sie bitten, im Rahmen der 60-monatigen Weiterbildung zum Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin sechs Monate obligate Weiterbildungszeit in der Chirurgie und/oder in der Orthopädie festzuschreiben und damit dem Antrag 58 zuzustimmen.

Ich bitte weiter um Ihre Zustimmung, die mögliche 36-monatige internistische Zeit zu strukturieren und die Rotation des jungen Kollegen zu ermöglichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn dieser Kompromiss der neuen Weiterbildungsordnung für alle künftigen Hausärzte und ihre Patienten eine neue Chance werden soll, dann ist es unsere Aufgabe, Mindestqualifikationen nicht nur dem Selbstlauf einiger Landesärztekammern zu überlassen, sondern flächendeckend vorzusorgen. Schließlich wird es einmal so sein, dass auch der eine oder andere von Ihnen oder Ihren Familienangehörigen in 15 oder 20 Jahren einen guten Hausarzt braucht.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Danke schön, Frau Braun. Wir nehmen den Antrag 58 mit hinzu, weil ihn die Antragstellerin selbst mit in die Diskussion einbezogen hat. Wir haben das bei den Wortmeldungen auch schon berücksichtigt. Der nächste Redner ist Herr Kollege Bicker. Bitte schön.

© 2003, Bundesärztekammer.