TOP II : Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung

3. Tag: Donnerstag, 22. Mai 2003 Vormittagssitzung

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Wir kommen zum nächsten Antrag, dem Antrag 38. Herr Dr. Metke aus Baden-Württemberg und Herr Dr. Wesiack aus Hamburg haben darum gebeten, ebenfalls als Antragsteller genannt zu werden. Es geht um die Zusatzweiterbildung Rehabilitationswesen/Rehabilitation - fachgebunden. Danach soll in die Weiterbildungsordnung aufgenommen werden:

Zusatzweiterbildung: fachgebundene Rehabilitation für die Gebiete/Fachärzte für Orthopädie/Unfallchirurgie, Chirurgie, Innere Medizin und Neurologie

Die Aufnahme der modularen Rehabilitation entspräche der Systematik in anderen Bereichen dieser Weiterbildungsordnung, z. B. der fachgebundenen Psychotherapie.

Sie haben diesen Antrag vorliegen. Gibt es eine Gegenrede? - Bitte, Herr Raidt.

PD Dr. Raidt, Westfalen-Lippe:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, wir sollten die Zusatzweiterbildungen per Schnellschuss nicht inflationär werden lassen. Ich bitte Herrn Koch, als Referent Stellung zu nehmen. Ich meine, wir haben in der Ständigen Konferenz beschlossen, dass das fachspezifische Rehabilitationswissen in jedes Fach direkt gehört und nicht als Zusatz.

(Beifall)

Ich denke, irgendetwas muss in den Fächern auch noch stehen bleiben. An sich begrüße ich den Antrag, da er in die richtige Richtung geht. Ich schlage Ihnen in diesem Fall bewusst die Vorstandsüberweisung vor.

 

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Vielen Dank. Herr Metke möchte den Antrag befürworten.

Dr. Metke, Baden-Württemberg:

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie ausdrücklich um Annahme dieses Antrags. Der Umfang an Rehabilitation nimmt zu, und zwar durch die steigende Zahl von Unfällen und durch das geriatrisch-demographische Problem. Es gibt derzeit in der Bundesrepublik nicht genug Reha-Ärzte. Als Beispiel möchte ich meine eigene Person anführen: Ich bin in Stuttgart in einem Einzugsgebiet von 1 Million Einwohnern als Orthopäde der Einzige, der die geriatrische Rehabilitation anbietet. Sind die Orthopäden ausgeschlossen, gibt es - einmal meine Situation unterstellt - für 1 Million Bürger keine ambulante geriatrische Rehabilitation. Das ist die derzeitige Situation.

Die fachspezifische Rehabilitation macht insbesondere dann einen Sinn, wenn es um Patienten geht, die nicht polymorbid sind. Ich darf hier beispielhaft an die Rehabilitation einer Kreuzbandruptur erinnern.

Die fachspezifische Rehabilitation macht auch dann einen Sinn, wenn der Patient nicht polymorbid, aber dennoch extrem schwer erkrankt ist, wenn er beispielsweise eine multiple Sklerose hat, die selbstverständlich schwergewichtig durch die Neurologen zu therapieren ist.

Auch im neuen EBM gibt es die Position fachspezifische Rehabilitation als einzige Ziffer. Daher meine ich, dass das fachgebundene Wissen sehr wohl Eingang in die Rehabilitation im Sinne dieses Antrags finden sollte.

Dieser Antrag ist keine Attacke gegen die Ärzte für Rehabilitation. Eine solche Behauptung wäre völliger Quatsch. Wir brauchen den Rehabilitationsmediziner selbstverständlich bei der Polymorbidität. Da ist jeder Fachidiot wie ein Orthopäde - natürlich gibt es Ausnahmen - überfordert. Für die Monomorbidität ist es aber ein Beitrag zur Qualität und derzeit eine unabdingbare Versorgungsnotwendigkeit. Heute und in Zukunft langen die rehabilitativen Mediziner nicht, um eine vernünftige und auch wohnortnahe Rehabilitation durchzuführen. Auch darum geht es.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank
, Herr Metke. Möchte jemand dagegen sprechen? - Bitte, Herr Rüggeberg.

Dr. Rüggeberg, Bremen:

Ich möchte formal Vorstandsüberweisung beantragen. Die Argumente für eine Stärkung der rehabilitativen Kompetenz in den jeweiligen Fächern sind hinlänglich bekannt und auch richtig. Sie müssen aber berücksichtigen, dass Sie ein derzeit existentes Fach in seinen Inhalten gefährden und auszehren. Wegen der verschiedenen Impedanzen kann das nur in der Ständigen Konferenz und anderen zuständigen Gremien geklärt werden. Ich rate Ihnen, das hier nicht aus dem hohlen Bauch heraus zu entscheiden.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Wir haben keine Diskussion, sondern das war ein Beitrag zur Geschäftsordnung. Jetzt müssen wir zur Abstimmung kommen.

(Dr. Gitter, Bremen: Ich möchte gegen den Antrag auf
Vorstandsüberweisung sprechen!)

- Herr Raidt hat bereits dagegen gesprochen.

(Dr. Gitter, Bremen: Er hat gegen den Antrag gesprochen, aber
nicht gegen den Antrag auf Vorstandsüberweisung!)

- Hat jemand den Antrag auf Vorstandsüberweisung gestellt? Gibt es einen Antrag auf Vorstandsüberweisung?

(Zurufe: Ja!)

- Dann dürfen Sie dagegen sprechen. Bitte schön.

Dr. Gitter, Bremen:

Ich möchte dagegen sprechen, weil ich keine Notwendigkeit für eine Vorstandsüberweisung sehe. Sie haben in der Vorlage einen Vorschlag zur Zusatzweiterbildung Rehabilitationswesen, die für jeden Facharzt zugänglich wäre. Insofern kann ich den Sinn dieses Antrags nicht verstehen. Deshalb sollte man ihn ablehnen.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Danke. Jetzt bitte Herr Koch als Referent.

Dr. Koch, Referent:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich im Wesentlichen auf das beziehen, was Herr Rüggeberg bereits gesagt hat. Es gibt den Facharzt für Physikalische Therapie und Rehabilitation und es gibt die Zusatzweiterbildung Rehabilitationswesen, die allerdings etwas anderes beinhaltet. Sie beinhaltet das Management der Rehabilitation, aber nicht das Rehabilitieren als solches.

Der vorliegende Antrag ist natürlich im Prinzip in den Gebieten machbar. Wenn wir hier so beschließen, würde das bedeuten, dass wir das Gebiet Physikalische Therapie und Rehabilitation plötzlich erneut infrage stellen. Ich denke, das können wir nicht tun, ohne dass wir ein Gesamtkonzept vorlegen, wie wir in Zukunft mit der Rehabilitation umgehen wollen. Der Ausschuss und auch die Ständige Konferenz haben sich darüber unterhalten, dass dieses Problem neu aufgerollt werden muss. Wir müssen hier in eins, zwei Jahren einen erneuten Vorschlag vorlegen. Wir haben entsprechende Kontakte auch schon mit den Fachgesellschaften aufgenommen.

Ich bitte Sie also, dieses heute nicht zu beschließen, sondern an den Vorstand zu überweisen, damit wir diese Ideen mit in die Diskussion einbringen können. Anderenfalls kämen wir heute zu Verwerfungen innerhalb der Weiterbildungsordnung.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Vielen Dank. Wir kommen jetzt also zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache Nr. II-38. Wer möchte diesen Antrag an den Vorstand überweisen? - Wer ist dagegen? - Der Antrag ist an den Vorstand überwiesen und gehört zur Stoffsammlung bei der weiteren Meinungsbildung.

© 2003, Bundesärztekammer.