Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Wir kommen zum Antrag 71.
Danach soll die Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin erhalten bleiben. Gibt es
dazu eine Gegenrede? - Bitte, Herr Bicker aus Nordrhein.
Dr. Bicker, Nordrhein:
Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Sie bitten, diesen Antrag abzulehnen. Lassen
Sie vergangene Ärztetage Revue passieren und überlegen Sie bitte: Was war ein
Ziel der neuen Weiterbildungsordnung? Ein Ziel war die Deregulierung
und die Abschaffung der Doppelbezeichnungen. Das ist der Status quo mit
Arbeitsmedizin und Betriebsmedizin. Die bei der Bundesärztekammer angesiedelten
Gremien für die Arbeitsmedizin haben sich wiederholt mit diesem Thema befasst,
auch mit der Frage der Weiterbildungsstellen. Wir waren der Meinung, dass wir
die Zusatzbezeichnung allein aus Bedarfsgründen nicht mehr benötigen, sondern
dass wir sie aus Gründen der Qualitätssicherung abschaffen müssen. Diesem Beschluss
haben sich auch der Berufsverband und die wissenschaftlichen Fachgesellschaften
deutlich angeschlossen. Sie stehen alle dahinter. Von daher darf ich Sie
bitten, diesen Antrag abzulehnen.
Die Wahrnehmung, dass es Engpässe geben wird, weil es
nicht mehr genug Weiterbildungsstellen gibt, haben wir nicht. Die
Weiterbildungsstellen verlagern sich, und zwar von den früheren
Weiterbildungsstellen in den klassischen arbeitsmedizinischen Diensten der
Großindustrie hin zu den Weiterbildungsstellen in den überbetrieblichen
Diensten, die auch die Hauptlast der Kleinbetriebsbetreuung tragen. Von daher
bitte ich Sie, den Antrag abzulehnen.
Danke.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Danke schön, Herr Bicker.
Jetzt eine Befürwortung durch Herrn Birtel.
Dr. Birtel, Nordrhein:
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Ich möchte fünf Punkte auf das erwidern, was Herr Bicker ausgeführt
hat:
Erstens. Die Qualität einer Weiterbildung hängt nicht
ausschließlich von der Gesamtweiterbildungszeit, sondern wesentlich auch von
der Qualität der pro Zeiteinheit vermittelten Weiterbildungsinhalte ab.
Zweitens. Die bisherige Zusatzweiterbildung konnte dies
leisten. Herr Bicker, es gibt eine Prüfung, die Qualitätssicherung erfolgt
durch Prüfungen der Ärztekammer des jeweiligen Landes.
(Vereinzelt
Beifall)
Drittens. Es besteht ein Bedarf an medizinischer
Versorgung der Betriebe. Es heißt doch „Betriebsmedizin“. Schon im Namen haben
Sie den entsprechenden Begriff. Jetzt wollen Sie ihn abschaffen! Jeder
Kleinbetrieb, auch jede medizinische Praxis, muss betriebsmedizinisch betreut
werden.
Viertens. Nach der bisherigen Weiterbildungsordnung
besteht die Möglichkeit, dies in freier Berufstätigkeit auszuüben. Es gibt also
keine Niederlassungssperre. Sie können dies auch noch nach dem 55. Lebensjahr
ausüben.
Fünftens. Die Betriebsmedizin kann bei der derzeit
gültigen Regelung auch von Allgemeinmedizinern, von Internisten, auch von
Chirurgen ausgeübt werden. Sie eignet sich beispielsweise auch sehr für Frauen,
die in der Familienphase oder in der Kinderphase die Möglichkeit haben wollen,
beruflich tätig zu sein.
Ich bitte Sie also, hier und heute zu entscheiden und den
Antrag nicht an den Vorstand zu überweisen, denn dann wäre er ja in der
geänderten Fassung durch. Ich werbe dafür, den Antrag von Frau Nigemeier und
mir anzunehmen.
Danke.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Vielen Dank. Wir können
jetzt über den Antrag auf Drucksache Nr. II-71 entscheiden. Es gibt
keinen Antrag auf Vorstandsüberweisung. Also können wir gleich in der Sache
entscheiden. Wer möchte dem Antrag 71, dass die Betriebsmedizin als
Zusatzweiterbildung erhalten bleiben soll, zustimmen? - Wer möchte ihn
ablehnen? - Das müssen wir auszählen. Ich frage also noch einmal: Wer möchte
zustimmen? - Wer möchte den Antrag ablehnen? - Wer enthält sich? - Einige
Enthaltungen. Der Antrag ist mit 112 gegen 77 Stimmen angenommen.
(Beifall)
Zur Geschäftsordnung jetzt bitte Herr Benninger.
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