Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Wir kommen zum Antrag 60,
der den Abschnitt A, den Paragraphenteil, betrifft. Der Antrag ist von Frau Dr.
Schulenberg. Es geht um die Weiterbildung in Teilzeit. Dieser Antrag ist gestern
in letzter Minute eingegangen, als wir den Paragraphenteil durchgeackert und
den Abschnitt B aufgerufen hatten. Der Antrag 60 lautet:
Die Weiterbildung soll in weniger als
50 % in Teilzeit abgeleistet werden können - auf Antrag.
Darüber konnten wir nicht mehr abstimmen, weil der Antrag
zu dem Zeitpunkt noch nicht da war und wir ihn auch noch nicht verlesen
konnten. Mittlerweile müsste er verteilt sein. Ich bitte zunächst Herrn
Schirmer, uns mitzuteilen, wie er das aus deutscher und europäischer Rechtssicht
bewertet.
Schirmer, Justiziar der Bundesärztekammer und der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Das europäische Gemeinschaftsrecht schreibt in der Richtlinie 93/16/EWG über
die Freizügigkeit und die Diplomanerkennung im Anhang 1 vor, unter welchen
Voraussetzungen Teilzeitweiterbildung bei der Migration anerkennungsfähig ist.
Dort ist geregelt, dass es nicht weniger als die Hälfte der regulären Arbeitszeit sein darf, sodass eine entsprechende Regelung
in unseren Kammer-/Heilberufegesetzen bzw. in der Weiterbildungsordnung
gemeinschaftsrechtlich unzulässig wäre.
Es sind Bestrebungen im Gange,
dies möglicherweise auf europäischer Ebene aufzulösen. Der neue
Richtlinienvorschlag, der in der Diskussion ist, enthält zum Beispiel eine
entsprechende Regelung nicht mehr. Aber er ist noch kein geltendes Recht. Ob er
in dieser Form gelten wird, ist eine andere Frage. Man könnte das später
ändern, wenn das europäische Gemeinschaftsrecht ebenfalls geändert wird.
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Danke.
Das wäre also derzeit mit dem Recht nicht kompatibel. Bitte schön, Frau
Kollegin Schulenberg.
Dr. Schulenberg, Baden-Württemberg:
Ich weiß sehr
wohl, dass es mit dem europäischen Recht nicht kompatibel ist. Aber wir haben
auch Teilzeitmodelle, welche die 50 Prozent unterschreiten, bei denen es aber
möglich ist, dass man beispielsweise drei Monate arbeitet und ein
Dreivierteljahr Pause macht. Dann ist der Kollege
bzw. die Kollegin doch den ganzen Tag zu mehr als 50
Prozent tätig und erfüllt damit eigentlich die Bedingungen, die hinter dieser
ganzen Regelung stehen. Wenn man die Weiterbildungsinhalte und die tägliche
Arbeitszeit überprüft, müsste es nach meinem laienhaften Empfinden möglich
sein, eine Regelung zu treffen, die kompatibel ist.
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Wie sehen Sie das, Herr
Schirmer? Es ist ja ein Unterschied, ob man etwas in eine Ordnung schreibt oder
ob man etwas tut.
Schirmer, Justiziar der Bundesärztekammer und der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung:
Die Richtlinie spricht nur von der
Hälfte. Es ist nicht so, dass es um die halbe arbeitstägliche Zeit geht,
sondern es geht um die Hälfte der regulären Weiterbildungszeit. Wenn es sechs
Jahre sind, können daraus höchstens zwölf Jahre werden und nicht mehr.
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Danke. Gibt es sonstige Wortmeldungen dazu? - Frau Künanz.
Künanz, Nordrhein:
Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass ich diesen Antrag
ausdrücklich unterstützen möchte. Wir hatten auf dem vorletzten Deutschen
Ärztetag eine Formulierung in § 4 Abs. 6, wonach eine Weiterbildung in
Teilzeit anteilig anzurechnen ist und sich die Weiterbildungszeit entsprechend
verlängert. Wir werden einen Antrag nachreichen, der darauf hinwirkt, dass sich
der Vorstand der Bundesärztekammer in den europäischen Gremien dafür einsetzen
möge, dass die Rechtsprechung demgemäß angeglichen wird, weil wir auch mit
Blick auf zukünftige flexible Arbeitszeitmodelle die Schwelle etwas niedriger
ansetzen wollen, was die Teilzeitbeschäftigung angeht. Da stehen starre
zeitliche Begrenzungen im Wege. Ich befürworte den Antrag ausdrücklich.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Vielen Dank. Wenn Sie damit
sowieso noch unter dem Tagesordnungspunkt Tätigkeitsbericht
kommen, könnte man angesichts der Tatsache, dass die Rechtslage es jetzt
eigentlich verbietet, das in eine Satzungsordnung zu schreiben, auch diesen
Antrag zum Tätigkeitsbericht verlagern und ihn dann als Absichtserklärung für
die Zukunft überlegen und abstimmen.
(Beifall)
Dann haben wir nicht das Problem, dass wir jetzt über die
(Muster‑)Weiterbildungsordnung, in die wir konkret etwas hineinschreiben
müssen, abstimmen müssen. Wenn Frau Schulenberg damit einverstanden wäre, dass
wir unter dem Tagesordnungspunkt Tätigkeitsbericht noch einmal darauf zurückkommen,
hätten wir es hier leichter und das Problem gelöst. Ist das der Fall? -
Herzlichen Dank. Dann brauchen wir an dieser Stelle nicht mehr über den Antrag
zu reden.
|