Büchner, Schleswig-Holstein:
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Palliativmedizin hat eine Botschaft für die ganze Medizin. Sie sagt uns etwas
über die personale Dimension des heilenden Handelns, die unter irgendwelchen
geforderten vermeintlichen und unterstellten Produktivitätssteigerungen
verloren zu gehen droht.
Palliativmedizin, der Umgang mit todkranken Menschen, mit
Sterbenden, mit den Angehörigen macht für mich die psychische, die soziale und,
wenn man so will, auch die spirituelle Dimension unseres ärztlichen Daseins
sehr deutlich. Es geht eben auch um Dasein. Es geht nicht nur um Handeln, es
geht auch um Dasein, es geht um Beziehungen. Daher macht die Begleitung
sterbender Menschen auch deutlich, wo mechanistische Modelle naturgemäß an ihre
Grenze stoßen. Wenn die nordrhein-westfälische Landesgesundheitsministerin
Birgit Fischer Produktivitätssteigerungen fordert, heißt das letzten Endes,
dass sie von uns will, dass wir wegschauen, dass wir ausblenden, dass wir genau
diese Aspekte ärztlichen Handelns nicht nur bei todkranken Menschen und deren Angehörigen,
sondern auch in unserem Alltag verdrängen, herausrationalisieren,
herausrationieren. Dagegen müssen wir uns mit allen Kräften aufgrund unserer
ärztlichen Identität wehren.
(Beifall)
Es ist völlig klar, dass so etwas in den DRGs nicht
abbildbar ist. Das ist logisch, weil es von dem Kern der Begegnung her nicht
messbar ist, schon gar nicht in ökonomischen oder betriebswirtschaftlichen
Kategorien. Wenn man sich vorstellt, dass eventuell DMPs zur Palliativmedizin
kommen - möglicherweise 300 verschiedene ‑, dann erkennt man den
ganzen Wahnsinn dieser Politik sehr deutlich.
(Beifall)
Man fühlt sich eigentlich schon unwohl, dass man sich mit
solchen Gedanken überhaupt beschäftigen muss. Das macht klar, wie absurd das
Ganze ist.
Für mich hat die Palliativmedizin ihren Platz in jedem
einzelnen Fach. Ich erinnere mich noch, dass man in Hamburg am UKE die
Psychosomatik in Pavillon 23 gepackt hat und dachte, jetzt haben die
anderen Fächer ihre Ruhe, damit müssen wir uns nicht mehr auseinander setzen.
Wenn anderenorts auf dem Klinikgelände nichts gefunden wurde, war Pavillon 23
dran. Das darf nicht passieren.
(Vereinzelt
Beifall)
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine ich, dass
die Palliativmedizin in Abschnitt C der (Muster‑)Weiterbildungsordnung
als Zusatzweiterbildung genau richtig aufgehoben ist. Sie muss in die Fächer
hinein. Ob wir dazu zusätzliche Beauftragte oder zusätzliche Lehrstühle
brauchen, weiß ich nicht. Wir müssen das in jedem Fach aufnehmen.
Schließlich noch ein ganz wichtiger Gedanke: Das ist
etwas, was man nur freiwillig tun kann. Wenn uns die Politik verpflichten will
zur Zuwendung, zu menschlicher Nähe, dann soll sie sich doch einmal die
Instrumente überlegen. So geht es nicht. Das tun wir freiwillig, wir tun es aus
ganzem Herzen, egal wie uns die Politik diffamiert, wie sie Vertrauen beschädigt.
Da sind und bleiben wir Ärztinnen und Ärzte.
Ich danke.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Vielen Dank, Herr Kollege Büchner. - Sie finden heute Morgen in der
„Frankfurter Rundschau“ einen Bericht über diesen Ärztetag, in dem steht, dass
mir Frau Ministerin Schmidt einen Brief geschrieben hat. Das bestätige ich; der
Brief ist eingegangen. In dem Artikel steht, ich würde seinen Inhalt entgegen
dem Wunsch der Ministerin nicht bekannt geben. Das will ich aber doch tun, und
zwar nach dem Ende dieses Tagesordnungspunkts. Dann habe ich mir auch
ausgedacht, was ich ihr zu antworten gedenke. Darüber werde ich sie
informieren, wenn dieser Tagesordnungspunkt beendet ist. Ich sage das, damit
Sie darüber Bescheid wissen.
(Beifall)
Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin
Berendes aus Westfalen-Lippe. Bitte.
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