Dr. Lipp, Sachsen:
Meine Damen und Herren! Die
Forderung, die Palliativmedizin aufzuwerten, kann nur eine imperative Forderung
sein. Sie wird berechtigterweise gestellt. Ich möchte sie allerdings noch etwas
ergänzen. Palliativmedizin umfasst nicht nur Schmerztherapie und
Sterbebegleitung, sondern Palliativmedizin betrifft auch eine suffiziente
Ernährung, die künstliche Ernährung der Patienten. Es ist sehr häufig ein weit
verbreiteter und nicht auszurottender Irrtum, dass über die künstliche
Ernährung die Leiden verlängert werden. Ein Dementer stirbt an der Demenz,
unabhängig davon, ob ich ihn ernähre oder nicht. Ein Tumorkranker stirbt
zwingend am Tumor. Eine künstliche Ernährung verlängert nicht das Leiden. Es
kann nicht sein, dass heute noch mehr als 25 Prozent unserer Krebskranken
letztlich nicht am Tumor sterben, sondern verhungern und verdursten.
Wir haben bei der künstlichen Ernährung erhebliche
Wissensdefizite im ambulanten wie im stationären Bereich. Deswegen bitte ich
dringend darum, dass bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung in der
Palliativmedizin dieser Aspekt verstärkt zum Tragen kommt. Ich überblicke
ungefähr 400 Patienten pro Quartal, die künstlich ernährt werden. 30 Prozent
der Patienten sterben innerhalb eines Monats. Da stellt sich die Frage, ob die
Falschen ernährt werden oder ob man zu spät mit der künstlichen Ernährung
begonnen hat. Hier gibt es erhebliche Defizite. Ich bitte Sie, in der
Diskussion über die Palliativmedizin diesen Aspekt verstärkt mit zu betrachten.
Ich erinnere auch daran, dass die Patienten in den
Krankenhäusern die Stationen in einem schlechteren Ernährungszustand verlassen,
als sie hineingekommen sind. Wir haben gravierende Defizite. Die
Ernährungsmedizin ist nicht der Kampf mit und gegen Adipöse, sondern
Ernährungsmedizin bedeutet auch, dass die Patienten von uns die
Grundbedürfnisse dessen, was ihnen zusteht, befriedigt erhalten.
Ich danke Ihnen.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe,
Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Schönen
Dank, Herr Lipp. Jetzt Frau Kollegin de Mattia
aus Schleswig-Holstein. Bitte sehr.
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