TOP IV : Novellierung einzelner Vorschriften der (Muster-) Berufsordnung

4. Tag: Freitag, 23. Mai 2003 Vormittagssitzung

Prof. Dr. Griebenow, Nordrhein:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Flenker, vielen Dank für die vorgeschlagenen Änderungen, insbesondere für jene im Bereich der Fortbildung. Ich möchte hier vorwiegend als Fortbildungsbeauftragter der Kammer Nordrhein sprechen. Sie haben in einer Phase der Rechtsunsicherheit dafür gesorgt, dass diese Fassung zumindest erst einmal verhindert, dass wir in entsprechenden Fällen sofort einen Konflikt mit der Berufsordnung haben.

Wo liegen die Problemfelder? In diesem Bereich haben wir keine Rechtssicherheit. Über 90 Prozent der betreffenden Kollegen, die von dem Herzklappenskandal betroffen waren, haben kein Strafverfahren bekommen. Aber die Rechtsunsicherheit bleibt bestehen. Wir sollten nicht versuchen, über die (Muster-)Berufsordnung etwas zu erreichen, was uns die Politik und die Juristen vorenthalten haben. Wir können nur dafür sorgen, dass der Konfliktbereich möglichst klein ist.

Das zweite Problemfeld ist: Es gibt keine absolute Neutralität. In meinem Fachgebiet, der kardiovaskulären Medizin, sind in den letzten Jahren die großen klinischen Studien alle unter Beteiligung der Industrie durchgeführt worden. Das heißt, die Pharmaindustrie sitzt bereits bei der Generierung der wissenschaftlichen Daten mit am Tisch. Unsere Diskussion über die Neutralität des Informationstransfers ist bereits eine Sekundärdiskussion. Dort eine komplette Ausgrenzung zu propagieren, wie es jetzt auch im Gesetzentwurf steht, läuft nach dem Motto: So stellt sich klein Hänschen die Welt vor.

Es geht darum, dass wir die Regeln bestimmen, wie der Informationstransfer stattzufinden hat. Wir können nur hoffen, dass dies in einem Rahmen geschieht, der von den Juristen genehmigt ist. Insofern möchte ich gerade § 33 Abs. 4 als eine aktuell mögliche Handlungsbasis empfinden. Ergäbe sich aufsei­ten der Juristen eine Änderung, hätten wir diesen Paragraphen der (Mus­ter-)Be­­rufs­ordnung entsprechend anzupassen.

Im Übrigen sollten wir darauf aus sein, auf der Basis von Daten zu argumentieren. Wir sollten keine wohlfeilen Vorurteile generieren. Wir in Nordrhein haben mehrere tausend Teilnehmer an Präsenzveranstaltungen befragt. Nur 9 Prozent der Teilnehmer sprachen von einer durch Werbung beeinflussten Aussage der Referenten. Wir haben auf der anderen Seite festgestellt, dass gerade die von der Pharmaindustrie unterstützten Veranstaltungen führend sind, was die Evaluation der Veranstaltungen angeht. Wir kommen, was die zertifizierten Veranstaltungen angeht, gerade einmal auf eine Quote von 30 Prozent von der Pharmaindustrie unterstützter Veranstaltungen. Das heißt, in dem Maße, wie sich die Zertifizierung der Veranstaltungen durchsetzen wird, können wir hoffen, dass sich die Landschaft des Angebots entsprechend verändern wird.

Man könnte auch auf den Gedanken kommen, einmal nachzufragen: Warum fahren die überhaupt nach Amerika? Dazu möchte ich sagen: Fortbildung findet nicht ohne die Dimension der Zeit statt. Die Haftungsrechtler verlangen von uns, dass wir relevante Studienergebnisse innerhalb von sechs Monaten nicht nur gelesen und verstanden, sondern auch in der Praxis umgesetzt haben. Ich denke, dies macht es erforderlich, dass wir entsprechend zeitnahe Informationsangebote nutzen.

Noch einmal vielen Dank für die vorgelegte Fassung. Ich möchte Ihnen sehr empfehlen, die Vorlage so zu verabschieden.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Vielen Dank. Das Wort hat jetzt Kollegin Pfaffinger aus Bayern.

© 2003, Bundesärztekammer.