Dr. Rüggeberg, Bremen:
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Ich bin ein bisschen verblüfft, um nicht zu sagen: enttäuscht, dass
Sie in der Diskussion um die potenzielle und wünschenswerte Liberalisierung
unseres Berufsrechts die aktuelle politische Diskussion weitgehend ausklammern.
Welchem Szenario müssen wir uns stellen? Es gibt den eindeutigen
gesetzgeberischen Wunsch, die niedergelassene Facharztebene über Einzelverträge
und Ähnliches dem Grunde nach abzuschaffen. Es gibt die Einführung der DRGs mit
den umwälzenden Veränderungen im stationären Bereich und der stärker werdenden
Notwendigkeit, wegen des ökonomischen Druckpotenzials bisher stationär erbrachte
Leistungen in den ambulanten Versorgungsbereich zu verlagern. Wir haben die von
der politischen Seite seit Jahren erhobene Forderung nicht erfüllen können, die
Schnittstelle zwischen dem ambulanten und dem stationären Versorgungsbereich
sinnvoll zu überbrücken. Warum konnten wir das nicht? Das liegt zum einen
daran, dass der Gesetzgeber die Möglichkeiten dazu nicht eröffnet hat, weil er
die Budgets nicht miteinander verzahnt hat. Zu einem erheblichen Teil liegt die
Ursache aber auch in der aktuell gültigen Berufsordnung, die genau dies nicht
möglich macht. Sie müssen den niedergelassenen Fachärzten die Möglichkeit
geben, im Interesse der stationären Einheiten im Krankenhaus ambulante
Leistungen in Kooperation erbringen zu können.
(Beifall)
Sie müssen dem stationären Bereich die Möglichkeit eröffnen,
den Leistungsanteil, der - aus welchen Gründen auch immer - in den ambulanten
Bereich verlagert werden muss, an dem Haus zu behalten, wo
Kooperationsmöglichkeiten gegeben sind. Anderenfalls gehen Ausbildungsinhalte
verloren, gehen Patienten verloren.
Mit anderen Worten: Wir müssen sofort eine personale
Verzahnung zwischen dem niedergelassenen und dem stationären Bereich
herbeiführen. Das geht nur, indem eine Zweigpraxis an einem anderen Ort ohne
Einschränkung ermöglicht wird. Daher appelliere ich dringend an Sie, die
Bestimmung aus der Berufsordnung zu streichen, wonach der Erstkontakt am
Original-Praxisstandort stattfinden muss. Das ist ein zentrales Hemmnis, die
von uns allen gewünschte Kooperation zwischen dem stationären und dem
ambulanten Bereich faktisch mit Leben zu erfüllen.
(Beifall)
Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass wir angeblich
ins Mittelalter zurückfallen und unsere Tätigkeit im Umherziehen ausüben. Im
Gegenteil, jeder Arzt muss seine Leistung - darauf bestehe ich allerdings -
persönlich, individuell erbringen. Dadurch ist er identifizierbar. Das hat mit
Umherziehen überhaupt nichts zu tun.
Wenn wir auf der persönlichen Ebene die Kooperation
zwischen dem stationären und dem ambulanten Bereich wollen, dann muss dieser
Satz gestrichen werden. Wenn das nicht geschieht, propagieren Sie dem Grunde
nach die institutionelle Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante
Facharztmedizin. Das wollen wir nicht.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe,
Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Danke schön, Herr
Rüggeberg. Der nächste Redner ist Herr Decker aus Westfalen-Lippe.
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