TOP V : Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

4. Tag: Freitag, 23. Mai 2003 Nachmittagssitzung

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Dann kommen wir zum Antrag auf Drucksache V-60 von Herrn Schagen. Er lautet folgendermaßen:

Der 106. Deutsche Ärztetag begrüßt den Diskussionsprozess, der an den Universitäten in Gang gekommen ist und der zu einer Verbesserung der medizinischen Ausbildung führen kann. Er weist jedoch erneut darauf hin, dass die neue Approbationsordnung den Anforderungen an eine grundlegende Reform des Medizinstudiums nicht gerecht wird, und fordert die politisch Verantwortlichen auf, sich um eine grundsätzliche Reform des Medizinstudiums im Sinne des Murrhardter Kreises zu bemühen. Darüber hinaus nimmt der 106. Deutsche Ärztetag mit Sorge zur Kenntnis, dass die Bundesregierung die neue Approbationsordnung bezüglich des 2. Teils der Ärztlichen Prüfung nicht nachgebessert hat, obwohl sie in einem Entschließungsantrag des Bundesrates vom 26.04.2002 dazu aufgefordert wurde. Der Vorstand der Bundesärztekammer wird daher aufgefordert, sich für eine Verlegung des schriftlichen Teils des 2. Teils der Ärztlichen Prüfung vor das Praktische Jahr einzusetzen.

Gibt es dazu eine Gegenrede?

(Zuruf: Vorstandsüberweisung!)

- Herr von Jagow möchte dazu das Wort. Dazu hat er das Recht. Danach stimmen wir über den Antrag auf Vorstandsüberweisung ab.

 

Prof. Dr. von Jagow, Referent:

Herr Hoppe, ich entsinne mich noch sehr genau, dass Sie gesagt haben, als gerade die neue Ausbildungsordnung verabschiedet war: Nach der Reform ist vor der Reform. Der Antrag erscheint mir alles in allem gesehen unausgewogen. Wenn die neue Ausbildungsordnung so umgesetzt wird, wie sie jetzt entwickelt wurde, bedeutet das eine ganz deutliche Verbesserung des Medizinstudiums. Ich will es auf den Punkt bringen: Das deutsche Medizinstudium ist ja in den ersten vier Semestern ganz hervorragend. Viele unserer jungen Kollegen erzählen uns, wenn sie ins Ausland gegangen sind, dass sie im theoretischen Wissen beispielsweise ihren amerikanischen Kollegen weit überlegen sind. Wir sehen aber auch, dass schon in die frühe Ausbildungsphase mehr Praktisches, Patientenbezogenes, Fallbezogenes hineinkommen muss. Die Ausbildung in den weiteren Semestern hat sich stark verändert und ist meiner Meinung nach jetzt wirklich auf einem sehr guten Weg. Ich sehe es als nicht sehr fruchtbringend an, wenn man diesen Prozess, bei dem sich die Hochschulmedizin und die gesundheitspolitischen Gremien ganz stark einbringen, etwas blockieren würde, indem man einen in meinen Augen einseitigen Antrag befürwortet.

Lesen Sie bitte einmal die Ausarbeitung des Murrhardter Kreises zur Reform des Medizinstudiums. Ich glaube, selbst die Reformer von damals würden sich heutzutage in vielen Punkten korrigieren. Auch darüber ist die Zeit hinweggegangen. Ich würde nicht ostentatorisch sagen, dass man an den Gedanken des Murrhardter Kreises vollständig festhalten muss.

Danke.

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank. Jetzt hat Herr Schulze das Wort. Bitte schön.

Prof. Dr. habil. Schulze, Vorstand der Bundesärztekammer:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dafür ist ein solcher Ausschuss ja da. Wir haben uns vor zwei Monaten in diese Fragen vertieft, zusammen mit Herrn von Jagow, mit Vertretern des Gesundheitsministeriums, mit studentischen Vertretern. Wir treiben die Entwicklung voran, entsprechend dem Motto: Nach der Reform ist vor der Reform. Natürlich haben die Fakultäten verschiedene Konzepte entwickelt, das praxisorientierte Studium voranzubringen. Wir wollen ja auch keine Uniformität. Wir wollen eine Modernisierung: weg von der Frontalvorlesung hin zum praktischen Unterricht am Krankenbett. Dafür sind die Weichen gestellt worden. Das war mühsam genug. Es hat viele Jahre gedauert.

Den Vorschlag, dass wir fortlaufend über den Fortgang berichten, finde ich sehr gut. Ich schlage Ihnen vor, den konkreten Antrag von Herrn Schagen dem Vorstand zu überweisen, damit das in den Diskussionsprozess einfließt.

Danke.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank. Dann stimmen wir zunächst über den Überweisungsantrag ab.

(Zuruf: War das die Gegenrede?)

- Ich hatte eben gefragt, ob eine Gegenrede gewünscht wird. Das war nicht der Fall. Dann haben sich die beiden Referenten zu Wort gemeldet; das ist gerechtfertigt. Möchten Sie jetzt die Gegenrede nachholen?

(Zuruf: Ich möchte dafür sprechen!)

- Gut.

(Widerspruch)

- Das ist zulässig. Wenn bis jetzt alle dagegengesprochen haben, kann auch jetzt jemand dafür sprechen.

Schlang, Hessen:

Ich möchte den Vorwurf der Unausgewogenheit entkräften und darauf hinweisen, dass dieser Antrag eigentlich aus drei Teilen besteht. Der erste Teil begrüßt die Verbesserung und den Weg zu mehr Praxis im Studium durchaus. Der zweite Teil ist Bestandteil von zwei Anträgen, die wir auf dem vorjährigen Deutschen Ärztetag in Rostock mit großer Mehrheit verabschiedet haben. Ich fände es schwierig, wenn wir uns heute überhaupt nicht mehr mit dem identifizieren könnten, was wir damals als unsere Meinung niedergelegt haben. Der dritte Teil umfasst ein ganz konkretes Anliegen, das auch Herr Hoffmann vorgetragen hat. Es ist wirklich schwierig, dieses „Hammer­examen“ komplett nach dem Praktischen Jahr abzuleisten. Es geht um eine Aufforderung an den Vorstand der Bundesärztekammer, sich dafür einzusetzen. Ich kann nicht nachvollziehen, warum man diesem Antrag nicht zustimmen kann.

Danke.

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank. Es ist ja so: Wenn wir jetzt keinen neuen Antrag verabschieden zu einem Komplex, zu dem wir uns auf einem früheren Ärztetag eine Meinung gebildet haben, dann gilt die Meinung von damals weiter. Die Meinungsbildung endet ja nicht mit dem Beginn des neuen Ärztetages, sondern sie ist nach wie vor existent.

(Beifall)

Wir werden das auch nach wie vor so empfehlen. Wir stimmen jetzt ab über den Antrag, den Antrag 60 an den Vorstand zu überweisen. Wer möchte der Überweisung zustimmen? - Wer möchte das nicht? - Das Erste war die Mehrheit. Wer enthält sich? - Der Antrag ist an den Vorstand überwiesen.

Es ist die Bitte an mich herangetragen worden, nicht immer den Antragstext zu verlesen, weil Sie die Anträge vorliegen haben. Es steht zwar in der Geschäftsordnung, dass ich dies tun soll, aber wenn das von Ihnen nicht gewünscht wird, lasse ich das gerne sein; dann sparen wir etwas Zeit. Sind Sie damit einverstanden, dass ich das Vorlesen unterlasse?

(Beifall)

- Gut, dann unterlasse ich das. Nur dann, wenn Sie mich bitten, das zu tun, tue ich es.

© 2003, Bundesärztekammer.