Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Dann kommen wir zum Antrag
auf Drucksache V-60 von Herrn Schagen. Er lautet folgendermaßen:
Der 106. Deutsche Ärztetag begrüßt den Diskussionsprozess, der an den
Universitäten in Gang gekommen ist und der zu einer Verbesserung der
medizinischen Ausbildung führen kann. Er weist jedoch erneut darauf hin, dass
die neue Approbationsordnung den Anforderungen an eine grundlegende Reform des
Medizinstudiums nicht gerecht wird, und fordert die politisch Verantwortlichen
auf, sich um eine grundsätzliche Reform des Medizinstudiums im Sinne des
Murrhardter Kreises zu bemühen. Darüber hinaus nimmt der 106. Deutsche Ärztetag
mit Sorge zur Kenntnis, dass die Bundesregierung die neue Approbationsordnung
bezüglich des 2. Teils der Ärztlichen Prüfung nicht nachgebessert hat, obwohl
sie in einem Entschließungsantrag des Bundesrates vom 26.04.2002 dazu aufgefordert
wurde. Der Vorstand der Bundesärztekammer wird daher aufgefordert, sich für
eine Verlegung des schriftlichen Teils des 2. Teils der Ärztlichen Prüfung vor
das Praktische Jahr einzusetzen.
Gibt es dazu eine Gegenrede?
(Zuruf:
Vorstandsüberweisung!)
- Herr von Jagow möchte dazu das Wort. Dazu hat er das
Recht. Danach stimmen wir über den Antrag auf Vorstandsüberweisung ab.
Prof. Dr. von Jagow, Referent:
Herr Hoppe, ich
entsinne mich noch sehr genau, dass Sie gesagt haben, als gerade die neue
Ausbildungsordnung verabschiedet war: Nach der Reform ist vor der Reform. Der
Antrag erscheint mir alles in allem gesehen unausgewogen. Wenn die neue
Ausbildungsordnung so umgesetzt wird, wie sie jetzt entwickelt wurde, bedeutet
das eine ganz deutliche Verbesserung des Medizinstudiums. Ich will es auf den
Punkt bringen: Das deutsche Medizinstudium ist ja in den ersten vier Semestern
ganz hervorragend. Viele unserer jungen Kollegen erzählen uns, wenn sie ins
Ausland gegangen sind, dass sie im theoretischen Wissen beispielsweise ihren
amerikanischen Kollegen weit überlegen sind. Wir sehen aber auch, dass schon in
die frühe Ausbildungsphase mehr Praktisches, Patientenbezogenes, Fallbezogenes
hineinkommen muss. Die Ausbildung in den weiteren Semestern hat sich stark
verändert und ist meiner Meinung nach jetzt wirklich auf einem sehr guten Weg.
Ich sehe es als nicht sehr fruchtbringend an, wenn man diesen Prozess, bei dem
sich die Hochschulmedizin und die gesundheitspolitischen Gremien ganz stark
einbringen, etwas blockieren würde, indem man einen in meinen Augen einseitigen
Antrag befürwortet.
Lesen Sie bitte einmal die Ausarbeitung des Murrhardter
Kreises zur Reform des Medizinstudiums. Ich glaube, selbst die Reformer von
damals würden sich heutzutage in vielen Punkten korrigieren. Auch darüber ist
die Zeit hinweggegangen. Ich würde nicht ostentatorisch sagen, dass man an den
Gedanken des Murrhardter Kreises vollständig festhalten muss.
Danke.
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank. Jetzt hat
Herr Schulze das Wort. Bitte schön.
Prof. Dr. habil. Schulze, Vorstand der
Bundesärztekammer:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dafür ist ein
solcher Ausschuss ja da. Wir haben uns vor zwei Monaten in diese Fragen
vertieft, zusammen mit Herrn von Jagow, mit Vertretern des
Gesundheitsministeriums, mit studentischen Vertretern. Wir treiben die
Entwicklung voran, entsprechend dem Motto: Nach der Reform ist vor der Reform.
Natürlich haben die Fakultäten verschiedene Konzepte entwickelt, das
praxisorientierte Studium voranzubringen. Wir wollen ja auch keine Uniformität.
Wir wollen eine Modernisierung: weg von der Frontalvorlesung hin zum
praktischen Unterricht am Krankenbett. Dafür sind die Weichen gestellt worden.
Das war mühsam genug. Es hat viele Jahre gedauert.
Den Vorschlag, dass wir fortlaufend über den Fortgang
berichten, finde ich sehr gut. Ich schlage Ihnen vor, den konkreten Antrag von
Herrn Schagen dem Vorstand zu überweisen, damit das in den Diskussionsprozess
einfließt.
Danke.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank. Dann stimmen
wir zunächst über den Überweisungsantrag ab.
(Zuruf: War das die
Gegenrede?)
- Ich hatte eben gefragt, ob eine Gegenrede gewünscht
wird. Das war nicht der Fall. Dann haben sich die beiden Referenten zu Wort
gemeldet; das ist gerechtfertigt. Möchten Sie jetzt die Gegenrede nachholen?
(Zuruf: Ich möchte
dafür sprechen!)
- Gut.
(Widerspruch)
- Das ist zulässig. Wenn bis jetzt alle dagegengesprochen
haben, kann auch jetzt jemand dafür sprechen.
Schlang, Hessen:
Ich möchte den Vorwurf der
Unausgewogenheit entkräften und darauf hinweisen, dass dieser Antrag eigentlich
aus drei Teilen besteht. Der erste Teil begrüßt die Verbesserung und den Weg zu
mehr Praxis im Studium durchaus. Der zweite Teil ist Bestandteil von zwei
Anträgen, die wir auf dem vorjährigen Deutschen Ärztetag in Rostock mit großer
Mehrheit verabschiedet haben. Ich fände es schwierig, wenn wir uns heute
überhaupt nicht mehr mit dem identifizieren könnten, was wir damals als unsere
Meinung niedergelegt haben. Der dritte Teil umfasst ein ganz konkretes
Anliegen, das auch Herr Hoffmann vorgetragen hat. Es ist wirklich schwierig,
dieses „Hammerexamen“ komplett nach dem Praktischen Jahr abzuleisten. Es geht
um eine Aufforderung an den Vorstand der Bundesärztekammer, sich dafür
einzusetzen. Ich kann nicht nachvollziehen, warum man diesem Antrag nicht
zustimmen kann.
Danke.
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank. Es ist ja so:
Wenn wir jetzt keinen neuen Antrag verabschieden zu einem Komplex, zu dem wir
uns auf einem früheren Ärztetag eine Meinung gebildet haben, dann gilt die
Meinung von damals weiter. Die Meinungsbildung endet ja nicht mit dem Beginn
des neuen Ärztetages, sondern sie ist nach wie vor existent.
(Beifall)
Wir werden das auch nach wie vor so empfehlen. Wir stimmen
jetzt ab über den Antrag, den Antrag 60 an den Vorstand zu überweisen. Wer
möchte der Überweisung zustimmen? - Wer möchte das nicht? - Das Erste war die
Mehrheit. Wer enthält sich? - Der Antrag ist an den Vorstand überwiesen.
Es ist die Bitte an mich herangetragen worden, nicht immer
den Antragstext zu verlesen, weil Sie die Anträge vorliegen haben. Es steht
zwar in der Geschäftsordnung, dass ich dies tun soll, aber wenn das von Ihnen
nicht gewünscht wird, lasse ich das gerne sein; dann sparen wir etwas Zeit.
Sind Sie damit einverstanden, dass ich das Vorlesen unterlasse?
(Beifall)
- Gut, dann unterlasse ich das. Nur dann, wenn Sie mich
bitten, das zu tun, tue ich es.
|