TOP V : Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

4. Tag: Freitag, 23. Mai 2003 Nachmittagssitzung

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache V-5 zum Thema Hepatitis. Das ist ein langer Antrag, wissenschaftlich durchdrungen. Gibt es eine Gegenrede? - Bitte, Herr Emminger.

Dr. Emminger, Bayern:

Sehr geehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin mir nicht ganz sicher, ob dieser Antrag in aller Konsequenz und Deutlichkeit durchdacht ist.

(Beifall)

Ich finde es ein bisschen bedenklich, dass ein solcher Antrag offensichtlich, wie Sie in der letzten Zeile auf der ersten Seite nachlesen können, nur durch eine emotional geführte Diskussion in den Medien verursacht ist. Was erreichen wir damit? Akute Hepatitis-B- und Hepatitis-C-Erkrankungen sind nach dem Infektionsschutzgesetz sowieso meldepflichtig. Erinnern Sie sich bitte an die Debatten bezüglich HIV. Wir haben in Bayern diesbezüglich eine gute Erfahrung. Es ist nämlich auch einmal vorgeschlagen worden, dass alle HIV-Erkrankten namentlich genannt werden sollen. Wozu hätte das geführt? - Kein vernünftiger Mensch hätte sich mehr testen lassen.

Viel vernünftiger ist das, was im zweiten Abschnitt des Antrags formuliert ist: Dieses Problem muss vor Ort, in den Krankenhäusern, in den Kliniken, aber auch in den niedergelassenen Praxen geregelt werden. Es geht um die Frage, ob man einen im Gesundheitswesen Beschäftigten mit einer Hepatitis B oder Hepatitis C dort weiter arbeiten lässt. Nicht jeder Arzt, nicht jeder, der im Gesundheitsbereich tätig ist und B- oder C-positiv ist, muss aus dieser Tätigkeit entfernt werden. Das muss aufgrund der aktuellen Situation vor Ort geregelt werden.

Viele Kollegen, die davon betroffen sein könnten, könnten dies als Diskriminierung ansehen. Daher bitte ich Sie, Herr Präsident, auch wenn dies etwas merkwürdig klingt, diesen Antrag an den Vorstand zu überweisen, um es im Ausschuss „Krankenhaus“ nochmals zu beraten. Man kann auf die Modelle, die es in den Kliniken heute schon gibt, zurückgreifen. Es muss ein auf das Individuum bezogenes Problem bleiben, das vor Ort gelöst wird. Es stellt sich auch die Frage: Wie ist die chronische Erkrankung in diesem Zusammenhang definiert? Das alles muss vor Ort gelöst werden, nicht im Infektionsschutzgesetz.

Danke.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Danke schön. Für den Vorstand vertritt Herr Henke den Antrag. Bitte schön.

Henke, Vorstand der Bundesärztekammer:

Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich den Hinweis darauf geben, dass auf Seite 2 des Antrags im letzten Satz des ersten Absatzes ein „nicht“ eingefügt werden muss, sodass dieser Satz lautet:

Erst wenn das Bekanntwerden einer chronischen Infektion nicht zu einem unkalkulierbaren Risiko für die materielle Situation der Betroffenen wird, können den Betroffenen die Konsequenzen einer Meldepflicht zugemutet werden.

Dieses „nicht“ muss eingefügt werden und liegt der Beschlussfassung zugrunde.

Herr Emminger, man hat im Ausschuss „Krankenhaus“ noch unter dem Vorsitz von Herrn Montgomery darüber diskutiert. In der Ständigen Konferenz „Krankenhaus“ hat man darüber befunden. Entsprechend haben wir diese Auffassung in den Vorstand hineingetragen. Das entspricht auch der Auffassung der Gremien, die sich mit der Arbeitsmedizin beschäftigen, aus dem Jahr 2001. Es entspricht auch der Auffassung der Gremien, die sich mit den Ärzten im öffentlichen Dienst beschäftigen, aus diesem Jahr. Dasselbe gilt für die Krankenhausgremien aus dem Jahre 2002. Natürlich kann man sich dort noch einmal mit der Problematik befassen. Wir sind uns völlig einig, dass die Frage, welche Konsequenzen die Meldung hat, natürlich nur vor Ort in Kenntnis der Arbeitssituation und des Arbeitsauftrags, den die entsprechende Person hat, entschieden werden kann.

Wir sind völlig einig, dass es zweckmäßig ist, wenn man dafür ein Gremium nutzt, dessen Mitglieder fachkompetent sind. Ich bin absolut dafür, dass man ein solches Gremium so zusammensetzt, dass der Betriebsarzt dabei ist, dass der Virologe dabei ist und/oder ein Krankenhaushygieniker. Ich bin dagegen, dass in einem solchen Gremium der Arbeitgeber vertreten ist, weil es um sensible Daten des Betreffenden geht.

Wenn man in einem solchen Gremium zu einem Ergebnis kommt, muss das Ergebnis im Einzelfall mit einem Beschäftigungsverbot verbunden werden. Das ist das Problem. Dieses Beschäftigungsverbot kann nach den rechtlichen Bedingungen, unter denen wir arbeiten müssen, letztendlich nur die zuständige Behörde aussprechen, der Gesundheitsamtsarzt. Er nimmt hinsichtlich des Beschäftigungsverbots eine zentrale Position ein. Weil diese Möglichkeit die Forderung nach dem Patientenschutz erfüllt, glaube ich, dass wir uns aus den Debatten aus der entsprechenden Arbeitsgruppe im Bundesgesundheitsministerium ausklinken würden, wenn wir erklären würden, uns sei das Thema des Beschäftigungsschutzes gleichgültig.

Das ist die Abwägung, die wir vorgenommen haben. Ich bitte Sie, dem Vorstandsantrag zu folgen.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Vielen Dank. Wir kommen nun zur Abstimmung, wobei Herr Emminger gebeten hat, den Antrag an den Vorstand zu überweisen, was keine Vernichtung des Antrags bedeutet, sondern eine weitere Beschäftigung mit der Thematik. Ich frage also zunächst: Wer möchte den Antrag an den Vorstand zurücküberweisen? - Wer ist dagegen? - Das Erste war die Mehrheit. Wer enthält sich? - Der Antrag ist an den Vorstand überwiesen. Der Vorstand beschäftigt sich noch einmal damit und muss, wenn ein akuter Fall auftritt, im Zweifel aus dem Stand heraus entscheiden. Aber das machen wir ja auch sonst.

Wir kommen jetzt zum Thema DRG-Einführung, Fallpauschalengesetz. Dazu liegen die Anträge 6, 68, 17, 17 a und 33 vor.

© 2003, Bundesärztekammer.