Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Wir kommen damit zum Antrag
40. Dazu liegt von Herrn Thierse der Antrag 40 a vor. Es geht darum,
Sitzungsunterlagen elektronisch verfügbar zu machen. Dazu hat Herr Fuchs ums
Wort gebeten. Bitte schön.
Prof. Dr. Fuchs, Hauptgeschäftsführer der
Bundesärztekammer:
Meine Damen und Herren! Wir sollten den Antrag 49 gleich
mit in die Diskussion einbeziehen, weil er mit dem Antrag 40 a nahezu identisch
ist. Es soll zum einen eine elektronische Abstimmung eingeführt werden. Dazu
ist zu sagen, dass die Erfahrungen mit dem Einsatz dieses elektronischen
Abstimmungsverfahrens bei der Vertreterversammlung der KBV recht negativ waren.
Es hat sich erwiesen, dass das System doch manipulierbar war. Die Chipkarten
pro Abstimmungsgerät, die jeder Teilnehmer erhält, können jeweils unter den
Teilnehmern ausgetauscht werden. Damit kann es bei knappen Ergebnissen zu
kritischen Ergebnissen kommen, die jederzeit infrage gestellt werden können.
Deshalb ist man von diesem Abstimmungsverfahren wieder abgekommen.
Ich habe als Mitglied des Wirtschafts- und
Sozialausschusses der Europäischen Gemeinschaften das elektronische
Abstimmungsverfahren kennen gelernt. Bis es sich ein wenig eingespielt hatte,
war es mit erheblichen technischen Schwierigkeiten verbunden. Der entscheidende
Unterschied aber ist, dass der Wirtschafts- und Sozialausschuss in Brüssel
einen festen Tagungsort hat, wo das System fest installiert ist. Wenn wir in
Zukunft weiterhin an unterschiedlichen Orten den Ärztetag abhalten und das
Abstimmungssystem jeweils neu installiert werden muss, laufen wir Gefahr,
jeweils vor neuen technischen Problemen zu stehen.
Ich finde, dass das Verfahren, wie wir es handhaben, dass
die Zähler durch die Reihen gehen, zwar vielleicht ein bisschen nostalgisch
ist, aber ich finde es ganz nett und vor allen Dingen haben wir dabei, glaube
ich, kaum Fehler gemacht. Es lockert ja manchmal auch ein bisschen auf.
(Beifall)
Ich komme damit zu der Bitte, die Sitzungsunterlagen
elektronisch verfügbar zu machen. Das setzt voraus, dass am Bildschirm
gescrollt werden kann. Dies wiederum setzt den Einsatz eines Laptops voraus.
Das wäre nicht nur für die 250 Delegierten erforderlich, sondern fairerweise
auch für unsere Gäste, für unsere Mitarbeiter, für die Verbände, für die
Presse. Dann muss man überlegen, ob die Laptops von uns zur Verfügung gestellt
werden. Wenn wir sie für den Ärztetag ausleihen, muss man mit etwa 100 Euro pro
Tag rechnen. Es ist auch die Frage, ob es Firmen gibt, die insgesamt 500 bis
600 Laptops zur Verfügung stellen können. Machbar ist alles, aber man muss auch
über die Folgen nachdenken.
Wenn wir das tun, muss jeder Arbeitsplatz vernetzt sein.
Jeder Arbeitsplatz muss über einen Stromanschluss verfügen. Ich bin kein
Bedenkenträger, aber ich muss auf die Notwendigkeit hinweisen, sozusagen einen
doppelten Boden vorzusehen, denn die Versammlungsstättenverordnung schreibt ein
stolperfreies Verlegen der Kabel vor. Wir müssen also für 250 Delegierte und
die anderen Berechtigten - insgesamt etwa 500 Personen - Telefon und Laptop
bereitstellen und alles mit 2 Ampere absichern. Man muss mit etwa 40 Euro pro
Quadratmeter rechnen. Es geht um etwa 40 000 bis 50 000 Euro, die wir jeweils
investieren müssten, um eine solche Verkabelung zu gewährleisten. Wir müssen
das ja, wie gesagt, an wechselnden Tagungsorten installieren.
Ich bitte Sie, in Ihre Entscheidung auch die Folgekosten
einzubeziehen.
Vielen Dank.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Vielen Dank, Herr Fuchs.
Ich stelle mir gerade vor, dass der Deutsche Ärztetag mit doppeltem Boden
reist! Bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein gibt es die Abstimmung
mit solchen Geräten. Da gibt es Manipulationsmöglichkeiten. Auffallend ist,
dass bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit die Zahl derjenigen, die nach
vorn kommen, relativ niedrig ist. Wenn man durchzählt, stellt man fest, dass
viel mehr Abstimmungsberechtigte im Raum sind. Manche melden sich absichtlich
einfach nicht an. Dadurch besteht immer Unklarheit darüber, ob die Versammlung
beschlussfähig ist oder nicht. Da gibt es die ersten Turbulenzen.
Zum anderen ist es kein Problem, das Gerät einfach dem
Nachbarn zu geben und zu sagen: Ich bin jetzt zwei Stunden fort, ich gehe in
der Stadt etwas einkaufen, stimme du für mich mit ab. Obwohl man abwesend war,
hat man immer mit abgestimmt. Jedenfalls gilt das für den technischen Vorgang.
Der Apparat registriert ja sowohl, welche Person den Apparat bedient hat, als
auch den Abstimmungsvorgang durch diese Person.
De facto sind alle Abstimmungen geheim. Es muss sich
niemand mehr outen, weil man ja nur noch auf einen Knopf drückt. Es gibt einen
weißen, einen roten und einen grünen Knopf. Man kann so abstimmen, dass die
anderen nicht sehen, welchen Knopf man drückt. Es gibt dann keine offenen
Abstimmungen mehr. Das ist eine andere Atmosphäre, als wenn andere miterleben,
wie man sich verhält. Man kann das eine oder auch das andere gut finden. Das
ist eine neue Kultur, die auch ihre Tücken hat. Das wollte ich nur aus den
Erfahrungen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein berichten. Dort ist
es aber nicht abgeschafft worden, sondern auch die letzte Sitzung hat mit
diesem Verfahren stattgefunden.
Es liegen zwei Anträge vor. Es dürfen sich zwei
Befürworter melden. Der erste Redner ist Herr Mayer aus Bayern. Bitte schön.
Dr. Mayer, Bayern:
Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Damit Sie auch eine Stimme des Bedenkens aus dem Plenum hören: Ich war
dabei, als in der Vertreterversammlung der KBV vor Jahren die elektronische
Abstimmung ausprobiert wurde. Dieser Sitzungstag ist in meinem Gedächtnis
verankert als ein Tag einziger Katastrophen. Bestätigt wurde das Misslingen
dadurch, dass die KBV seit dieser Zeit nicht noch einmal versucht hat, die
elektronische Abstimmung einzuführen. Es mag ja sein, dass es eines Tages
Systeme gibt, bei denen das gut funktioniert. Dann kann man es ja noch einmal
probieren. Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt scheint das noch nicht gegeben zu
sein.
Auch der finanzielle Aspekt ist zu berücksichtigen. Das
Ganze kostet einen Haufen Geld. Aber eine Vision möchte ich Ihnen vortragen:
Jeder von uns hat zu Hause eine EDV-Ausrüstung, einen Laptop, einen
Internetanschluss. Dann brauchen wir gar keinen Deutschen Ärztetag mehr!
Vielen Dank.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Das wäre doch furchtbar!
(Heiterkeit)
Jetzt hat sich Herr Thierse gemeldet. Bitte schön.
Dr. Thierse, Berlin:
Vielleicht war es ein Fehler,
den Antrag 40 a als einen Änderungsantrag zu stellen. Vielleicht wäre es besser
gewesen, ich hätte einen eigenständigen Antrag gestellt. Ich habe vorhin schon
signalisiert, dass ich für die Vorstandsüberweisung bin. Mir geht es darum,
dass wir beginnen, über solche Dinge nachzudenken. Heute Nachmittag haben wir
im Zusammenhang mit dem Tätigkeitsbericht ständig in einem Wust von Papieren
gesucht. Zum Teil waren die Anträge nicht richtig verteilt. Das könnte uns dann
nicht mehr passieren.
Auch mir sind die Kosten klar. Ich habe keinen Laptop zu
Hause, aber die meisten von Ihnen haben einen Laptop zu Hause. Ich sehe hier
verschiedene Kolleginnen und Kollegen mit dem Laptop arbeiten. Wenn man über
ein LAN-System eine Verbindung untereinander schafft, kann man so vorgehen,
dass man zunächst auch noch mit der Papierform arbeitet, parallel dazu aber die
Möglichkeit aufbaut, mit einem Funknetz diejenigen, die es haben möchten,
elektronisch anzukoppeln, sodass sie sich beispielsweise einen Antrag auf den
Bildschirm holen können. Das wäre zum einen eine Arbeitserleichterung und zum
anderen der Weg in eine modernere Zukunft.
Danke schön.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank. Jetzt hat
sich noch Herr Kollege Seidler gemeldet. Bitte schön.
Dr. Seidler, Saarland:
Herr Präsident! Verehrte
Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den Antrag V-49 gestellt. Obwohl wir die
Bedenken gehört haben, möchte ich die Delegierten des Ärztetages doch in die
Richtung lenken, dass wir uns früher oder später mit einem solchen
elektronischen System auseinander setzen müssen. Es geht hier nicht nur um die
Klarheit und um die Transparenz der Abstimmungsergebnisse. Gerade bei der hohen
Dichte an Entscheidungen, die wir hier innerhalb kürzester Zeit fällen, haben
wir als Delegierte, denke ich, den Anspruch und das Recht, jederzeit Klarheit
und schnelle Ergebnisse zu haben.
Ich gestehe zu, dass es in der Vergangenheit durchaus
Probleme bei den elektronischen Abstimmungssystemen gegeben hat. Ich kenne
aber auch andere Bereiche, in denen es hervorragend funktioniert.
Ich bitte darum, dies nicht als Totschlagargument zu
benutzen, sondern plädiere dafür, diesen Antrag an den Vorstand zu überweisen,
verbunden mit der Bitte, hier genaue Informationen einzuholen und auch bei der
Auswahl der zukünftigen Tagungsorte diese Aspekte mit in die Überlegungen
einzubeziehen. Es gibt mittlerweile nämlich auch Veranstaltungsräume, in denen
solche Abstimmungsanlagen installiert sind. Das ist auch nicht unerschwinglich.
(Beifall)
Ich möchte mich klar für die Vorstandsüberweisung dieses
Antrags aussprechen.
Danke schön.
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank. Es ist
natürlich vernünftig, das an den Vorstand zu überweisen. Wir beschäftigen uns
auch damit. Bisher kenne ich nur Abstimmungsanlagen, die gut funktionieren,
wenn man immer denselben Saal benutzt und immer dieselben Leute auf den Plätzen
sitzen. Wir beschäftigen uns damit, wenn Sie es dem Vorstand überweisen. Dann
können sich alle Vorstandsmitglieder, die Kenntnisse auf diesem Gebiet haben,
besonders damit beschäftigen.
Herr Thierse hat Vorstandsüberweisung beantragt. Darüber
stimmen wir jetzt ab. Das gilt für die Anträge auf die Drucksachen V-40,
V-40 a und V-49. Wer ist damit einverstanden,
diese Anträge an den
Vorstand zu überweisen? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Diese Anträge
sind an den Vorstand überwiesen.
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