TOP V : Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

4. Tag: Freitag, 23. Mai 2003 Nachmittagssitzung

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Wir kommen damit zum Antrag 40. Dazu liegt von Herrn Thierse der Antrag 40 a vor. Es geht darum, Sitzungsunterlagen elektronisch verfügbar zu machen. Dazu hat Herr Fuchs ums Wort gebeten. Bitte schön.

Prof. Dr. Fuchs, Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer:

Meine Damen und Herren! Wir sollten den Antrag 49 gleich mit in die Diskussion einbeziehen, weil er mit dem Antrag 40 a nahezu identisch ist. Es soll zum einen eine elek­tronische Abstimmung eingeführt werden. Dazu ist zu sagen, dass die Erfahrungen mit dem Einsatz dieses elektronischen Abstimmungsverfahrens bei der Vertreterversammlung der KBV recht negativ waren. Es hat sich erwiesen, dass das System doch manipulierbar war. Die Chipkarten pro Abstimmungsgerät, die jeder Teilnehmer erhält, können jeweils unter den Teilnehmern ausgetauscht werden. Damit kann es bei knappen Ergebnissen zu kritischen Ergebnissen kommen, die jederzeit infrage gestellt werden können. Deshalb ist man von diesem Abstimmungsverfahren wieder abgekommen.

Ich habe als Mitglied des Wirtschafts- und Sozialausschusses der Europäischen Gemeinschaften das elektronische Abstimmungsverfahren kennen gelernt. Bis es sich ein wenig eingespielt hatte, war es mit erheblichen technischen Schwierigkeiten verbunden. Der entscheidende Unterschied aber ist, dass der Wirtschafts- und Sozialausschuss in Brüssel einen festen Tagungsort hat, wo das System fest installiert ist. Wenn wir in Zukunft weiterhin an unterschiedlichen Orten den Ärztetag abhalten und das Abstimmungssystem jeweils neu installiert werden muss, laufen wir Gefahr, jeweils vor neuen technischen Problemen zu stehen.

Ich finde, dass das Verfahren, wie wir es handhaben, dass die Zähler durch die Reihen gehen, zwar vielleicht ein bisschen nostalgisch ist, aber ich finde es ganz nett und vor allen Dingen haben wir dabei, glaube ich, kaum Fehler gemacht. Es lockert ja manchmal auch ein bisschen auf.

(Beifall)

Ich komme damit zu der Bitte, die Sitzungsunterlagen elektronisch verfügbar zu machen. Das setzt voraus, dass am Bildschirm gescrollt werden kann. Dies wiederum setzt den Einsatz eines Laptops voraus. Das wäre nicht nur für die 250 Delegierten erforderlich, sondern fairerweise auch für unsere Gäste, für unsere Mitarbeiter, für die Verbände, für die Presse. Dann muss man überlegen, ob die Laptops von uns zur Verfügung gestellt werden. Wenn wir sie für den Ärztetag ausleihen, muss man mit etwa 100 Euro pro Tag rechnen. Es ist auch die Frage, ob es Firmen gibt, die insgesamt 500 bis 600 Laptops zur Verfügung stellen können. Machbar ist alles, aber man muss auch über die Folgen nachdenken.

Wenn wir das tun, muss jeder Arbeitsplatz vernetzt sein. Jeder Arbeitsplatz muss über einen Stromanschluss verfügen. Ich bin kein Bedenkenträger, aber ich muss auf die Notwendigkeit hinweisen, sozusagen einen doppelten Boden vorzusehen, denn die Versammlungsstättenverordnung schreibt ein stolperfreies Verlegen der Kabel vor. Wir müssen also für 250 Delegierte und die anderen Berechtigten - insgesamt etwa 500 Personen - Telefon und Laptop bereitstellen und alles mit 2 Ampere absichern. Man muss mit etwa 40 Euro pro Quadratmeter rechnen. Es geht um etwa 40 000 bis 50 000 Euro, die wir jeweils investieren müssten, um eine solche Verkabelung zu gewährleisten. Wir müssen das ja, wie gesagt, an wechselnden Tagungsorten installieren.

Ich bitte Sie, in Ihre Entscheidung auch die Folgekosten einzubeziehen.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Vielen Dank, Herr Fuchs. Ich stelle mir gerade vor, dass der Deutsche Ärztetag mit doppeltem Boden reist! Bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein gibt es die Abstimmung mit solchen Geräten. Da gibt es Manipulationsmöglichkeiten. Auffallend ist, dass bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit die Zahl derjenigen, die nach vorn kommen, relativ niedrig ist. Wenn man durchzählt, stellt man fest, dass viel mehr Abstimmungsberechtigte im Raum sind. Manche melden sich absichtlich einfach nicht an. Dadurch besteht immer Unklarheit darüber, ob die Versammlung beschlussfähig ist oder nicht. Da gibt es die ersten Turbulenzen.

Zum anderen ist es kein Problem, das Gerät einfach dem Nachbarn zu geben und zu sagen: Ich bin jetzt zwei Stunden fort, ich gehe in der Stadt etwas einkaufen, stimme du für mich mit ab. Obwohl man abwesend war, hat man immer mit abgestimmt. Jedenfalls gilt das für den technischen Vorgang. Der Apparat registriert ja sowohl, welche Person den Apparat bedient hat, als auch den Abstimmungsvorgang durch diese Person.

De facto sind alle Abstimmungen geheim. Es muss sich niemand mehr outen, weil man ja nur noch auf einen Knopf drückt. Es gibt einen weißen, einen roten und einen grünen Knopf. Man kann so abstimmen, dass die anderen nicht sehen, welchen Knopf man drückt. Es gibt dann keine offenen Abstimmungen mehr. Das ist eine andere Atmosphäre, als wenn andere miterleben, wie man sich verhält. Man kann das eine oder auch das andere gut finden. Das ist eine neue Kultur, die auch ihre Tücken hat. Das wollte ich nur aus den Erfahrungen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein berichten. Dort ist es aber nicht abgeschafft worden, sondern auch die letzte Sitzung hat mit diesem Verfahren stattgefunden.

Es liegen zwei Anträge vor. Es dürfen sich zwei Befürworter melden. Der erste Redner ist Herr Mayer aus Bayern. Bitte schön.

Dr. Mayer, Bayern:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Damit Sie auch eine Stimme des Bedenkens aus dem Plenum hören: Ich war dabei, als in der Vertreterversammlung der KBV vor Jahren die elektronische Abstimmung ausprobiert wurde. Dieser Sitzungstag ist in meinem Gedächtnis verankert als ein Tag einziger Katastrophen. Bestätigt wurde das Misslingen dadurch, dass die KBV seit dieser Zeit nicht noch einmal versucht hat, die elektronische Abstimmung einzuführen. Es mag ja sein, dass es eines Tages Systeme gibt, bei denen das gut funktioniert. Dann kann man es ja noch einmal probieren. Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt scheint das noch nicht gegeben zu sein.

Auch der finanzielle Aspekt ist zu berücksichtigen. Das Ganze kostet einen Haufen Geld. Aber eine Vision möchte ich Ihnen vortragen: Jeder von uns hat zu Hause eine EDV-Ausrüstung, einen Laptop, einen Internetanschluss. Dann brauchen wir gar keinen Deutschen Ärztetag mehr!

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Das wäre doch furchtbar!

(Heiterkeit)

Jetzt hat sich Herr Thierse gemeldet. Bitte schön.

Dr. Thierse, Berlin:

Vielleicht war es ein Fehler, den Antrag 40 a als einen Änderungsantrag zu stellen. Vielleicht wäre es besser gewesen, ich hätte einen eigenständigen Antrag gestellt. Ich habe vorhin schon signalisiert, dass ich für die Vorstandsüberweisung bin. Mir geht es darum, dass wir beginnen, über solche Dinge nachzudenken. Heute Nachmittag haben wir im Zusammenhang mit dem Tätigkeitsbericht ständig in einem Wust von Papieren gesucht. Zum Teil waren die Anträge nicht richtig verteilt. Das könnte uns dann nicht mehr passieren.

Auch mir sind die Kosten klar. Ich habe keinen Laptop zu Hause, aber die meisten von Ihnen haben einen Laptop zu Hause. Ich sehe hier verschiedene Kolleginnen und Kollegen mit dem Laptop arbeiten. Wenn man über ein LAN-System eine Verbindung untereinander schafft, kann man so vorgehen, dass man zunächst auch noch mit der Papierform arbeitet, parallel dazu aber die Möglichkeit aufbaut, mit einem Funknetz diejenigen, die es haben möchten, elektronisch anzukoppeln, sodass sie sich beispielsweise einen Antrag auf den Bildschirm holen können. Das wäre zum einen eine Arbeitserleichterung und zum anderen der Weg in eine modernere Zukunft.

Danke schön.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank. Jetzt hat sich noch Herr Kollege Seidler gemeldet. Bitte schön.

Dr. Seidler, Saarland:

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den Antrag V-49 gestellt. Obwohl wir die Bedenken gehört haben, möchte ich die Delegierten des Ärztetages doch in die Richtung lenken, dass wir uns früher oder später mit einem solchen elektronischen System auseinander setzen müssen. Es geht hier nicht nur um die Klarheit und um die Transparenz der Abstimmungsergebnisse. Gerade bei der hohen Dichte an Entscheidungen, die wir hier innerhalb kürzester Zeit fällen, haben wir als Delegierte, denke ich, den Anspruch und das Recht, jederzeit Klarheit und schnelle Ergebnisse zu haben.

Ich gestehe zu, dass es in der Vergangenheit durchaus Probleme bei den elek­tronischen Abstimmungssystemen gegeben hat. Ich kenne aber auch andere Bereiche, in denen es hervorragend funktioniert.

Ich bitte darum, dies nicht als Totschlagargument zu benutzen, sondern plädiere dafür, diesen Antrag an den Vorstand zu überweisen, verbunden mit der Bitte, hier genaue Informationen einzuholen und auch bei der Auswahl der zukünftigen Tagungsorte diese Aspekte mit in die Überlegungen einzubeziehen. Es gibt mittlerweile nämlich auch Veranstaltungsräume, in denen solche Abstimmungsanlagen installiert sind. Das ist auch nicht unerschwinglich.

(Beifall)

Ich möchte mich klar für die Vorstandsüberweisung dieses Antrags aussprechen.

Danke schön.

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank. Es ist natürlich vernünftig, das an den Vorstand zu überweisen. Wir beschäftigen uns auch damit. Bisher kenne ich nur Abstimmungsanlagen, die gut funktionieren, wenn man immer denselben Saal benutzt und immer dieselben Leute auf den Plätzen sitzen. Wir beschäftigen uns damit, wenn Sie es dem Vorstand überweisen. Dann können sich alle Vorstandsmitglieder, die Kenntnisse auf diesem Gebiet haben, besonders damit beschäftigen.

Herr Thierse hat Vorstandsüberweisung beantragt. Darüber stimmen wir jetzt ab. Das gilt für die Anträge auf die Drucksachen V-40, V-40 a und V-49. Wer ist damit einverstanden, diese Anträge an den Vorstand zu überweisen? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Diese Anträge sind an den Vorstand überwiesen.

© 2003, Bundesärztekammer.